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Lagebericht und Bilanz zum 17. Juni (3)

21. Juni 1953
Information Nr. 3 [Meldung Nr. 18/53]

I. Politische Lage

1. Demokratischer Sektor von Berlin

Ergänzend zur Einschätzung vom 19.6.1953 ist Folgendes zu sagen: Die Stimmung in den Betrieben und in den Kreisen der sonstigen Bevölkerung ist weiterhin zurückhaltend und abwartend, da die Maßnahmen der Regierung noch nicht wirksam wurden und z. T. nicht verstanden werden. Es gibt einige Informationen, wonach am Montag alle Verkehrsmittel lahmgelegt werden sollen, der Streik soll unter der Losung geführt werden: »40%ige Preissenkung bei der HO, Freilassung der jetzt Inhaftierten«.

Es soll zum Sitzstreik aufgefordert werden. Anderen Informationen zur Folge soll am Montag der Generalstreik ausgerufen werden. Es sei beabsichtigt, bewaffnete Gruppen einzuschleusen. Der Gegner arbeitet mit Desinformationen, beabsichtigt am 21.6.1953 Demonstrationen und Kundgebungen an den Sektorengrenzen durchzuführen, Flugblätter und Aufrufe zum Weiterstreiken sind aufgefunden worden. Diese Aktionen werden vom Ostbüro der Sozialdemokraten1 gelenkt.

Bei der Bau-Union wird noch zum großen Teil nicht gearbeitet.

2. Im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik

ist die Lage ähnlich. Auch hier liegen Informationen vor von Streikabsichten im Verkehrswesen. In den Bau-Unionen wird immer nur noch von der Hälfte der Belegschaft gearbeitet. In Wernigerode arbeiten in dem Elektromotorenwerk Wernigerode nur 5 % der Arbeiter.2

II. Zahl der Verluste auf beiden Seiten

Ohne Veränderung.

III. Zahl der Verhafteten von Anfang des Streiks

In Berlin: Verhaftung durch MfS, einschließlich Berliner Verwaltung und VP, insgesamt: 2 014 Personen, davon aus dem demokratischen Sektor von Berlin: 1 672 Personen, aus Westberlin: 342 Personen.

IV. Was wurde bei den Vernehmungen festgestellt

Die in den Vernehmungen festgestellten Tatsachen erhärten sich. Die im Bericht vom 19.6.1953 unter 3a und 3c genannten Motive bleiben unverändert.3

V. Einwanderer des Demokratischen Sektors von Berlin oder DDR am 20.6.1953

In der Zeit von 4.00 Uhr bis 20.30 Uhr aus dem Westsektor in den Demokratischen Sektor sind zurückgekehrt:

1. Übergangspunkt Prinzenstraße mit ordentlichen Dokumenten:

Insgesamt: 1 899 Personen,

davon Frauen: 1 094 Personen,

Männer: 754 Personen.

Wegen ohne oder unzureichenden Dokumenten festgenommen: 51 Personen.

2. Übergangspunkt Brunnenstraße:

Insgesamt: 1 268 Personen,

davon Frauen: 829 Personen,

Männer: 436 Personen.

Wegen ohne oder unzureichenden Dokumenten festgenommen: 3 Personen.

3. Übergangspunkt Invalidenstraße:

Insgesamt: 791 Personen,

davon Frauen: 450 Personen,

Männer: 332 Personen.

Wegen ohne oder unzureichenden Dokumenten festgenommen: 9 Personen.

Insgesamt mit anderen Dokumenten: 3 958 Personen.

Unter den 51 festgehaltenen Personen am Übergangspunkt Prinzenstraße befanden sich neun Rückkehrer.

VI. Festgenommene in der Zeit vom 19.6.1953, 13.00 Uhr, bis 20.6.1953, 13.00 Uhr

Bezirksverwaltung

Streikleitungsmitglieder mit politischen oder ökonomischen Forderungen

Provokateure usw.

Karl-Marx-Stadt

10

2

Neubrandenburg

11

11

Potsdam

9

12

Erfurt

16

Rostock

6

Schwerin

5

18

Gera

3

6

»W«,4 Karl-Marx-Stadt

21

Dresden

32

40

Cottbus

10

14

Halle

80

63

Suhl

5

Magdeburg

83

5

Frankfurt

10

14

Leipzig

10

98

Insgesamt

263

331

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    [Ohne Datum]
    Situationsbericht über die Lage in Groß-Berlin bis 22.6.1953, 4.00 Uhr [Meldung Nr. 19/53]

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    20. Juni 1953
    Bericht über die Lage in der Landwirtschaft [Meldung Nr. 17/53]