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Analyse vom 1. bis 15. Januar 1954

23. Januar 1954
Analyse vom 1. bis 15. Januar 1954 [Nr. 1/54]

Stimmung zur Außenminister-Konferenz1

Die Diskussionen haben in allen Bevölkerungsschichten an Umfang zugenommen. Die Viererkonferenz steht im Mittelpunkt des Interesses. Die meisten Menschen in den Betrieben, wie in der Landwirtschaft und in den übrigen Bevölkerungskreisen hoffen auf einen günstigen Verlauf der Verhandlungen und ersehnen die Einheit Deutschlands und einen gesicherten Frieden. Viele Menschen erkennen auch die Friedensbemühungen der SU und die Versuche der Westmächte, die Schaffung der Einheit Deutschlands zu hintertreiben.

Die Unterschriftensammlung für die Forderung auf Teilnahme deutscher Vertreter an der Konferenz verläuft erfolgreich.2 Die meisten Menschen geben bereitwillig ihre Unterschrift, wobei aber auch nicht wenige unterschreiben, die sich kaum Gedanken darüber machen. In geringerem Maße wird die Unterschrift abgelehnt, wobei zum Teil geäußert wird, die Unterschriftensammlung werde sowieso nichts erreichen. Aber auch negative Meinungen werden dabei laut, allerdings nur gering. Vor allem sind es Kirchenanhänger, ehemalige Umsiedler und großbäuerliche Elemente, die die Unterschrift ablehnen.

Verbreitet sind nach wie vor zweifelnde Stimmungen. Hier wird argumentiert, die bisherigen ähnlichen Konferenzen wären auch ohne Erfolg verlaufen, und die Gegensätze zwischen der SU und den USA seien so groß, dass es nicht zu einer Einigung komme. Diese zweifelnden Stimmen haben an Umfang zugenommen, nachdem die Verhandlungen über den Konferenzort anfangs ergebnislos verliefen.3 In der Industrie kommen die zweifelnden Stimmen in den Privatbetrieben häufiger vor als in den volkseigenen.

Die negativen Stimmen sind gering, aber sie treten jetzt offener auf. Neben feindlich beeinflussten Arbeitern und Angestellten (dabei besonders in der Reichsbahn), werden sie mehr von kirchlichen Kreisen, Großbauern, ehemaligen Umsiedlern und kleinbürgerlichen Elementen geäußert. Dabei wird gegen die Oder-Neiße-Friedensgrenze argumentiert, die SU wird als »sturer« Verhandlungspartner hingestellt, der die westlichen Vorschläge prinzipiell ablehne und gegen die Einheit Deutschlands sei und die USA wird als »friedfertiger« und »deutschlandfreundlicher« Staat hervorgehoben.4 Hierzu folgende Beispiele:

Ein Arbeiter der Volkswerft Stralsund, [Bezirk] Rostock: »Alle Arbeiter wollen doch den Frieden. Es wird endlich Zeit, dass wir einen Friedensvertrag erhalten. Dass der Westen nicht an den Verhandlungen interessiert ist sieht man ja, wie er die Stummpolizei5 gegen Arbeiter hetzt. Wir wollen keine faschistischen Organisationen mehr, sondern einen Friedensvertrag, Abzug aller Besatzungstruppen, damit wir in einem einheitlichen freien und unabhängigen Deutschland leben können. Hoffen wir, dass die Konferenz erfolgreich verläuft.«

Ein Traktorist der MTS Moisall, [Bezirk] Schwerin: »Der Friedenswille der SU ist unerschütterlich. Wir erhoffen von der bevorstehenden Konferenz, dass sie ein Schritt zur Entspannung der Weltlage ist.«

Ein Arbeiter des VEB Kaltwalzwerk Bad Salzungen, [Bezirk] Suhl: »Wir fordern, dass Vertreter aus Ost und West an der Konferenz teilnehmen und gehört werden. Wir alle wünschen die Einheit und deshalb gebe ich auch meine Unterschrift.«

Alle Kollegen des Schachtes Auerbach, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, der Wismut AG6 geben ihre Unterschrift für die Teilnahme deutscher Vertreter an der Konferenz, ein großer Teil jedoch teilnahmslos und ohne sich dazu zu äußern.

Die Frau eines Organisten der Kirche Greiz: »Für die Kommunisten gebe ich meine Unterschrift nicht.« Ihr Mann brachte zum Ausdruck: »Adenauer7 will den Frieden und drei von den Vieren sind sich auch einig, nur der Vierte nicht.«

Im Privatbetrieb Blüther Leipzig8 (240 Beschäftigte) begrüßt man zwar die Außenministerkonferenz, man will aber erst einmal abwarten, ob die Konferenz tatsächlich stattfindet. Bisher wurden in diesem Betrieb noch keine Unterschriften für die Teilnahme deutscher Vertreter abgegeben.

Eine Landarbeiterin aus Sohra, [Bezirk] Dresden: »Die sitzen sowieso nur nutzlos zusammen. Dass es zu einer Einigung kommt, glaube ich nicht. Die gehen so wieder auseinander, wie es in den Konferenzen vorher war. Wir können eben nur hoffen«.

Ein Arbeiter vom VEB Kahlbaum Berlin-Hohenschönhausen: »Die Konferenz ist wertlos, sie hat keinen Zweck, da doch keine Einigung zustande kommt. Die Gegensätze sind zu groß. Wir verzichten nicht auf die volkseigenen Betriebe und Westdeutschland wird keine volkseigenen Betriebe bilden. Jedenfalls wird keiner nachgeben und die Konferenz wird ohne Erfolg verlaufen.«

Ein Gruppenleiter (parteilos) von der Mathias-Thesen-Werft Wismar, [Bezirk] Rostock: »Jetzt streiten sie sich über das Gebäude. Wenn die schon in solchen Kleinigkeiten keine Einigkeit erzielen, wie soll es erst dann bei der eigentlichen Konferenz werden.«

In der Bahnmeisterei Güstrow, [Bezirk] Schwerin, Rotte Lalendorf verweigerten vier Kollegen die Unterschrift für die Teilnahme deutscher Vertreter an der Viermächtekonferenz mit folgender Begründung: »Wir fordern Aufhebung der Oder-Neiße-Grenze.«

Ein Arbeiter vom VEB Zeiss Jena, [Bezirk] Gera (ehemals SPD und Reichsbanner,9 jetzt SED): »Merkt Ihr denn nicht, dass wir heute die gleiche Diktatur wie bei Hitler haben. Mit dem 17. [Juni 1953] war ich einverstanden und unsere Regierung hätte abtreten müssen. Bei der Außenministerkonferenz haben wir Deutschen nichts zu suchen. Ich bin dafür, dass erst deutsche Wahlen stattfinden müssen, bevor eine Regierung gebildet wird.«

Ein ehemaliger Umsiedler aus Bärenstein, [Bezirk] Dresden: »Auf dieser Konferenz wird auch die Grenzfrage geregelt werden. Wir wollen ja heim, mit den Polen werden wir schon fertig. Wir haben sie 1921 auch bloß mit dem Knüppel in der Hand hinausgetrieben und im Westen stehen die Kameraden auch schon bereit.«10

Ein Großbauer aus Baek,11 [Bezirk] Schwerin: »Die Konferenz in Berlin wird es ja ergeben, denn die Russen müssen dann abziehen und die anderen kommen.«

Eine Hausfrau aus Magdeburg: »Wenn ich wollte, könnte ich im Westen besser leben als hier. Aber am 25.1.[1954]12 wird sich irgendetwas ereignen und mein Mann, der nach dem 17.6.[1953] zu zehn Jahren verurteilt wurde, wird wiederkommen. Ich war bei einer bestimmten Stelle und die haben mir große Hoffnungen gemacht.«

Industrie

Die Produktion im Jahre 1954 ist im Wesentlichen in der Mehrzahl der Betriebe normal angelaufen. In einem großen Teil von Betrieben wurden aus diesem Anlass heraus Versammlungen durchgeführt. Auf diesen Versammlungen hat ein Teil der Arbeiter Verpflichtungen zur Steigerung der Produktion übernommen, um zu einer schnelleren Verwirklichung des neuen Kurses beizutragen.13 Aus dem gleichen Grunde wurden in Betrieben Wettbewerbe organisiert bzw. sind noch in Vorbereitung.

Die abgegebenen Verpflichtungen und abgeschlossenen Wettbewerbe sind im Verhältnis zur gesamten Industrie an Umfang noch gering. So wurden von den Kumpels des Werkes »Deutschland«,14 Bezirk Karl-Marx-Stadt, für das 1. Quartal 1954 bisher insgesamt 1 144 Einzelwettbewerbe, 16 Brigadewettbewerbe und ein Panzerwettbewerb15 abgeschlossen.

Im VEB Kaltwalzwerk Bad Salzungen, [Bezirk] Suhl, verpflichtete sich ein parteiloser Ingenieur, bis Juni 1954 die Walzgerüste auf Vor- und Rücklauf umzubauen. Dadurch wird eine 22-prozentige Steigerung der Arbeitsproduktivität erreicht werden.

Die Belegschaft des Karl-Marx-Werkes Magdeburg16 verpflichtete sich im Jahre 1954 1 500 Fahrrad-Hilfsmotoren über den Plan herzustellen. Die Belegschaft des Kalikombinates »Marx-Engels« Unterbreizbach, [Bezirk] Suhl, verpflichtete sich 4 000 t K2O17 über den Plan hinaus zu produzieren.

Im VEB Sachsenwerk Radeberg, [Bezirk] Dresden, erhöhte die Abteilung Gießerei freiwillig ihre Norm um 20 Prozent.

Gegenüber dem Jahresende traten zu Anfang des neuen Jahres in einem Teil der Betriebe Produktionsschwierigkeiten etwas stärker in Erscheinung. In einigen Betrieben führten diese Störungen zu größeren Produktionsausfällen. Dadurch entstehen diesen Betrieben Schwierigkeiten in der Erfüllung ihrer Produktionspläne und den Arbeitern finanzielle Nachteile, da sie nicht ihren vollen Lohnsatz erhalten. Dadurch wird die Stimmung der Arbeiter sowie der gesellschaftlichen Arbeit negativ beeinflusst. Zum anderen werden diese Betriebe finanziell belastet, da Facharbeiter mit unproduktiven Arbeiten beschäftigt werden müssen. Die Ursache dieser Produktionsschwierigkeiten sind verschiedener Art, in der Hauptsache jedoch folgende: Fehlen der Produktionspläne und Mangel an Aufträgen, Mangel an Rohstoffen und Material, schlechtes Material, Mangel an Kohlen und Gas. So hat der VEB »Heinrich Rau«,18 Bezirk Potsdam, noch keinen Produktionsplan für 1954 erhalten. Vom Ministerium für Schwermaschinenbau erhielt er Bescheid, dass noch einige Wochen vergehen können und der Betrieb soll sich selbst Aufträge einholen, wie die Privatindustrie.

In einer größeren Anzahl von Objekten der Wismut bestehen schon seit längerer Zeit Schwierigkeiten in der Beschaffung von Bohrstangen, Hunte19 usw. Die Pläne werden noch erfüllt, könnten aber bei Weitem übererfüllt werden.

Im VEB Jenapharm, [Bezirk] Gera, liegt die Produktion an Jenacain still, da der Rohstoff von der Farbenfabrik Wolfen-Bitterfeld nicht geliefert wird. Jenacain ist in der Mehrzahl ein Exportauftrag für Korea, des Weiteren ein Grundstoff zur Penicillinherstellung.

Die Übergabe der SAG-Betriebe in die Hände des deutschen Volkes wurde von der Mehrzahl der Arbeiter, Angestellten und Intelligenz dieser Betriebe, begrüßt.20 Ebenfalls gaben Arbeiter und Angestellte anderer Betriebe ihre Zustimmung zu dieser Maßnahme. Verschiedentlich kam es aus Anlass der Übergabe zu Verpflichtungen. So wurden im Kirow-Werk Leipzig21 insgesamt 1 152 Verpflichtungen abgegeben, welche die Steigerung der Produktion zum Inhalt hatten. 16 Kollegen beantragten die Aufnahme in die SED und 600 traten der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft bei.

Von einem geringen Teil wurden auch Zweifel geäußert, ob die neue deutsche Leitung in der Lage sei, genügend Aufträge und Material zu beschaffen.

Positiv wirkte sich die Teilnahme westdeutscher Arbeiterdelegationen bei der Übergabe der SAG-Betriebe aus. So äußerten Arbeiter einer westdeutschen Delegation, dass sie entgegen der Adenauer-Propaganda alles unternehmen werden, um den Arbeitern Westdeutschlands die wahren Verhältnisse aus der DDR zu schildern.

Handel und Versorgung

Die verbesserte Versorgungslage hat auch in der Berichtszeit weiter angehalten. Besondere Veränderungen gegenüber der zweiten Dezemberhälfte sind nicht festzustellen, die meist nur örtlich festzustellenden Mängel, wie z. B. Mangel an Einkellerungskartoffeln im Bezirk Frankfurt, bestehen im Wesentlichen weiter.

Landwirtschaft

In der Erfassung landwirtschaftlicher Produkte, sind in der Berichtszeit keine Änderungen eingetreten. (Im Durchschnitt wurden abgeliefert, Kartoffeln ca. 92 Prozent, Getreide ca. 91 Prozent). Der Bezirk Frankfurt liegt mit einer Ablieferung von 76 Prozent Kartoffeln und 81 Prozent Getreide am weitesten zurück. Wie bereits berichtet, sind es meistens Großbauern, die mit ihrer Ablieferung teilweise sogar bis zu 50 Prozent im Rückstand sind.

Aus mehreren Beispielen ist ersichtlich, dass Großbauern versuchen durch Propaganda für die sogenannte freie Wirtschaft Einfluss unter Klein-, Mittel- aber auch Genossenschaftsbauern zu erlangen. So z. B. versuchen Großbauern aus Mistorf, [Bezirk] Schwerin, durch Propaganda für die »freie Wirtschaft« Einfluss unter den LPG-Mitgliedern zu gewinnen, wobei sie die finanzielle Lage der LPG (Finanzplan mit 80 000 DM überspannt) ausnutzen. Die Verbindungen der Großbauern zur LPG sind so, dass diese über alle Geschehnisse orientiert sind.

Allgemein kann gesagt werden, dass die Wühlarbeit der Großbauern nicht nachgelassen, sondern im Zusammenhang mit der bevorstehenden Viermächtekonferenz offener in Erscheinung tritt. Auch in der Berichtszeit zeigte sich, dass Großbauern versuchen, in die Vorstände der VdgB/BHG gewählt zu werden, vereinzelt ist dies gelungen, in den meisten Fällen konnte dies jedoch verhindert werden. Die Zusammensetzung der bereits gewählten Vorstände zeigt im Wesentlichen keine Veränderungen gegenüber der zweiten Dezemberhälfte.

Übrige Bevölkerung

Durch die verbesserte Lebenslage ist die Stimmung der Bevölkerung als zufriedenstellend zu bezeichnen. Die meist geführten Diskussionen über Fragen des täglichen Lebens werden oft durch die bevorstehende Viermächtekonferenz in den Hintergrund gedrängt.

Nach Meldung der VP war in den letzten drei Monaten bei Republikflucht, Rückkehr und Zuzug folgende Bewegung festzustellen:

Monat

Flüchtlinge

Rückkehr und Zuzug

Oktober

12 691

4 984

November

18 133

3 899

Dezember

14 209

3 682

Nach vorläufigen unvollständigen Informationen in der 1. Januarhälfte ist ein weiteres Sinken der im November angestiegenen Republikfluchten zu verzeichnen, während die Zahl der Rückkehrer und Zuwanderer etwas gestiegen ist.

Feindtätigkeit

Die Verbreitung von Flugblättern und Hetzschriften hat in der ersten Januarhälfte stark nachgelassen. Gegenüber 538 000 Flugblättern in der zweiten Dezemberhälfte sank die Zahl im Januar auf 65 000. Schwerpunkte waren die Bezirke Halle (18 500), Potsdam (14 600), Berlin (13 000) und Cottbus (10 000). Der größte Teil der Flugblätter war von der KgU22 und vom SPD-Ostbüro.23

Die KgU propagiert hauptsächlich »sinnvollen Widerstand« und versucht die Unterstützung der Staatssicherheit durch die Bevölkerung zu verhindern. Die SPD hetze besonders gegen Partei und Regierung und propagierte »Langsamarbeiten«.

Der RIAS und auch andere Westsender brachten Sendungen zur Viermächtekonferenz. RIAS erhob Anspruch auf die Gebiete ostwärts der Oder-Neiße mit sogenannten rechtlichen und geschichtlichen Begründungen.

Eine Hauptforderung war die Durchführung »freier gesamtdeutscher Wahlen« danach erst Bildung einer Nationalversammlung und Schaffung einer gesamtdeutschen Regierung. (Hamburger Rundfunk).24 RIAS versuchte die Bevölkerung von der »Bedeutungslosigkeit« der Unterschriftensammlung zu überzeugen.

Der Hamburger Sender wollte mit Argumenten der Kirche die Bevölkerung vom Kampf um die Einheit Deutschlands abhalten. RIAS empfahl seinen Hörern in Groß-Berlin Zurückhaltung zu üben bei Diskussionen mit Mitgliedern des Friedensrates in Betrieben, um sich nicht zu entlarven.

In einer Sendung am 12. Januar [1954] streitet der RIAS die Vorbereitung neuer Provokationen ab. Mit Argumenten wie, ein zweiter Aufstand liegt weder im Interesse der Westmächte noch der Bevölkerung, man müsste die »guten Kräfte« in der DDR erhalten und eine Störung der Viermächtekonferenz vermeiden, wird versucht, die Wachsamkeit in der DDR einzuschläfern. In weiteren Sendungen wurden besonders die Arbeiter angesprochen, um sie gegen den FDGB und seine Funktionäre zu beeinflussen, dabei wurde mit »größeren Rechten« der jugoslawischen und englischen Arbeiter operiert. Außerdem versucht der RIAS die Arbeiter, besonders die Eisenbahner, zu veranlassen, jede Gelegenheit auszunutzen, um wirtschaftliche Forderungen zu erheben. Darüber hinaus wandte er sich noch gegen die Nachtschichten.

In allen Sendungen für die Landbevölkerung versuchte der RIAS die Unterstützung der Partei durch die Bauern zu verhindern, er setzte sich außerdem für die Wahl von Großbauern in die VdgB-Vorstände ein. Des Weiteren wurde Propaganda für die »Grüne Woche« vom 29. Januar bis 7. Februar 1954 in Westberlin gemacht, um zahlreiche Bauern aus der DDR während der Viermächtekonferenz nach Westberlin zu locken.25

In mehreren Sendungen des RIAS wurde die Jugend aufgefordert, sich besonders in den Interessengemeinschaften der FDJ zu betätigen, um dort die Möglichkeiten auszunutzen, unbeeinflusst von der FDJ und politischen Arbeit das zu tun, »was ihnen Spaß macht«.

Feindliche Terrorhandlungen wurden in 17 Fällen bekannt. In einem Fall richteten sie sich gegen einen Angehörigen der sowjetischen Handelsmarine, in drei Fällen gegen SED-Funktionäre und -Mitglieder, ein Mitarbeiter des SfS, acht VP und KVP-Angehörige, zwei VP-Helfer und zwei LPG-Mitglieder, davon fünf Fälle im Bezirk Rostock.

Durch Scheunen- bzw. Stallbrände, bei denen Brandstiftungen vermutet werden, wurden ein VEG, zwei Kleinbauern, ein Mittel- und ein Großbauer geschädigt. Diversionshandlungen wurden in zwei Fällen gegen LPG und MTS festgestellt.

In der Industrie wurden drei Diversionsakte ausgeführt, drei versucht und bei einer Explosion in einem Betrieb besteht die Vermutung für eine feindliche Handlung.

Gerüchte über einen neuen »Tag X« zu verschiedenen Zeitpunkten wurden in einzelnen Kreisen der Bezirke Leipzig, Dresden und Rostock verbreitet.26

In den letzten Tagen wurde die Transportpolizei27 auf Westberliner S-Bahnhöfen mehrfach von der Stupo an der Ausübung ihres Dienstes durch Drohungen und zum Teil durch Festnahme gehindert.

Einschätzung der Situation

Die Stimmung der Mehrheit der Bevölkerung wird stark beeinflusst von der Hoffnung auf ein positives Ergebnis der Viermächtekonferenz.

In Verbindung mit den weiterhin spürbaren Ergebnissen der Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenshaltung, ist die Stimmung der Bevölkerung im Allgemeinen zufriedenstellend.

Die teilweise bestehende Unzufriedenheit über meist örtliche Mängel macht sich aufgrund der bevorstehenden Konferenz, bis auf einige Ausnahmen, nur im verhältnismäßig geringen Umfang bemerkbar.

Der Gegner bemüht sich zzt. besonders im Zusammenhang mit der Viermächtekonferenz, die Bevölkerung mit feindlichen Argumenten irrezuführen.

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