Zur Beurteilung der Situation
3. Mai 1954
Informationsdienst Nr. 2196 zur Beurteilung der Situation
Die Lage in Industrie, Verkehr, Handel und Landwirtschaft
Industrie und Verkehr
Im Mittelpunkt der Diskussionen stehen die durchgeführten Maifeierlichkeiten. Der Umfang dieser Diskussionen ist gegenüber dem Vortage geringer geworden. In den Diskussionen wird oft die gute Beteiligung an den Demonstrationen und Kundgebungen und im Zusammenhang damit nochmals die Bedeutung des 1. Mai [1954] als Kampftag der Arbeiter hervorgehoben. Ein Weber von der Spinnerei und Weberei Ebersbach, [Bezirk] Dresden: »Ich und viele andere haben uns über die Kundgebung sehr gefreut. Die Demonstration und alles andere waren sehr schön. So etwas habe ich noch nie mitgemacht.«
Ein Arbeiter aus Schwerin: »In diesem Jahre war die Demonstration besonders schön. Vor allem dadurch, dass viele westdeutsche Delegationen dabei waren. Das zeigt, dass unser Weg von vielen Menschen in Westdeutschland anerkannt wird.«
Eine Arbeiterin aus dem Karl-Marx-Werk in Zwickau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Einen so schönen 1. Mai habe ich noch nicht miterlebt. Ich werde jetzt noch mehr als bisher meine Kraft einsetzen, um unsere friedliche Aufbauarbeit noch schneller voranzubringen.«
Vereinzelt wurden auch Stimmen von Arbeitern aus Westdeutschland bekannt, die an Demonstrationen in der DDR teilnahmen. Diese Stimmen sind alle positiv. Eine westdeutsche Delegation, die an der Maifeier des VEB Kaltwalzwerk Bad Salzungen, [Bezirk] Suhl, teilnahm, [war] über die Erfolge und die Stimmung der Arbeiter überrascht. Sie brachten zum Ausdruck, dass sie nun erkennen, wie die Presse in Westdeutschland lügt. Alle westdeutschen Arbeiter versprachen, nach ihrer Rückkehr wahrheitsgetreu von den Erfolgen des VEB und der DDR zu berichten.
Ein Dortmunder Arbeiter, der an den Feierlichkeiten in Themar, [Bezirk] Suhl, teilnahm, äußerte: »Der Arbeiter in der DDR kann viel freier den 1. Mai begehen, als im Westen. Ich bin erstaunt, dass ein stellvertretender Minister in solch einer kleinen Stadt zum 1. Mai [1954] zur Bevölkerung spricht.1 Ebenso bin ich erstaunt, dass die Betriebsleiter zusammen mit den Arbeitern im Zuge marschieren. So etwas gibt es bei uns nicht.«
Ein Bergarbeiter aus Salzgitter, der in Karl-Marx-Stadt weilte, sagte: »Adenauer2 kann uns noch so pressen, die Eindrücke aus der DDR werden wir in die Tat umsetzen und nichts vergessen. Weiterhin mache ich den Vorschlag, dass mehr Frauen in die DDR eingeladen werden, denn diese sind in der Lage, eine bessere Agitation in Westdeutschland durchzuführen. Ich bin erstaunt darüber, was in der DDR für den Arbeiter getan wird.«
Vereinzelt kam es zu negativen Diskussionen. Sie entstanden meist aus Verärgerung über die Prämienverteilung und über Auszeichnungen zum 1. Mai [1954]. Zu einer Aktivistenfeier im Karl-Marx-Werk – Pößneck3 waren nur etwa 28 Prozent der Belegschaft erschienen. Bei einer Rücksprache mit verschiedenen Kollegen vertraten sie die Meinung, dass die Auszeichnung vieler Aktivisten nicht dem Willen der Belegschaft entspreche und sie deshalb nicht zur Feier gingen.
Ein Markscheider aus dem »Martin-Hoop«-Werk in Zwickau,4 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Bei Horch5 erhalten die Aktivisten 300 DM Prämie und bei uns nur 100 und 150 DM. Ist das ein anderes Werk oder sind das andere Aktivisten.«
Ein Arbeiter aus Lychen, [Bezirk] Neubrandenburg: »Es ist nicht richtig, dass zum 1. Mai [1954] an einzelne Kollegen hohe Prämien ausgezahlt werden. Man sollte lieber mehrere Kollegen prämieren und weniger auszahlen, dann hat jeder etwas davon.«
Ein Maschinist aus dem VEB Jenapharm: »Wenn man das sieht, dass der Meister aus dem Maschinenraum, der den ganzen Tag den Kopf in beiden Händen versteckt, wieder eine Prämie mitnimmt und ein ehrlicher und fleißiger Arbeiter nichts bekommt, dann ist das verdammt sauer im Staate. Nur immer die Herren Meister und Vorarbeiter.«
Weiterhin wurden noch verschiedenartige negative Stimmen bekannt.
Eine Arbeiterin im Eisenwerk Waren, [Bezirk] Neubrandenburg: »Hauptsache ist, die Demonstration und Kundgebung dauert nicht so lange, damit wir anständig einen saufen können. Sonst hat man ja doch nichts weiter von diesem Tag.«
Im VEB Elsterberger Textilwerk, [Bezirk] Gera, lehnte ein Mitglied der Kampfgruppe6 es ab, zur Demonstration die rote Armbinde anzulegen und mit an der Spitze der Demonstration zu marschieren. Als er vom Parteisekretär nach dem Grund hierfür gefragt wurde, tippte er mit dem Finger an die Stirn und marschierte am Ende des Marschblocks.
Eine Arbeiterin aus Finkenheerd, [Bezirk] Frankfurt/Oder: »Ein Glück, dass ich nicht mitmarschiert bin. Das Pflaster unter diese Losungen zu treten, die in diesem Jahre zu sehen waren, ist mir zu schade. Nur wenige von den Losungen bezogen sich auf den 1. Mai [1954].«
In einzelnen Betrieben und Verwaltungen des Bezirkes Schwerin wurde am 1. Mai [1954] die Wachsamkeit verletzt. So wurden die Wachen bei der Post in Güstrow nicht so besetzt, wie die Anweisung lautete. Im Schlachthof, VVB Kraftverkehr und Wasserwerk Güstrow, waren keine bzw. keine verstärkten Wachen eingesetzt.
Die Diskussionen zur Genfer Konferenz7 sind durch die Maifeierlichkeiten in den Hintergrund gedrängt worden, sodass nur in ganz geringem Umfange Stimmen bekannt wurden. Die meisten Stimmen sind positiv. Ein Arbeiter aus Olbernhau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Ich erhoffe mir von der Genfer Konferenz eine starke Entspannung der Lage auch noch in der Deutschlandfrage. So z. B. auch den Abzug der Atomkanonen aus Westdeutschland.8 Auch die Beendigung des Krieges in Vietnam wird in Genf zur Diskussion stehen und gelöst werden.«
Ein Angestellter der Reichsbahn in Güldendorf, [Bezirk] Frankfurt: »Ich bin neugierig, wie die Konferenz ausgehen wird. Der Ami soll seine Nase nicht zu tief in Europa hineinstecken. Er müsste auch einmal etwas aufs Dach kriegen, damit das amerikanische Volk munter wird.«
Teilweise wird eine abwartende und gleichgültige Haltung eingenommen. In einem S-Bahnzug in Potsdam diskutierten mehrere Arbeiter: »Uns ist es doch egal, was bei der Konferenz herauskommt. Die Hauptsache ist, wir verdienen unser Geld.«
Ganz vereinzelt treten negative bzw. feindliche Meinungsäußerungen in Erscheinung. Ein Angestellter vom Reifenwerk Fürstenwalde, [Bezirk] Frankfurt/Oder: »Was wird schon werden, die laufen so auseinander, wie sie gekommen sind. Die Teilerfolge, die man uns in den Zeitungen erzählt, sollen die Misserfolge nur verdecken. Wir müssen doch bezahlen, was die saufen und fressen. Der eine will nicht raus aus Deutschland und der andere auch nicht. Sie wollen uns doch nur ausbeuten.«
Ein Fahrstuhlführer im VEB Baumwollspinnerei Karl-Marx-Stadt: »Der Russe glaubt, dass er durch die Chinesen starken Rückenhalt hat. Das ändert aber nichts daran, dass ihm die Westmächte überlegen sind und er genauso abfahren [wird], wie er gekommen ist. Die Hauptsache ist, dass es dem Russen richtig gegeben wird.«
Missstimmung besteht unter den Arbeitern der Volkswerft »Ernst Thälmann« in Plaue,9 [Bezirk] Potsdam. »Da sie mit dem Stellenplan für die Verwaltung nicht einverstanden sind. Außerdem sind sie verärgert, dass sich die leitenden Funktionäre nicht genug um die Arbeiter kümmern würden.« Ein Brenner sagt dazu: »Ich bin seit 1945 hier tätig. Damals haben wir aus den Trümmern unsere Werft gebaut, aber so einen Tiefstand wie im Augenblick hatten wir noch nicht. Der Wasserkopf der Verwaltung frisst uns auf, deshalb kostet bei uns eine Reparatur-Stunde 6,00 DM, dagegen in anderen Werften nur 3,00 DM.«
Landwirtschaft
Die Stimmung zum 1. Mai [1954] unter der Landbevölkerung war gut. Im Vergleich zum Vorjahr waren die Beteiligung an den Demonstrationen und Veranstaltungen sowie die Ausschmückung im Allgemeinen besser. Ein Schlosser (parteilos) von der MTS Severin, [Bezirk] Schwerin: »Ich bin schon 30 Jahre in der Gewerkschaft organisiert, aber ich habe noch nicht so eine Maidemonstration auf dem Lande gesehen, wie dieses Jahr. Ich habe mich gefreut, dass auch die Mittel- und Großbauern mitgemacht haben.«
Ein Landarbeiter (parteilos) aus Birkenhügel, [Bezirk] Gera: »Einen so schön durchgeführten 1. Mai hat es in unserem Ort noch nicht gegeben.« Eine LPG-Bäuerin aus dem gleichen Ort: »Das war ein schöner 1. Mai, aber man konnte sehen, wer mit unserer Sache nichts zu tun haben will, die sind nämlich zu Hause geblieben und haben sich gar nicht sehen lassen.«
Ein Techniker der MTS Frauenprießnitz, [Bezirk] Gera: »Die zahlenmäßig große Beteiligung und Begeisterung aus dem Vorjahr ist das Spiegelbild der guten Organisation und Vorbereitung des 1. Mai [1954]. Hinzu kommen noch die Verbesserungen der materiellen Verhältnisse, wodurch sich auch das Bewusstsein gestärkt hat.«
Nur vereinzelt wurden negative Äußerungen über den 1. Mai [1954] bekannt. Der Vorsitzende von der LPG »Karl Marx« Zepernick, [Bezirk] Frankfurt: »Es war für unsere Menschen eine Zumutung, hinter der roten Fahne herzumarschieren, denn nicht alle sind in der Partei und viele gibt es, die nicht die Anschauung der SED teilen.«
Der Stellmacher der MTS Spantekow, [Bezirk] Neubrandenburg: »Die Jungen Pioniere sind doch die einzigen, die immer mitmachen. Sogar wenn es fünf Minuten vor zwölf ist. Uns hat man ja auch einmal so erzogen und wir haben es auch geglaubt. Genauso ist es heute wieder.«
Der Parteisekretär der LPG Aschersleben, Kreis Ueckermünde, [Bezirk] Neubrandenburg, nahm nicht an der Maidemonstration teil. Er zog es vor, sich während dieser Zeit in der Konsumgaststätte aufzuhalten.
Ein Landarbeiter aus dem Bezirk Potsdam: »Man sollte nicht so viel Geld für Transparente ausgeben, sondern den Rentnern geben, damit sie besser leben können.«
Die vereinzelt bekannt gewordenen Stimmen zur Genfer Konferenz waren meist positiv. Ein Bauer aus Qualzow, [Bezirk] Potsdam:10 »Die Genfer Konferenz, mit der Teilnahme Chinas, wird entscheidend dazu beitragen, die internationale Lage zu entspannen und das Morden in Vietnam zu beenden.«
Ein Bauer aus Röhrsdorf, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Ich bin gespannt auf das Ergebnis der Genfer Konferenz. Es ist gut, dass diese Konferenz stattfindet, denn solange wie verhandelt wird, kann kein Krieg ausbrechen.«
Ein Traktorist (parteilos) aus dem Kreis Annaberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, äußerte sich skeptisch, indem er sagte: »Die Genfer Konferenz hat ja doch keinen Zweck, denn Dulles11 sagt wieder zu allem nein und dann gehen sie wieder wie bei der Viererkonferenz in Berlin sang- und klanglos auseinander.«12
Über wirtschaftliche Fragen wurde Folgendes bekannt. Verschiedentlich werden von Bauern Diskussionen über den Arbeitskräftemangel dahingehend geführt, dass es früher so etwas nicht gab, denn da musste jeder Jugendliche sein Landjahr machen.13
In der LPG Grünberg, [Bezirk] Potsdam, ist ein derartiger Futtermangel zu verzeichnen, dass schon mehrere Kühe vor dem Verhungern abgeschlachtet werden mussten. Der Rat des Kreises sowie die Kreisleitung der SED sind informiert. Es war aber bis jetzt noch nicht möglich, zu helfen, da im ganzen Kreisgebiet Gransee ein großer Futtermangel besteht.
Die MTS Putlitz,14 [Bezirk] Potsdam, benötigt dringend 16 mm Muttern für den Einsatz von Pflügen. Beim Bezirkskontor lagern zwar schon längere Zeit ca. 4 000 Muttern, diese werden jedoch nur zusammen mit Pflugschrauben abgegeben, die aber die MTS Putlitz nicht benötigt.
Im Kreis Nauen, [Bezirk] Potsdam, ist zu verzeichnen, dass oft in der Bekämpfung der Schweinepest die notwendigen Maßnahmen nicht beachtet werden. So z. B. lagen in Tenzin15 auf einem frisch geeggten Acker anderthalb Monate lang vier tote Ferkel, die die Schweinepest hatten (als diese Tiere verendet waren, wurden sie auf den Mist geworfen und bei der Frühjahrsbestellung mit aufs Feld gefahren).
Übrige Bevölkerung
Aus den geführten Diskussionen unter der übrigen Bevölkerung ist zu ersehen, dass die Demonstrationen und Kundgebungen am 1. Mai [1954] einen positiven Eindruck hinterlassen haben. Selbst Personen aus bürgerlichen Kreisen äußerten sich teilweise positiv über die starke Beteiligung an den Demonstrationen. Ein Angestellter aus Karl-Marx-Stadt (CDU): »Dieses Jahr waren die Demonstrationen bedeutend besser als in den Vorjahren. Das ist ein gutes Zeichen. Alle Menschen sind vom 1. Mai [1954] begeistert. Bei den Demonstrationen wurde ein geschlossenes Bild erreicht. Es war sehr gut, dass die Sowjetbürger der Wismut AG16 bei uns mitmarschierten.«
Ein Rentner aus Pößneck, [Bezirk] Gera: »Das war ein gewaltiger Aufmarsch. So etwas hat man früher nicht gesehen. Da wurden wir bei unseren Umzügen mit Polizeikräften auseinandergejagt. Wenn sich die Arbeiterschaft auch so einig gewesen wäre, hätte es keinen Faschismus gegeben und wir wären heute viel weiter.«
Die Inhaberin eines Radiogeschäftes in Pritzwalk, [Bezirk] Potsdam, äußerte: »Mag einer noch so kritisch eingestellt sein, aber der Kurs des Friedens bei uns soll doch jedem lieber sein, als wenn es sich einen neuen noch schrecklicheren Krieg gegenübersieht. In diesem Jahr ist der 1. Mai [1954] für uns wieder das erste Mal ein froher Tag, denn mit dem neuen Kurs geht es uns wieder gut.«17
Auch westdeutsche Delegationen äußern sich positiv, da sie nichts von dem vorgefunden haben, was die westdeutschen Zeitungen über die DDR schreiben. So wird z. B. aus Karl-Marx-Stadt berichtet, dass von den an den Maifeierlichkeiten teilnehmenden westdeutschen Delegationen oft zum Ausdruck gebracht wurde, dass sie derartige Veranstaltungen und Demonstrationen noch nie erlebt hätten. Positiv äußerten sie sich über den Kampfwillen der Werktätigen zur Herstellung der Einheit Deutschlands, der überall spürbar wurde. Eine Delegation aus Coburg, die in Hildburghausen weilte, äußerte sich positiv über die Einrichtungen in der DDR. Auch über die Haltung der sowjetischen Freunde sprachen sie sich positiv aus und brachten zum Ausdruck, dass im Westen oft die Amerikaner die Passanten vom Bürgersteig jagen. Alle äußerten, dass sie es nicht bereuen, einmal in die DDR gekommen zu sein. Denn jetzt haben die die Wahrheit erfahren.
Nur ganz vereinzelt wurden negative oder feindliche Stimmen bekannt. Eine Hausfrau aus Pritzwalk, [Bezirk] Potsdam: »Wir warten schon von einem 1. Mai zum anderen auf das uns versprochene bessere Leben. Es wird ja nun langsam Zeit. Die Preise sind für uns so, dass wir mit einer leeren Geldbörse zu den Maifeiern gehen müssen.«
Ein Disponent der DHZ Lebensmittel Apolda, [Bezirk] Erfurt: »Der 1. Mai ist ein großes Theater. Wenn die Beteiligung am Umzug freiwillig wäre, würden nur wenige mitgehen. So ist es aber Zwang und da läuft man eben auch mit.«
Ein Angestellter aus dem Eisenwerk Waren, [Bezirk] Neubrandenburg: »Es ist besser, man setzt sich in die Gaststätte, als in der Stadt mit herumzulaufen. Es ist wie immer, zum Schluss sind es nur die Hundertprozentigen, die übrig bleiben zum Marschieren.«
Ein Kraftfahrzeugmeister aus Karl-Marx-Stadt: »Dass dieses Jahr so viel Menschen an der Demonstration teilgenommen haben, ist nur darauf zurückzuführen, weil sie mehr oder weniger gezwungen wurden. Wie die Menschen wirklich denken, das sagen sie nicht. Das zeigt sich erst bei solchen Gelegenheiten wie am 17. Juni 1953.«
Ein Hauptsachbearbeiter in der HO-Transportabteilung Karl-Marx-Stadt: »Diesen Kram für den 1. Mai [1954] können sie allein machen, diese sogenannten Parteigenossen und ihre wunderbare Regierung … Wenn man denkt, man kann in Deutschland ebenfalls den Bolschewismus einführen, da haben diese Herren die Rechnung ohne den Wirt gemacht.«
Organisierte Feindtätigkeit
Hetzschriften des Ostbüros der SPD:18 Erfurt 2 000, Suhl 600, Potsdam 3 000, Gera 2 000. Inhalt: Hetze gegen den 1. Mai [1954] in der DDR.
Hetzschriften des Ostbüros des DGB: Frankfurt 2 000, Suhl 80. Inhalt: Hetze gegen die Regierung der DDR, Partei und 1. Mai [1954].
Hetzschriften des NTS:19 Frankfurt 4 500, Erfurt 3 000, Suhl 23 600, Potsdam 2 500. In verschiedenen dieser Hetzschriften wird über Truschnowitsch20 geschrieben.
Weiterhin wurden im Bezirk Dresden 185 Hetzschriften in polnischer Schrift und 85 in tschechischer Schrift gefunden. Im Bezirk Potsdam wurden 1 040 Hetzschriften in Form einer Friedenstaube und 80 in Form einer Friedensglocke sichergestellt. Der überwiegende Teil dieser Hetzschriften wurde durch Suchkommandos sofort sichergestellt.
Antidemokratische Handlungen: Fahnen, Transparente und Plakate wurden beschädigt oder abgerissen in den Bezirken: Potsdam drei Fahnen, vier Plakate; Gera drei Bilder führender Funktionäre, Halle eine Fahne und ein Transparent, in Erfurt und Neubrandenburg eine Fahne, in Dresden zwei Fahnen und ein Transparent. In zwei Fällen (Dresden und Halle) wurden die Täter festgenommen.
Antidemokratische Schmierereien: In der Nacht vom 30.4. zum 1.5.1954 wurden auf dem Hof der Zentralschule in Eichwalde, [Bezirk] Potsdam, mit Ölfarbe folgende Hetzlosungen geschrieben: »Vorsicht SED«, »Nieder mit der SED!« und »Wir Arbeiter fordern freie Wahlen«.
In Lobenstein, [Bezirk] Gera, wurden folgende Losungen angebracht: »1. Mai – Kampftag der Arbeitslosen, wir fordern Arbeit und Brot!« und »Schwerbeschädigte fordern Recht auf Arbeit und soziale Unterstützung« (Personen wurden festgenommen).
Diversion: In der Nacht vom 30.4. zum 1.5.1954 wurden aus einem Traktor, der vor dem Kulturhaus in Eckmannsdorf, [Bezirk] Potsdam, stand und Kollegen, die an der Maifeier teilnahmen, zu ihrem Wohnort bringen sollte, der Treibstoff abgelassen.
Versuchte Diversion: Während der Maidemonstration in Mahlow, [Bezirk] Potsdam, brannten unbekannte Täter einen Papierkorb in der Baracke der SVK an. Diese Brandstiftung konnte durch vorzeitiges Bemerken verhindert werden.
In der Nacht vom 30.4. zum 1.5.1954 erschienen am Schlagbaum in Hetschbach, [Bezirk] Suhl, ungefähr 20 Personen und sangen das Deutschlandlied. Anführer war ein Republikflüchtiger aus Hetschbach.