Zur Beurteilung der Situation
27. März 1954
Informationsdienst Nr. 2165 zur Beurteilung der Situation
Die Lage in Industrie, Verkehr, Handel und Landwirtschaft
Industrie und Verkehr
Betriebliche Fragen stehen weiterhin im Mittelpunkt der Diskussionen. Die Stimmen zum IV. Parteitag1 nehmen etwas zu, beziehen sich aber im Wesentlichen auf wirtschaftliche Fragen (Verbesserung der Lebenslage). Zu Ehren des IV. Parteitages der SED werden in zunehmendem Maße von einem Teil der Werktätigen Kollektiv- und Einzelverpflichtungen übernommen. So wurden bisher in der Wismut2 zu Ehren des IV. Parteitages 19 026 Stoß- und Ehrenschichten durchgeführt, 21 698 Verpflichtungen abgegeben und 1 273 Kumpel baten um Aufnahme als Kandidat in die Partei.
Die Kollegen des VEB Westglas Großbreitenbach, [Bezirk] Suhl, verpflichteten sich, 1 894 freiwillige Arbeitsstunden zum Nationalen Aufbauwerk zu leisten.3
Ein größerer Teil aller Schichten der Werktätigen erhofft vom IV. Parteitag Vorschläge zur Verbesserung der Lebenslage, besonders erwartet man eine Preissenkung und den Wegfall der Lebensmittelkarten ohne eine Erhöhung der Preise.
Ein Obermeister vom VEB Zeiß-Werk Eisfeld, [Bezirk] Suhl: »Über die Durchführung des IV. Parteitages ist grundsätzlich nichts zu sagen. Hoffentlich wird dort beschlossen, dass endlich in diesem Jahr die Lebensmittelkarten wegfallen und die HO-Preise etwas gesenkt werden. Ich wünsche dem IV. Parteitag einen recht guten Erfolg.«
Ein Arbeiter (parteilos) vom VEB Feinstrumpfwerk Oberlungwitz, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Die Parteitage der SED haben uns immer etwas gebracht. Diesmal haben wir infolge des neuen Kurses der Regierung etwas mehr als bisher zu erwarten.«4
Ein Arbeiter vom Treuhandbetrieb Dietel in Wilkau-Haßlau,5 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Der IV. Parteitag wird auf alle Fälle ein Höhepunkt im Leben unserer Partei. Die Menschen erwarten weitere Verbesserung. Ob für alle, auch für die Rentner, eine Verbesserung kommt? Wenn die Preise im Allgemeinen fallen, dürften Butter und Fleisch preislich etwas teurer werden, wenn es dann keine Marken mehr gibt. Das wird eine Härte für die Armen werden.«
Ein Teil der Werktätigen, besonders Angestellte und Intelligenz, verhält sich abwartend und gleichgültig gegenüber politischen Problemen.
Negative und feindliche Stimmen werden nur vereinzelt bekannt. Die richten sich im Allgemeinen gegen die SU oder DDR. Hier zeigt [sich] besonders der Einfluss der westlichen Propaganda.
Vereinzelt treten bei Mitgliedern unserer Partei pazifistische Anschauungen auf: So lehnten in einer Parteiversammlung der Abteilung Turmbau im VEB Metallgusswerk Leipzig acht Genossen eine bewaffnete Verteidigung unseres Arbeiter- und Bauernstaates ab. Einer dieser Genossen erklärte: »Ich war im Zweiten Weltkrieg an der Front und das Erlebnis war furchtbar, sodass ich heute noch Angst vor dem Krieg habe und ich bin nicht bereit, wieder eine Waffe in die Hand zu nehmen.« Ein anderer Genosse äußerte: »Ich habe es bereits in der Nazi-Zeit abgelehnt, eine Waffe in die Hand zu nehmen und deswegen wurde ich auch vor Gericht gestellt, und diesen Standpunkt vertrete ich auch heute noch. Ich bin ein klassenbewusster Arbeiter und wir müssen so diskutieren, dass die Arbeiter hüben wie drüben, nie wieder eine Waffe in die Hand nehmen, denn wenn sich die Arbeiter einig sind, werden die da oben drüben nichts machen können.«
Stimmen zur Erklärung der Regierung der UdSSR vom 25.3.1954 wurden nur vereinzelt bekannt.6 Die Mehrzahl der Werktätigen war noch nicht über den Inhalt dieser Erklärung informiert, da die Bezirkspresse noch nicht darüber berichtet hatte und die Aufklärung in den Betrieben noch nicht eingesetzt hat. So ist z. B. im VEB Max-Hütte Unterwellenborn, [Bezirk] Gera, diese Erklärung unter den Arbeitern noch nicht bekannt. Vonseiten der SED-Betriebsparteileitung wurden noch keine Agitationseinsätze über die Regierungserklärung durchgeführt, selbst im Betriebsfunk wurde noch nicht darauf eingegangen.
Die Mehrzahl der uns bekannt gewordenen Stimmen sind positiv und es wird allgemein zum Ausdruck gebracht, dass hiermit die SU gegenüber dem deutschen Volk einen erneuten Vertrauensbeweis erbracht hat. Eine Brigade im Transformatoren- und Röntgenwerk Dresden begrüßte in einer Kurzversammlung die neue Regierungserklärung der SU und erklärte, dass die DDR damit die volle Souveränität hat. Ein Arbeiter vom Autobetrieb der Farbenfabrik Wolfen-Bitterfeld, [Bezirk] Halle: »Es musste ja so kommen. Ich begrüße den Beschluss der Sowjetregierung. Der Ami wird schon noch gezwungen werden, ebenfalls Zugeständnisse zu machen und er muss uns doch endlich anerkennen und uns unsere vollen Rechte wiedergeben.«
Ein Arbeiter (AGL-Mitglied, parteilos) vom Stabwalzwerk des Stahlwerkes Riesa, [Bezirk] Dresden: »Die Erklärung der Sowjetregierung ist ein erneuter Vertrauensbeweis und ein erneuter Schlag gegen Dulles.«7
Ein Angestellter vom Gummiwerk Riesa: »Ich sehe in dem Dokument, dass unsere Regierung und wir Arbeiter durch die Besatzung nicht unterdrückt werden, wie es von den Westmächten immer hingestellt wird, sondern dass unsere Regierung frei mit den anderen Staaten verhandeln kann. Hiermit bringt die Sowjetregierung erneut ihr Vertrauen zu unserer Regierung und unserem Volk zum Ausdruck.«
Produktionsschwierigkeiten wurden aus einzelnen Betrieben der Bezirke Rostock, Magdeburg und Karl-Marx-Stadt bekannt. Ursache: Materialmangel, schlechtes Material und Zurückziehung der Aufträge. Durch diese Störungen entstehen bei den Arbeitern teilweise Verdienstausfälle, welche sich negativ auf die Stimmung in diesen Betrieben auswirken.
Materialmangel besteht in der Warnow-Werft Rostock (statt 4 300 Tonnen Schiffsbleche wurden nur 400 Tonnen geliefert) und in der Neptun-Werft Rostock. Dazu äußert ein Mechaniker des letzteren Betriebes: »Heute klappt in der Werft überhaupt nichts mehr. Es wird nichts fertig und dabei arbeiten wir doch den ganzen Tag.«
Im VEB Modul Karl-Marx-Stadt8 wird schlechtes Material verarbeitet. So werden des Öfteren Gussteile geliefert, die in den Maßen größer gehalten sind, als sie bestellt wurden. Dadurch erhöhen sich die Bearbeitungskosten bedeutend.
Im VEB Stahlbau Parey, [Bezirk] Magdeburg, kann der Plan nicht erfüllt werden, da der Investträger Verbundnetz Nord-Schwerin seinen Auftrag annulliert hat. Dem Werk entstand dadurch ein Schaden von ca. 70 000 DM.
Produktionsstörungen: Im VEB Gubener Wolle Werk II, [Bezirk] Cottbus, brach ein Kurbelwellenbolzen der Dampfturbine. Dadurch entstand ein Schaden von 30 000 DM.
Am 25.3.1954 entgleisten auf dem Bahnhof Neustrelitz-Alt,9 [Bezirk] Neubrandenburg, fünf Güterwagen, welche für die Sowjetarmee fuhren. In drei Wagen befand sich Mannschaft und in zwei Wagen Munition. Personenschaden entstand nicht. Ursache: Falsche Weichenstellung – Schaden: ca. 8 000 DM. Der Zugverkehr wurde nicht behindert.
Unzufriedenheit besteht unter Arbeitern einzelner Betriebe über Normenfragen und ungenügende Bereitstellung von Ferienplätzen des FDGB.
In der Schiffswerft Fürstenberg, [Bezirk] Frankfurt/Oder, sind die Kollegen über die Lohnabrechnung unzufrieden. Der Grund dafür liegt darin, dass die Normen nicht genau bestimmt sind.
Auf einigen Baustellen der VEB Bau-Union Schwerin treten verstärkt Diskussionen gegen die Normen auf und es wird ein guter Stunden-(Zeit)lohn gefordert.
In der Abteilung Projektierungsmontage des VEB Sachsenwerk Niedersedlitz, [Bezirk] Dresden, diskutieren einige Kollegen negativ über die Verteilung der Ferienplätze. Ein Kollege sagte: »Für 1 000 Kollegen aus dem Westen werden Ferienplätze gegeben, nur damit die gut über uns reden, wir dagegen bekommen keine. Man müsste keine Beiträge mehr bezahlen.«
Erkrankungen: Im VEB Kodak Berlin-Köpenick erkrankten 130 Personen nach der Einnahme des Mittagessens an Durchfall.
Im RFT Werk II Berlin erkrankten am 25.3.1954 20 Kollegen ebenfalls nach der Einnahme des Mittagessens an Durchfall.
Im VEB Ogema (Likörfabrik) Grüneberg,10 [Bezirk] Potsdam, wurde festgestellt, dass täglich aus ca. 20 000 Eiern das Eiweiß weggegossen wird. Laut Mitteilung des technischen Leiters wurde bereits 1953 täglich 150 bis 200 kg Eiweiß weggegossen, da trotz mehrmaliger Anfragen in Betrieben in Berlin, Potsdam und Dresden niemand für das Eiweiß Verwendung hatte. Der VEB stellt Eierlikör her und benötigt dazu nur das Eigelb. Im ersten Quartal 1954 wurden bis jetzt 577 000 Eier verarbeitet, davon allein im März 1954 300 000. Im 2. Quartal wird sich die Anzahl noch bedeutend erhöhen. Zur Verarbeitung des Eiweißes müsste ein Sprühverfahren in Anwendung kommen, wozu eine Trockenkammer und ein Düsensprühapparat vorhanden sein müssten. Der Rat des Kreises Gransee, ein Angestellter der Hauptverwaltung Genussmittel, sowie der 1. Sekretär der SED-Kreisleitung Gransee haben von dieser Angelegenheit Kenntnis.
Handel und Versorgung
Im Bezirk Schwerin, besonders in den Kreisen Hagenow, Ludwigslust und Perleberg, lagern schon einige Zeit größere Mengen an Schmalz und Speck, die nicht verteilt werden können. Da die Lagerräume unzureichend sind, können diese Bestände in kurzer Zeit verderben.
Die Konsumgenossenschaft Karl-Marx-Stadt erhielt in den letzten Tagen Fleischkonserven (Eisbein), deren Verbrauchstermin Ende Februar 1954 war. Gleichzeitig wurden von der Importgesellschaft Klebestreifen mit der Aufschrift übersandt, dass die Konserven bis März 1954 verkauft werden können. Da die Verteilung der Waren an die Verkaufsstellen wiederum einige Zeit in Anspruch nimmt, gelangt die Ware zu einem Zeitpunkt an die Verbraucher, wo die Konserven verdorben sein können.
Warenmangel wegen schlechter Verteilung wird aus einigen Landkreisen bekannt. So fehlen im Kreis Parchim, [Bezirk] Schwerin, Regenmäntel und Gummistiefel, in einigen Gemeinden des Kreises Pritzwalk, [Bezirk] Potsdam, mangelt es an Fischkonserven und Fischwaren. Im Kreis Pößneck, [Bezirk] Gera, mangelt es an Frischfleisch und Fischwaren sowie an Textilien, Bettwäsche, Säuglingswäsche. Im Bezirk Halle bestehen weiterhin Schwierigkeiten in der Versorgung mit Bettwäsche, Hand- und Geschirrtüchern.
Landwirtschaft
Unter der Landbevölkerung wird nur vereinzelt zu politischen Tagesfragen Stellung genommen. Mehr wird über wirtschaftliche Probleme diskutiert. Immer wieder wird über eine unzureichende Düngemittelzuteilung geklagt. Zum Beispiel konnte im Kreis Bützow, [Bezirk] Schwerin, die Kunstdüngerversorgung nur zu 70 Prozent durchgeführt werden. Der Rest soll erst im Juli geliefert werden. Den Zeitpunkt finden aber die Bauern viel zu spät.
Im Kreis Pritzwalk, [Bezirk] Potsdam, erhielt die BHG Nettelbeck von dem angeforderten Phosphordünger nur 40 Prozent geliefert. Darüber herrscht Verärgerung unter den Bauern.
Über eine unzureichende Düngemittelzuteilung wird in verschiedenen Kreisen des Bezirkes Karl-Marx-Stadt geklagt und aus diesem Grunde kommt es zu Äußerungen, wie zum Beispiel: »Die Regierung soll erst einmal den Düngekalk für die Felder sicherstellen, ehe Häuser gebaut werden.«
Schwierigkeiten in der Futterbeschaffung (für die Schweinemast) bestehen im VEG Groß Vielen, [Bezirk] Neubrandenburg, und in einigen Kreisen des Bezirkes Karl-Marx-Stadt.
Vereinzelt fehlt es noch an Pflanzkartoffeln in den Bezirken Frankfurt und Magdeburg. So z. B. im Kreis Burg nach vorläufiger Schätzung 5 000 dz.
Verschiedentlich wird von der Landbevölkerung gefordert, dass noch mehr gegen die Krähenplage unternommen wird. Zum Beispiel mussten im Kreis Riesa, [Bezirk] Dresden, größere Flächen zweimal besät werden.
Zu Ehren des IV. Parteitages kommt es auch unter der Landbevölkerung zu Verpflichtungen. Ein werktätiger Bauer aus Gersdorf, [Bezirk] Dresden, verpflichtete sich, 6 Ztr. Schweinefleisch und 700 kg Rindfleisch für den freien Verkauf abzugeben. Im VEG Quetzdölsdorf,11 [Bezirk] Halle, haben zehn Brigaden Selbstverpflichtungen übernommen, die eine bessere Produktion und Senkung der Selbstkosten zum Inhalt haben.
Von den LPG und MTS
In der MTS des Kreises Bützow, [Bezirk] Schwerin, fehlen noch immer Gummireifen für Traktoren. Die LPG des Kreises Parchim, [Bezirk] Schwerin, kann ihre Schweinezucht nicht erhöhen, weil es an Stallungen fehlt. Der Rat des Kreises ist schon lange unterrichtet, hat aber bisher noch nichts getan.
Negative bzw. feindliche Stimmen wurden nur vereinzelt bekannt. Sie beinhalten meist Hetze gegen unsere Regierung. Ein Großbauer aus Elsnig, [Bezirk] Leipzig, äußerte gegenüber einem Genossen: »Na es wird nicht mehr lange dauern und wir treten euch mal auf dem Kopf herum.« Ein Mittelbauer aus Jahnshausen,12 [Bezirk] Leipzig: »Es wird auch wieder einmal anders kommen und wir bekommen dann wieder unsere freie Wirtschaft.«
Ein Bauer aus Vanselow, [Bezirk] Neubrandenburg: »Ich bin früher kein Großbauer gewesen, sondern nur eine Wirtschaft mit ca. 20 ha. Wir wussten aber, dass sie uns gehört. Jetzt sind wir aber nur Arbeiter auf unserer Wirtschaft.« Ein Bauer aus Steindamm, [Bezirk] Neubrandenburg: »Jetzt kommt es bald anders, dann sollen sich die Bauern der LPG aber in acht nehmen. Die werden sich wundern, wie es ihnen ergehen wird.«
Aus den Bezirken Neubrandenburg und Frankfurt wird berichtet, dass in den Kreisen der Umsiedler verschiedentlich gegen die Oder-Neiße-Grenze gehetzt wird. So äußerte ein Umsiedler aus Kerstenbruch, [Bezirk] Frankfurt: »Ich kann mich mit der Oder-Neiße-Friedensgrenze nicht einverstanden erklären und hoffe, dass ich wieder in meine alte Heimat zurückkehren kann. Mir ist vor allen Dingen unverständlich, dass drüben alles abgerissen wird und wir hier in so engen Wohnverhältnissen leben müssen.« Ein Neubürger13 aus Vanselow, [Bezirk] Neubrandenburg: »Mit der Oder-Neiße-Grenze bin ich nicht einverstanden. Warum habe ich keine Entschädigung erhalten für meinen Besitz, den ich durch die Umsiedlung verloren habe. Es sieht praktisch so aus, dass wir Umsiedler den Krieg bezahlen müssen.«
Übrige Bevölkerung
Im Mittelpunkt der Diskussionen stehen wirtschaftliche und persönliche Belange. Aufgrund des bevorstehenden IV. Parteitages nehmen die Diskussionen der Bevölkerung über eine Verbesserung der Lebenslage im geringen Maße zu (Preissenkung der HO, Abschaffung der Lebensmittelkarten). In einer Konsumverkaufsstelle in Wittenberg, [Bezirk] Halle, wird von Hausfrauen über die erwartende [sic!] Preissenkung diskutiert, in der Form, dass die Regierung doch keine Reparationen an die Sowjetunion mehr zu leisten braucht,14 deshalb wäre es möglich. Vor allem erwartet man eine Senkung der Fleischpreise.
Eine Fleischermeisterin aus Wurzen, [Bezirk] Leipzig, erklärte zu Kunden: »Ab 1.5.1954 brauchen wir keine Lebensmittelkarten mehr zu kleben, weil sie wegfallen. Ebenfalls erfolgt noch im Mai eine große HO-Preissenkung. Es wird höchste Zeit, denn in Westdeutschland gibt es schon lange keine Lebensmittelkarten mehr.15 (Nach ihren Angaben soll auf einer Versammlung der Fleischer davon gesprochen worden sein. [sic!])«
Einige Beispiele zu wirtschaftlichen und persönlichen Belangen: Die Leiterin des Wohnungsamtes in Rathenow, [Bezirk] Potsdam (Mitglied der SED), äußerte zu einer parteilosen Arbeiterin: »Sind sie als Kollegin auch organisiert? – Diejenigen, welche sich gesellschaftlich beteiligen, werden bevorzugt.« Die Kollegin sagte, sie würde sich beim Präsidenten beschweren, Leiterin des Wohnungsamtes: »Sie brauchen sich die Mühe nicht zu machen, denn das kommt doch zu mir zurück.«
Ein Arbeiter aus Rostock äußerte: »Wir bekommen von Westdeutschland keinen Kaffee mehr, da die DDR die alten Rechnungen noch nicht bezahlt hat. Wir haben aber selber Schuld, wenn Westdeutschland uns nichts mehr liefert.«16
Eine Hausfrau aus Gielow, [Bezirk] Neubrandenburg, äußerte: »Geht mir mit der Politik aus dem Wege. Wenn man drüben in Westdeutschland viel Geld hat, kann man viel kaufen und genau dasselbe ist bei uns.«
Vereinzelt wurden uns negative Meinungsäußerungen bekannt:
Ein Schuhmacher aus Frohburg, [Bezirk] Leipzig (Umsiedler), äußerte sich: »Lieber heute als morgen wieder Krieg, damit wir Umsiedler so schnell wie möglich wieder nach Hause können.«
Ein Angestellter aus Karl-Marx-Stadt erklärte: »Warum brauchen wir die Wismut, wir haben ja sowieso nichts davon. Es wird doch alles weggeschafft. Die Arbeitslosen in Westdeutschland leben besser wie ein Arbeiter bei uns. Überhaupt kann ein Arbeiter in einem kapitalistischen Land besser leben wie bei [uns].«
Ein Pfarrer aus Blankenburg, [Bezirk] Gera, verbietet den Kindern, Aufsätze über die Viererkonferenz17 zu schreiben und am Fasching teilzunehmen. 14 Kinder wurden aus dem Religionsunterricht ausgeschlossen. Die Gründe sind vermutlich wegen Beteiligung am Kindermaskenball und Schreiben von Aufsätzen über die Viererkonferenz.
Ein Pfarrer aus Kessin, [Bezirk] Rostock, verteilte an Jugendliche seiner Gemeinde Bücher mit faschistischem Inhalt.
Stimmen der Bevölkerung zur Erklärung der Regierung der UdSSR vom 25.3.1954: Die uns bekannt gewordenen Stimmen sind meist positiv.18
Ein Angestellter aus Großenhain, [Bezirk] Dresden, sagte: »Die Regierungserklärung der SU ist ein erneuter Beweis der Freundschaft. Man sieht immer wieder, wie die SU alles tut, um uns in der DDR Erleichterungen zu schaffen. Durch die Regierungserklärung werden wir wieder tausende Freunde für unsere Sache gewinnen.« Ein Angestellter aus Sebnitz, [Bezirk] Dresden: »Durch diese Erklärung der SU werden alle Feindargumente zerschlagen. Dadurch werden auch die westdeutschen Friedenskräfte in ihrem Kampf unterstützt.«
Aus dem Bezirk Suhl wird uns mitgeteilt, dass nach inoffiziellen Berichten in den CDU-Kreisen der Standpunkt vertreten wird, dass nach dem vorgeschlagenen Statut der SED auch ein christlicher Jugendverband in der DDR zugelassen wird, wenn die SED das Vorrecht in Anspruch nehmen will, dass die FDJ ihre Kaderschule sei. Dann müssen die Mitglieder der CDU, die noch in der FDJ sind, selbst ihre Jugendorganisation schaffen.19
Organisierte Feindtätigkeit
Hetzschriften des SPD-Ostbüro:20 Potsdam 5 700, Suhl 1 000, Karl-Marx-Stadt 500, Dresden 60, Gera 40, Erfurt 14, Halle 10. Inhalt: Hetze gegen den Genossen Molotow,21 gegen Regierung der DDR, »langsam arbeiten«, »freie Wahlen«.
Hetzschriften der NTS:22 Neubrandenburg 1 000, Frankfurt 820, Potsdam 236, Dresden 104, Karl-Marx-Stadt 14. Inhalt: Hetze gegen die SU, Aufforderung zur Desertion.23
Hetzschriften der KgU:24 Potsdam 4 020, Neubrandenburg 1 000, Karl-Marx-Stadt 27. Inhalt: Hetze gegen Genossen Molotow, Regierung der DDR, »langsam arbeiten«.
Hetzschriften des CDU-Ostbüro: Potsdam 14 000. Inhalt: Hetze gegen Viermächtekonferenz.
Im Bezirk Erfurt wurden drei Flugblätter »Der Aktionsgemeinschaft der FDJ«25 gefunden. Inhalt: Hetze gegen die Deutsch-Sowjetische Freundschaft. Der überwiegende Teil der aufgeführten Hetzschriften wurden mit Ballons eingeschleust.
Folgende Hetzbriefe wurden sichergestellt:
Im Bezirk Magdeburg einige der »SED-Opposition«.26 Inhalt: Hetze gegen die SED.
Im Bezirk Halle 100 Hetzbriefe des DGB. – Inhalt: Hetzschriften mit der Überschrift: »Die Wahrheit von A bis Z.«27
Im Bezirk Halle 50 und im Bezirk Dresden 1, vom UFJ28 – Inhalt: Hetze gegen SfS, LPG, MTS. Im Bezirk Halle 15, Potsdam 3, Frankfurt 2 Hetzbriefe der KgU.
Antidemokratische Schmierereien
Im VEB Stahlgießerei Karl-Marx-Stadt wurde eine Hetzparole mit dem Inhalt: »Tod dem Molotow« aufgefunden.
Im Kali-Werk »Marx-Engels« im Unterbreizbach, [Bezirk] Suhl, wurde an einem Förderwagen folgende Hetzparole geschmiert: »Kumpels! Besucht nicht den Film« (im Werk wird der »Ernst Thälmann«29-Film gespielt).30
Wie erst jetzt gemeldet, sind am 5.3.1954 in der LPG Reichstädt, [Kreis] Gera, fünf der besten Zuchtkälber von unbekannten Tätern mit Arsen vergiftet worden.
Am 23.3.1954 wurde in zwei Benzinkanister von zwei Kraftfahrzeugen der HO Lebensmittel Mühlhausen, [Bezirk] Erfurt, von unbekannten Tätern Wasser gegossen.
Vermutliche Feindtätigkeit
Am 26.3.1954 brannte im MTS-Stützpunkt Kleinradmeritz,31 [Bezirk] Dresden, ein IFA-Raupenschlepper, der sich in einem verschlossenen Schuppen befand. Es handelt sich vermutlich um einen Diversionsakt.
Einschätzung
Das Interesse am IV. Parteitag der SED und auch die von den Werktätigen zu Ehren des Parteitages eingegangenen Verpflichtungen nehmen weiterhin zu. Dabei wird weniger über die Aufgaben des Kampfes um den Frieden, um die nationale Einheit diskutiert, sondern man erwartet hauptsächlich Beschlüsse für die weitere Verbesserung der Lebenslage der Bevölkerung.
Zur Erklärung der Sowjetregierung über die Beziehungen zwischen der SU und der DDR sind die Meinungen erst im geringen Umfang, aber überwiegend positiv bekannt geworden. Zu den verschiedenen Fragen sind feindliche und negative Diskussionen im verhältnismäßig geringen Umfang zu verzeichnen.
Anlage 1 (o. D.) zum Informationsdienst Nr. 2165
Tätigkeit der Westsender
RIAS: Sendung für die Landbevölkerung32
Während unsere Partei sich zur Aufgabe stellt, die politische Massenarbeit auf dem Lande weitgehendst [sic!] zu verbessern, versucht der RIAS mit seinen Sendungen das Vertrauen der Landbevölkerung zur Partei zu untergraben und darüber hinaus, Unruhe unter der Landbevölkerung zu schaffen. Das zeigt u. a. deutlich die Sendung »Für die Landbevölkerung« vom 17.3.1954. Darin wird zum Ausdruck gebracht, die SED habe ein weit verzweigtes Netz von Spitzeln, das aber aufgrund des geringen Vertrauens der Bevölkerung zur Partei nicht mehr genügt. Die Partei sei deshalb gezwungen, Spitzelbrigaden zu bilden. In dieser Sendung heißt es u. a.: »Die Tätigkeit dieser Spitzel genügt der Partei nicht mehr. Die SED hat sich nämlich wohl oder übel mit den Tatsachen vertraut machen müssen, dass nicht einzelne Agenten oder einzelne Verschwörer ihr feindlich gegenüberstehen, sondern die Masse der Bevölkerung. Sie muss – um es bildlich auszudrücken – das Netz tiefer legen, sie muss weiter ausgreifen, in ihren Erkundigungen und dazu ist die SED jetzt offensichtlich entschlossen.«
Um also die Bevölkerung zu beunruhigen werden in der Sendung Auszüge aus einer angeblichen Arbeitsanweisung an die sogenannten Spitzelbrigaden gebracht. Die Aufgaben sollen angeblich darin bestehen, zu untersuchen, wie die Klassenstruktur auf dem Lande ist, wie die Vereinigung der KPD und SPD 1946 erfolgte, was die Mitglieder der ehemaligen faschistischen und militaristischen Organisationen (Landbund,33 Reichsnährstand,34 Stahlhelm35) heute auf dem Lande tun und wie sich die Umsiedler verhalten. Soweit also die angeblichen Aufgaben der sogenannten Spitzelbrigaden, die die Arbeitsanweisung enthalten soll.36
Hier ein wörtlicher Auszug aus der »Arbeitsanweisung«: »Diese ganzen Untersuchungen müssen zu konkreten Schlussfolgerungen führen. Vor allem werden wir bei der Auswertung der Analyse erkennen, wo die Schwerpunkte in unserer kommenden Arbeit liegen müssen. Jedes Dorf wird jetzt wie ein aufgeschlagenes Buch vor uns liegen und wir werden darin lesen können, wie wir unsere Arbeit verbessern müssen. Mit dieser Untersuchung vom Klassenstandpunkt aus unterstützen uns zuerst auch die Genossen aus den Parteiorganisationen im Dorf und die Mitglieder unserer Partei, die in der Industrie arbeiten und auf dem Dorf wohnen. Das wird aber nicht genügen, denn oft sehen die Genossen die Dinge nicht richtig und sind in irgendeiner Form voreingenommen. Darum wenden wir uns in unseren Gesprächen auch an parteilose Landarbeiter und werktätige Bauern, denn sie stehen uns aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage am nächsten.«
Dass der RIAS mit dieser Sendung, in der er sich speziell an die Landbevölkerung wendet, beabsichtigt, unsere Partei von der Bevölkerung zu isolieren und dadurch die Durchführung unserer Aufgaben auf dem Lande zu erschweren, geht aus den abschließenden Worten der Sendung hervor: »Wir hielten es also als unsere Pflicht, liebe Hörer in den Dörfern der Zone, sie über diese Projekte der SED zu unterrichten. Jedes Mitglied der SED ist von vornherein verdächtig, an diesem groß und systematisch aufgezwungenen Unternehmen mitzuwirken. Jedem Mitglied der SED gegenüber muss man also von nun an erhöhte Vorsicht üben.«
Anlage 2 (o. D.) zum Informationsdienst Nr. 2165
Feindpropaganda gegen das ZK zum IV. Parteitag
Vom FDP-Ostbüro37 werden laufend Hetzschriften, unterzeichnet mit: »SED-Opposition« als Rundschreiben an Kreisleitungen, der BPO und Mitglieder der SED, versandt. Diese Hetzschriften sind so raffiniert abgefasst, dass ideologisch schwache Genossen von dieser parteifeindlichen Argumentation, die sich im Wesentlichen gegen die Parteilinie, das Polit-Büro und ZK richtet, beeinflusst werden können. Die Gefährlichkeit dieser Hetzschrift besteht u. a. auch darin, dass sie bei einigen Genossen durchaus den Eindruck erwecken kann, als bestände tatsächlich eine »SED-Opposition«, zumal durch eine geschickte Schreibweise die Sorge um eine erfolgreiche Politik der Partei vorgetäuscht wird. Ausgehend von dem bevorstehenden IV. Parteitag der SED, wird im »3. Rundschreiben« über die Politik der Partei zwischen dem III. und IV. Parteitag unter anderem geschrieben: »Diese falsche Politik der Partei führte nicht nur zum völligen Verlust des Vertrauens der werktätigen Massen zur Partei, sondern zu den Ereignissen der Tage des 17.6.1953, die den Bestand unserer Partei und Republik infrage gestellt hätten, wenn nicht die sowjetische Armee eingegriffen und Ruhe und Ordnung wieder hergestellt hätte.« Damit begründet man auch die angebliche »ideologische Spaltung« und das angebliche Bestehen einer »SED-Opposition«. Als Beweis werden Zaisser,38 Herrnstadt39 u. a. angeführt. In diesem Zusammenhang heißt es: »Der Parteitag muss beschließen, die Genossen Zaisser, Herrnstadt, Ackermann,40 Elli Schmidt41 und Jendretzky42 unter Aufhebung des statutenwidrigen Beschlusses des Polit-Büros und ZK43 anzuhören und dann erst die für die Partei notwendigen Entscheidungen zu treffen.« Damit soll unzweifelhaft diesen parteifeindlichen Elementen (Zaisser – Herrnstadt) Gelegenheit gegeben werden, ihre Plattform in den Reihen der Partei offen zu vertreten. Mit anderen Worten, die Einheit und Reinheit der Partei aufzuheben.
Weiterhin wird in dieser Hetzschrift dahingehend geschrieben, dass die Partei zugunsten des Kampfes um die Einheit Deutschlands vom planmäßigen Aufbau des Sozialismus abgehen müsse.44 Um Verbündete im Kampf um die Einheit Deutschlands zu gewinnen, müsse nach Ansicht dieser Agentur:45 »Mit der Kollektivierung und Benachteiligung eines Teiles der Bauernschaft gegenüber der LPG Schluss gemacht werden. … Alle Beschränkungen der Entfaltung des Privathandels, der Privatunternehmer und des -Handwerks sofort aufgehoben werden.« Zum Schluss heißt es in einem Aufruf: »Der Parteitag hat die Aufgabe, ein neues ZK in geheimer Wahl zu wählen. Das alte ZK und Polit-Büro unter Führung des 1. Sekretärs Walter Ulbricht46 hat sich der Situation und den Aufgaben nicht gewachsen gezeigt. Es hat nicht verstanden, die tiefen Weisheiten des Marxismus-Leninismus, entsprechend den konkreten Verhältnissen in der Praxis richtig anzuwenden.«… Die Agentur erstrebt mit diesen Hetzschriften die Untergrabung des Vertrauens zur Parteiführung, die Schwächung und Spaltung der Partei.
Das 4. Rundschreiben der sogenannten SED-Opposition wendet sich gegen die hauptsächlichsten Punkte des Entwurfes des neuen Parteistatutes.47 Damit soll erreicht werden, dass auf dem IV. Parteitag Diskussionen entfacht werden, die das Ziel der Partei, den planmäßigen Aufbau des Sozialismus, verhindern. Weiterhin will man die Einheit Deutschlands um jeden Preis erreichen. Wobei man in der Endkonsequenz den Kapitalismus restaurieren will. In dem 4. Rundschreiben der sogenannten SED-Opposition wird folgende Formulierung für das neue Parteistatut vorgeschlagen: »… Die Partei führt die Werktätigen in ganz Deutschland im Kampf um die demokratische Einheit Deutschlands bis zur Erreichung dieses Zieles. Der Kampf um die demokratische Einheit Deutschlands ist nach wie vor das Hauptetappenziel der Partei.« Bezeichnend ist weiter der Satz: »… Aufbau des Sozialismus … würde bedeuten, die systematische Liquidierung des Privateigentums an Produktionsmitteln in der DDR. … Mit dieser Politik ignorieren wir aber nicht nur unsere Hauptetappenzielstellung, den Kampf um die demokratische Einheit Deutschlands, sondern beginnen wiederum mit derselben Politik, die zu den Ereignissen des 17.6.1953 geführt haben.«
Weiterhin wird in diesem sogenannten 4. Rundschreiben der »SED-Opposition« gefordert, den 3. Satz im 4. Abschnitt herauszunehmen. Dieser Satz besagt, dass die rechten SPD-Führer gegen die Einheit der Arbeiterklasse, gegen die Entmachtung der Junker, Imperialisten und Militaristen und gegen die Errichtung der Macht der Werktätigen sind.48 Zu diesem Satz wird in dem Rundschreiben der sogenannten SED-Opposition wie folgt Stellung genommen: »Dieser Satz ist ein großer Selbstbetrug oder eine Lüge«. Als Beweis dafür bringt man die Stimmenzunahme der SPD in Westdeutschland, 1946 = 4 Mio. und 1953 = 9 Mio.49
Als Erweiterung der Pflichten der Parteimitglieder wird in dem sogenannten Rundschreiben der »SED-Opposition« Folgendes vorgeschlagen: »… ehrliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Politik der Partei und der Beschlüsse der vorgesetzten Leitung offen vorzutragen …«. Diese Erweiterung soll das Ziel haben, dass eine Lähmung der Parteiarbeit eintritt. Darüber hinaus soll das Vertrauen zum ZK und den leitenden Genossen in Partei und Regierung untergraben werden. Weiter wollen sie erreichen, dass alle Beschlüsse des ZK und des Polit-Büros angezweifelt werden. Dies würde sich in der Durchführung der Beschlüsse hemmend auswirken. Hierzu noch einen Auszug aus dem sogenannten 4. Rundschreiben der »SED-Opposition«. »Wir sind nicht damit einverstanden, dass die Macht des Polit-Büros und des Sekretariats des ZK praktisch noch verstärkt wird, nachdem insbesondere die falsche Politik des Polit-Büros sowie des Sekretariats des ZK zu den Ereignissen des 17.6.1953 geführt haben«.
Anlage 3 (o. D.) zum Informationsdienst Nr. 2165
SPD-Ostbüro: »Freie Wahlen« und »Widerstand«
Das Ostbüro des SPD verbreitet die Hetzschrift »Pankows Terrorregime wird stürzen!«50
Ziel dieser Schrift ist, mit wüster Hetze, wobei die DDR als »volksfremdes Terrorregime« dargestellt wird, die Bevölkerung gegen Partei und Regierung zu beeinflussen. Dabei versucht man u. a. mit Lügen über den Charakter des faschistischen Putsches vom 17. Juni [1953],51 der als »Arbeiteraufstand« bezeichnet wird, zu beweisen, dass Partei und Regierung von der Bevölkerung der DDR abgelehnt würde. So wird versucht, die Forderung für sogenannte freie Wahlen im westlichen Sinne zu popularisieren. Dies würde nach der Schreibweise der SPD bedeuten »Vernichtung des SED-Staates«. Wobei die DDR als »einziges Hindernis« für die Einheit Deutschlands bezeichnet wird. Deshalb, so schreibt das Ostbüro der SPD, »müssen alle Kräfte darauf konzentriert werden, dem SED-Regime die letzten Stützen zu nehmen«. Damit versucht diese Agentur, die Bevölkerung, besonders die Arbeiter und Bauern, für den »Widerstand« gegen die Partei und die Regierung der DDR zu gewinnen. Gleichzeitig werden die Arbeiter aufgefordert, sich mit nachstehenden Feindmethoden gegen Partei und Regierung zu wenden. Wörtlich heißt es: »…, dass bereits heute in den Sowjetzonenbetrieben die Arbeiter jede SED-Versammlung boykottieren, die Beitragszahlungen verweigern und durch systematisches Langsamarbeiten dem Pankower Regime die letzte materielle Grundlage zerstören. Wo ein Fernbleiben von den SED-Versammlungen nicht möglich ist, dort wird durch Nichtteilnahme an der Diskussion der Widerstand wirksam.« In diesem Zusammenhange weist das Ostbüro darauf hin, nicht durch Unbesonnenheit, die zu Verhaftungen führen könnte, die »Kräfte des Widerstandes« zu schwächen.