Zur Beurteilung der Situation
7. Juli 1954
Informationsdienst Nr. 2254 zur Beurteilung der Situation
Die Lage in Industrie, Verkehr, Handel und Landwirtschaft
Industrie und Verkehr
Über politische Tagesfragen wird wenig diskutiert. Zur Volksbefragung1 wurden nur noch ganz vereinzelt Stimmen bekannt; diese sind positiv. Darin bringt man zum Ausdruck, dass man nicht verstehen kann, dass es in der DDR noch Menschen gibt, die für den EVG-Vertrag2 gestimmt haben. Ein Arbeiter aus der Maxhütte Unterwellenborn, [Bezirk] Gera: »Ich kann die Menschen nicht verstehen, die ihre Stimme für den EVG-Vertrag gegeben haben. Gerade die Dresdner, wo eine große Anzahl für die EVG gestimmt hat, haben den letzten Krieg doch am meisten gespürt und doch haben so viele ihre Stimme für den Krieg gegeben.«
Ein Arbeiter aus der Volkswerft »Ernst Thälmann« in Brandenburg, [Bezirk] Potsdam: »Ich war überrascht, dass so viele für die EVG gestimmt haben, was sollen die Kollegen in Westdeutschland von uns denken? Wir in der Schlosserei lehnen den Krieg ab, weil wir den Frieden und den Wohlstand unseres Volkes wollen.«
Teilweise wird über die Fußballweltmeisterschaft in Genf diskutiert.3 Verschiedentlich wird behauptet, dass unsere Presse und der Rundfunk die Leistungen der westdeutschen Mannschaft zu wenig herausgestellt habe. Ein Angestellter aus einem VEB aus Karl-Marx-Stadt: »Der Artikel im ›Vorwärts‹ entspricht nicht dem Spiel.4 Diesen Artikel werde ich nach Westdeutschland schicken, damit sie auch drüben sehen, dass die DDR für die westdeutsche Mannschaft nichts übrig hat.« Ein Arbeiter aus dem VEB Stahlgießerei Karl-Marx-Stadt (parteilos): »Was die Zeitung schreibt, ist mir egal. Die Hauptsache ist, dass die Ungarn verspielt haben.«
Ein Arbeiter aus den Rathenower Optischen Werken, [Bezirk] Potsdam: »Wenn eine Mannschaft gewinnt und in diesem Falle eine westdeutsche, da muss man die Leistungen beurteilen. Wir wollen doch ein einheitliches Deutschland und der Sport hilft uns bei der Wiedervereinigung sehr viel. Wenn es aber in der Zeitung so ausgelegt wird, dass es kein Sieg zum Gratulieren ist, dann werden viele Sportanhänger vor den Kopf gestoßen.«
Produktionsschwierigkeiten entstanden in einigen Betrieben wegen Material- und Arbeitskräftemangel.
In der Autoreparaturwerkstatt Berlin-Pankow konnten aufgrund von Materialschwierigkeiten 80 bis 90 Maschinen nicht fertiggestellt und der Auslieferungstermin nicht eingehalten werden. Bei den fehlenden Materialien handelt es sich um Kurbelwellen, Schaltsätze und Spurstangen für Pkw FH und FS.
In den Verkehrsbetrieben der Stadt Plauen, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, ist ein großer Mangel an Autoreifen der Größe 12/22 für solche Omnibusse, welche den Berufsverkehr und die Interzonenfahrten aufrechterhalten. Trotz mehrmaliger Rücksprache mit der Generaldirektion in Berlin hat sich dieser Zustand noch nicht geändert. Ein Fahrmeister, Mitglied der SED, sagte hierzu: »Wenn nicht sofort Abhilfe geschaffen wird, ist die Beförderung der Arbeiter und der Interzonenreisenden gefährdet. Es sind jetzt sechs Omnibusse, welche nicht im Besitz von Reservereifen sind. Zwei davon fahren bereits mit sehr schlechten Reifen.«
Aus den Verkehrsbetrieben Zeulenroda, [Bezirk] Gera, wird uns bekannt, dass von 22 Fahrzeugen 14 für den Verkehr ausgefallen sind, da es an Zylinderköpfen fehlt (MAG5-Fahrzeuge).
In der Textima Neugersdorf, [Bezirk] Dresden, soll ein Teil des Werkes stillgelegt werden, da es an bestimmten Materialien fehlt. Das bedeutet einen Verlust von 10 000 DM für das Werk. Die gleiche Situation war bereits im Dezember vorigen Jahres zu verzeichnen, wo eine Abteilung drei Wochen stillstand.
Im VEB Schlachthof Meißen, [Bezirk] Dresden, müssen 13 Beschäftigte entlassen werden, da kein Vieh mehr vorhanden ist.
Im VEB Fritz-Heckert-Werk in Karl-Marx-Stadt fehlen 70 Facharbeiter (Dreher und Fräser).
Im Kunstseidenwerk Premnitz fehlen 70 bis 80 Arbeiter. Das Fehlen dieser Arbeitskräfte wirkt sich auf die Planerfüllung aus.
Vom Thomas-Müntzer-Schacht Sangerhausen, [Bezirk] Halle, wird mitgeteilt, dass nach Auszahlung der Treueprämien am »Tag des Bergmannes«>6 viele Kumpel aus der Förderung den Schacht verlassen wollten. Die Begründung dafür sei, dass man die Fördergruppe nur nach der Lohngruppe II bezahlt.
Unter den Arbeitern im VEB Simson Suhl7 herrscht schlechte Stimmung wegen der Nachtschicht. Viele Arbeiter äußern sich dahingehend, dass ihre Nachtschicht gerade in der Spitzenzeit anläuft, wo von Stromeinsparungen gesprochen wird und andererseits die Maschinen laufen, die das Stromnetz gerade in dieser Zeit überlasten. Weiter bringt man zum Ausdruck, dass in anderen Betrieben in Suhl nur Spätschicht gearbeitet wird. Aus diesem Grunde macht sich eine Fluktuation von Arbeitern aus diesem Betrieb bemerkbar.
Handel und Versorgung
Immer wieder wird über eine ungenügende Warenbereitstellung geklagt. So z. B. wurde im Bezirk Dresden in den Kreisen der Kraftfahrer bemängelt, dass es nicht genügend Ersatzteile, besonders für die Maschine »AWAS« gibt.8 Auch fehlt es an sechzehner Autoreifen. Im Kreis Merseburg, [Bezirk] Halle, ist das Angebot an Motorrädern zu gering. Im gleichen Kreis fehlt es an Bettwäsche, Tischwäsche, Taschentücher und Schürzenstoff. Im Bezirk Karl-Marx-Stadt ist ebenfalls das Angebot an Bett- und Tischwäsche ungenügend. (Im Wismutgebiet9 fehlt es an Zinkwaren. Außerdem besteht eine große Nachfrage nach Musikschränken.)
Verschiedentlich fehlt es an Lebens- und Genussmitteln. So z. B. im Bezirk Rostock an Maizena10 und Bohnenkaffee, im Bezirk Neubrandenburg an Nährmittel, im Kreis Jüterbog, [Bezirk] Potsdam, mangelt es an Rind- und Kalbfleisch und im Kreis Annaberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, ebenfalls an Rindfleisch.
Im Bezirk Schwerin klagt die Landbevölkerung über eine schlechte Belieferung mit Industriewaren und verschiedenen Lebensmitteln, wie z. B. mit Fischwaren. Im Kreis Perleberg besteht eine große Nachfrage nach Elektrogeräten, Waschmaschinen, Kartoffeldämpfern und Wassereimern.
Über einen Mangel an billigen Zigaretten berichten die Bezirke Karl-Marx-Stadt und Potsdam.
Ein Mangel an Personal im Handel besteht im Bezirk Gera, aus dem Grunde mussten im Kreis Jena bereits zwei Geschäfte geschlossen werden.
Landwirtschaft
Im Vergleich zu den Vortagen hat sich in der Stimmung der Landbevölkerung keine wesentliche Veränderung ergeben. Nur noch ganz vereinzelt wird über die Volksbefragung gesprochen. Im Bezirk Potsdam wird verschiedentlich bemängelt, dass die Ergebnisse der Volksabstimmung der einzelnen Gemeinden nicht bekannt gegeben werden. Zum Beispiel wurde in einer Belegschaftsversammlung des VEG Groß Langerwisch, [Bezirk] Potsdam, dem Wahlvorsteher die Frage gestellt, wie das Ergebnis der Gemeinde war. Darauf antwortete er: »Das darf ich nicht sagen, das ist geheim.« Daraufhin diskutieren jetzt die Kollegen, dass es wahrscheinlich bei der Stimmenauszählung nicht reell zugegangen ist.11
Über wirtschaftliche Probleme, die im Mittelpunkt des Interesse stehen, wurden nachfolgende Beispiele bekannt.
Der VEB Tierkörperverwertungsanstalt Seehausen,12 [Bezirk] Magdeburg, benötigt dringend zwei Fahrzeuge und zwei Autoklav-Kessel. Dadurch bleiben die Kadaver sechs Tage, mitunter noch länger, in den Gemeinden liegen, was zur Seuchenverbreitung führen kann. Zum anderen muss, durch das Fehlen der Autoklavkessel, Kadaver vergraben werden, wodurch wertvolles Eiweißkonzentrat, Fette und Knochen verloren gehen.13
Im Kreis Parchim, [Bezirk] Schwerin, beschweren sich Mitglieder der LPG Typ III,14 dass ihnen zwar genügend Gelder zum Bau von Ställen und Scheunen von der Regierung zur Verfügung gestellt werden, aber dass sie die notwendigen Baumaterialien nicht erhalten.15
Im Kreis Bautzen, [Bezirk] Dresden, können Bauvorhaben der BHG aufgrund des Mangels an Baumaterial (Ziegel und Holz) nicht ausgeführt werden. In diesem Zusammenhang äußerte ein Angestellter der HO Baustoffe: »Im Kalksteinwerk Bautzen geht der Absatz der Kalksteine so schleppend vor sich, dass die Produktion darunter leidet und in einem Monat 100 000 Kalksteine weniger hergestellt werden wie vorgesehen war.«
Im VEG Pesterwitz, [Bezirk] Dresden, ist die Durchführung der Hopfdarre16 nicht gewährleistet, weil für die Instandsetzung der dazu benötigten Gebäude keine Gelder zur Verfügung stehen. Außerdem macht sich der Bau einer Scheune notwendig, da zwei Scheunen abgebrannt sind. Der Leiter des Gutes hat sich deshalb schon mehrmals an die zuständigen Stellen gewandt, aber bisher ohne Erfolg.
Im ÖLB Groß Dölln, [Bezirk] Neubrandenburg, lassen sich Landarbeiter krankschreiben oder nahmen Urlaub, um Blaubeeren zu pflücken, die sie dann nach Westberlin zum Verkauf bringen.
Die MTS Putlitz, [Bezirk] Potsdam, ist durch die Einführung des Zwischenschichtsystems nicht ausgelastet. Es könnten noch ca. 800 ha zur Mahd angenommen werden.
Aus den Kreisen der Großbauern wurde Folgendes bekannt. Im Kreis Perleberg wird verschiedentlich von Großbauern die »freie Wirtschaft« gefordert, mit der Begründung, dass dadurch der Staat mehr Nutzen habe und sie viel freudiger ihre Arbeit durchführen würden. In der Gemeinde Glövzin, Kreis Perleberg, [Bezirk] Schwerin, sind Großbauern der Ansicht, dass der Staat sämtliche Rückstände in der Ablieferung der letzten Jahre streichen müsste, weil dadurch ihre Arbeitsfreudigkeit steigen würde.17
Über den Ausgang des Fußballweltmeister[schafts]spieles äußerte ein Großbauer aus Duben, [Bezirk] Cottbus: »Deutschland hat doch einmal wieder bewiesen, dass es in der Welt nicht zu schlagen ist. Ich habe im Rundfunk die Übertragung der Siegerehrung gehört und kam mir beim Spielen des Deutschlandliedes wie neu geboren vor, sodass mir vor Rührung die Tränen kamen. Ja, Westdeutschland ist noch das alte liebe Deutschland und unsere Zukunft.«
In der Gemeinde Rapshagen, [Bezirk] Potsdam, wurden der Betriebsleiter des Stiftsgutes und ein Traktorist wegen fahrlässiger Brandstiftung zu Gefängnisstrafen verurteilt. Aus diesem Grunde wurde von der Belegschaft eine Protestresolution verfasst, worin um die Freisprechung der beiden Genannten gebeten wird. Unterschrieben ist diese von 68 Personen, darunter vom Bürgermeister, vom Betriebsleiter des VEG sowie noch anderen Genossen.
Übrige Bevölkerung
Aus der übrigen Bevölkerung sind nur ganz vereinzelt Stimmen bekannt geworden, die sich mit wirtschaftlichen Fragen und Mängeln befassen, wobei negative Stimmung hervor[ge]rufen wird. Im Kreis Bad Salzungen, [Bezirk] Suhl, wird unter den Hausfrauen über die Preise von verschiedenen Gemüsesorten wie Blumenkohl, Erbsen, Möhren usw. negativ diskutiert. Mehrere Hausfrauen vertraten den Standpunkt, dass der Preis von 5,25 DM für 1 kg Erdbeeren erster Qualität viel zu hoch sei, zu diesem Preis könne sich ein Arbeiter keine Erdbeeren kaufen.
Von Karteiverteilern des Stadtbezirkes III in Dresden wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Ausgabe der Lebensmittelkarte »E« eine Verhöhnung sei.18 Tatsache ist, dass es auf der Karte nur ungefähr 100 g Fleisch und 60 g Fett mehr gibt als auf der Grundkarte. Ausgegeben wird diese Karte an den größten Teil der Angestellten. Ein großer Teil der Angestellten verzichtet darauf und nimmt weiterhin die Grundkarte. Seit dem Bekanntwerden der Kartoffeleinkellerungsmenge werden schon wieder laufend Klagen aus der Bevölkerung des Kreises Jüterbog, [Bezirk] Potsdam, laut, dass diese Höchstmenge nicht ausreicht. Es kommt in den Diskussionen zum Ausdruck, dass die Menge wohl für diejenigen zureicht, die am Werkküchenessen teilnehmen, aber für andere Bevölkerungsschichten nicht.
Zur Übertragung des Fußballweltmeisterschaftsspieles wurden folgende negative Beispiele bekannt: Nach der Übertragung des Spieles wurde in der Gaststätte Grimm in Henneberg, Kreis Meiningen, [Bezirk] Suhl, beim Abspielen des faschistischen Deutschlandliedes mitgesungen. Im Gasthaus waren ca. 15 Personen anwesend, in der Mehrzahl Jugendliche. In der Gaststätte »Hotel zur Post« in Sangerhausen, [Bezirk] Halle, hatte man die Übertragung des Spieles durch einen Westsender gehört. Nach beendigter Reportage wurde dann das Deutschlandlied gespielt, wobei einige Gäste mitsangen.
Organisierte Feindtätigkeit
Hetzschriftenverbreitung
SPD-Ostbüro:19 Karl-Marx-Stadt 105, Frankfurt 7 000, Gera 1 532, Wismutgebiet 19, Potsdam 20 000.
KgU:20 Neubrandenburg 50 000.
FDP-Ostbüro: Gera 7.
NTS:21 Neubrandenburg 13.
In tschechischer Sprache: Karl-Marx-Stadt 53.
Verschiedener Art: Frankfurt 20 000, Potsdam 12 000.
Die Hetzschriften wurden in den meisten Fällen sichergestellt und gelangten nicht in die Hände der Bevölkerung.
Antidemokratische Tätigkeit: Im VEB Heinrich Rau22 und im RAW Potsdam wurden Hetzlosungen gegen die SED und die Regierung der DDR festgestellt.
Diversion: Im VEB EVO Großröhrsdorf,23 Kreis Bischofswerda, [Bezirk] Dresden, wurde durch eine unbekannte Person der Wasserteich zum Kühlen der Generatoren abgelassen.24
In der MTS Bischdorf, Kreis Löbau, [Bezirk] Dresden, wurde der Reifen eines Mähbinders mit einem scharfen Gegenstand durchstochen.
Terror
Am 5.7.1954 wurde in Tonndorf, Kreis Weimar, [Bezirk] Erfurt, ein VP-Helfer von vier unbekannten Personen überfallen und ihm die Brieftasche mit u. a. dem Parteidokument gestohlen. (Diese Meldung wird noch überprüft).
In Pritzwalk, [Bezirk] Potsdam, wurde die Familie des Kreisarztes nachts dadurch beunruhigt, dass unbekannte Personen an das Fenster klopften, nachdem vor einigen Tagen erst nachts die Fensterscheibe eingeschlagen wurde.
Vermutliche Feindtätigkeit
Am 30.6.1954 wurde gegen 16.30 Uhr in der Lausitzer-Heide Buchberg, Kreis Kamenz, [Bezirk] Dresden, ein Brand festgestellt, in dessen Umkreis sich die Brandstäbchen mit der Aufschrift: »Anbrennen, schnell wegwerfen« befanden.25
Nachtrag: Am 6.7.1954 um 10.20 Uhr explodierte im VEB Gasag Berlin-Lichtenberg eine Sauerstoffflasche, wodurch ein Arbeiter schwer verletzt und ein Arbeiter leicht verletzt wurden. Schaden und Ursache noch nicht bekannt.
Anlage 1 vom 7. Juli 1954 zum Informationsdienst Nr. 2254
Handel und Versorgung
Nachfolgend ein paar Beispiele über bestehende Mängel und Schwierigkeiten im Sektor Handel und Versorgung.
Von der DHZ Maschinen- und Fahrzeugbau Berlin wird bemängelt, dass der VEB Industriewerke Ludwigsfelde erst am 8.6.1954 die Mitteilung machte, dass in diesem Jahr noch 6 000 Motor-Roller hergestellt werden sollen und dass dafür unter anderen auch 6 000 Satz diverser Werkzeuge benötigt werden. Die Lieferungstermine erstrecken sich vom 25.6. bis 30.11.1954. Die DHZ weist darauf hin, dass sie alles tun wird, um möglichst alle der benötigten Werkzeuge zu beschaffen, kann aber keine Garantie übernehmen, dass die Werkzeuge rechtzeitig zur Verfügung stehen.
Ferner erhielt die DHZ von der Eisengießerei und Pumpenfabrik Birkenwerder bei Berlin die Mitteilung, dass die Bestellung über
- –
1 000 Doppelkolbenhandpumpen Gesamtwert 45 000 DM,
- –
900 Abessinierpumpen 90 mm Gesamtwert 26 100 DM,
- –
850 Abessinierpumpen 75 mm Gesamtwert 22 950 DM,
nicht fertiggestellt werden kann, da es an Material mangelt.
Beim VEB Werkzeug-Union wurden von der DHZ Maurer-Kellen und Zimmermanns-Latthämmer bestellt. Die Fabrikation des letztgenannten Artikels ist noch nicht angelaufen. Es erfolgte bisher nur die Lieferung der Maurer-Kellen, die aber von der DHZ beanstandet werden. (Sie sind viel zu steif und unsauber verschweißt.) Größtenteils kaufen die Maurer die Kellen im Westsektor und bringen in Diskussionen zum Ausdruck, dass sie mit dem Werkzeug, was im demokratischen Sektor zum Verkauf gelangt, nicht arbeiten können.
Der DHZ Feinmechanik und Optik Berlin wurde von der DIA mitgeteilt, dass sie keine Reiseschreibmaschinen »Erika« mehr an den Konsum und an die HO abgeben soll, da das Exportgeschäft mit dem Westen, durch die Schiebergeschäfte über Berlin, vollkommen verdorben wird.
Anlage 2 vom 7. Juli 1954 zum Informationsdienst Nr. 2254
Stimmung westdeutscher Delegationsmitglieder, die sich auf der Landwirtschaftsausstellung in Leipzig-Markkleeberg befanden26
In der Mehrzahl bestanden die Delegationen aus Bauern, darunter auch Großbauern. In ihren Äußerungen kam zum Ausdruck, dass sie in der Mehrzahl die Politik der Adenauer-Regierung27 in der Bauernfrage ablehnen. Diese Äußerungen kamen zum Teil aus eigener Überzeugung oder nach Aufklärung. Vor allem betonten sie aber ihre Ablehnung gegenüber der EVG. Besonderes Erstaunen äußerten sie über die auf der Ausstellung gezeigten Großmaschinen sowie die Ergebnisse unserer Viehzucht.
Von den werktätigen Bauern wurde besonders die MTS als Hilfe und Unterstützung für unsere werktätigen Bauern begrüßt. In den Gesprächen wurde von den westdeutschen Bauern besonders erwähnt, welche Schwierigkeiten sie in der Absetzung ihrer landwirtschaftlichen Produkte haben. In diesem Zusammenhang sprachen sie sich übereinstimmend gegen den sogenannten Grünen Plan28 aus, welcher zum Ruin der westdeutschen Landwirtschaft führt. So äußerte ein Angehöriger der Motorenstaffel aus Köln: »Wenn in Westdeutschland ein Bauer so eine Maschine wie einen Mähdrescher o. Ä. kaufen will, so kommt er in den nächsten zehn Jahren nicht wieder auf die Beine. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Bauern aufgrund der schändlichen Handelsverträge von Adenauer ihre Produkte (vor allem Gemüse) nicht absetzen können.«
In einer Diskussion mit einem Dozenten und Spezialisten für Bodenuntersuchungen aus Göttingen über die bäuerliche Weiterschulung erklärte dieser: »Auch ich wurde aufgefordert, im Kreise Göttingen eine ähnliche Schulung durchzuführen, unter dem Thema:
1. War in der Ostzone die Bodenreform richtig oder nicht?
2. Wie kommen wir wieder zu Grundbesitz? (sinngemäß)
Ich habe dieses abgelehnt, mit der Bemerkung, dass ich gern einen Vortrag halten werde, aber nur über eines: »Wie werden wir freie Bauern und wie stellen wir die Einheit Deutschlands her.« (Er ist Mitglied der Deutschen Volkspartei.)29
In den Unterhaltungen brachten die westdeutschen Bauern zum Ausdruck, dass gegen die Entwicklung in der DDR in Westdeutschland mit allen Formen gehetzt wird, dass sie sich aber hier in Leipzig vom Gegenteil überzeugt haben. Sie betonten, dass sie nach ihrer Rückkehr alles daransetzen werden, um die Wahrheit über die DDR zu verbreiten.