Zur Beurteilung der Situation
11. März 1954
Informationsdienst Nr. 2151 zur Beurteilung der Situation
Die Lage in Industrie, Verkehr, Handel und Landwirtschaft
Industrie und Verkehr
Die Diskussionen über betrieblichen Fragen stehen weiterhin im Mittelpunkt. Von einem größeren Teil der Werktätigen wird über die beabsichtigte Einführung der Wehrpflicht in Westdeutschland diskutiert.1 In der Mehrzahl dieser Diskussionen spricht man sich gegen die Einführung der Wehrpflicht in Westdeutschland aus. Besonders Arbeiter und Jugendliche nehmen dagegen Stellung. Sie erkennen, dass mit der Einführung der Wehrpflicht in Westdeutschland die Gefahr eines neuen Krieges stärker wird und bringen weiterhin zum Ausdruck, dass sie einen neuen Krieg verurteilen, da ja nur das zerstört wird, was jetzt in mühsamer Arbeit aufgebaut wurde. So nimmt ein großer Teil der Belegschaften nachfolgender Betriebe gegen die beabsichtigte Einführung des Wehrgesetzes in Westdeutschland Stellung: VEB Maxhütte Unterwellenborn, Eisenhüttenkombinat »J. W. Stalin«, EKM Finow,2 VEB Kranbau Eberswalde, Leuna-Werk Bau 33, VEB »Ernst Thälmann« Saalfeld, VEB Zeiss Jena, Elbewerft Boizenburg, [Bezirk] Schwerin, und VEB Stern-Radio Sonneberg 3, [Bezirk] Suhl.
Ein Brigadier von der Elbewerft Boizenburg, [Bezirk] Schwerin: »Bei der Einführung des Wehrgesetzes in Westdeutschland sind mir die Schuppen von den Augen gefallen. Ich habe selbst oft den RIAS und den NWDR gehört. Jetzt ist mir erst klar geworden, dass tatsächlich ein neuer Krieg vorbereitet wird. Für mich steht jetzt fest, dass unsere Regierung aus Arbeitern besteht und sich voll und ganz für unsere Interessen einsetzt.«
Ein Teil der Werktätigen vermutet, dass in der DDR jetzt auch Gegenmaßnahmen getroffen werden. Während ein Teil bereit ist, an der aktiven Verteidigung der DDR teilzunehmen und eine Verstärkung der VP für notwendig hält, lehnt ein anderer Teil ab, freiwillig in die VP einzutreten.3
Ein Lehrling der Elbewerft Boizenburg: »Ich trete in die Reihen der Volkspolizei ein, um die Errungenschaften der DDR zu sichern.«
Ein Arbeiter vom Plattenkombinat, Werk Neumark,4 [Bezirk] Dresden: »Wenn es wirklich zu einem Krieg kommt, werde auch ich meine Kraft nicht schonen, um gegen unsere Feinde zu kämpfen.«
Die Maßnahme unserer Regierung über Gewährung von Asyl für Jugendliche, die sich der Wehrpflicht in Westdeutschland entziehen wollen,5 wird von einem großen Teil begrüßt. Verschiedentlich fordert man eine verstärkte Sicherung, damit bei dieser Gelegenheit nicht Agenten eingeschleust werden, die unser friedliches Aufbauwerk zerstören. Ein Arbeiter vom Karl-Marx-Werk Zwickau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Durch eine Erklärung der Regierung können sich Jugendliche aus Westdeutschland, welche sich vor der Einberufung zum Wehrdienst schützen wollen, in unsere DDR begeben und finden hier gleichberechtigte Aufnahme. Dies ist gut, aber auf der anderen Seite können unsere Gegner leicht Agenten und Saboteure mit einschleusen. So kann es einzigen Elementen gelingen, innerhalb von Stunden eine friedliche Aufbauarbeit von mehreren Jahren zu vernichten. Deshalb müsste unsere Regierung entsprechende Sicherheitsmaßnahmen einleiten.«
Ein Teil, besonders Angestellte und Intelligenz, verhalten sich abwartend. Teilweise kommt dabei eine Gleichgültigkeit für politische Probleme zum Ausdruck bzw. man bringt seine wahre Meinung nicht zum Ausdruck. Ein Arbeiter aus Hallungen, [Bezirk] Erfurt: »Mir kann alles egal sein, rauchen tut es sowieso bald.«
Ein Elektriker vom Wismut-Schacht 6 Oberschlema:6 »Ob wir an der Protestkundgebung gegen den EVG-Vertrag teilnehmen oder nicht, ist gleich, wir können ja doch nichts verändern.7 Beteiligt man sich jedoch nicht daran, muss man damit rechnen, dass Maßnahmen gegen einen eingeleitet werden.«
Negative und feindliche Stimmen werden von einem kleineren Teil der Werktätigen zum Ausdruck gebracht. Dabei tritt besonders der Einfluss der westlichen Propaganda hervor. Die Argumente sind unterschiedlich (Hetze gegen die SU, Forderung nach »freien Wahlen«, gegen Oder-Neiße-Grenze, pazifistische Einstellung u. a.). Ein Arbeiter vom VEB Textima Neustadt, [Bezirk] Gera: »Den Russen ihre Freundschaft zum deutschen Volk geht nicht weiter als bis zum Uran, welches sie bei uns rausholen.«
Ein Arbeiter vom VEB Plauener Glühlampenwerk, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Lass erst einmal wählen, dann erhalten die Verhältnisse in der DDR schon eine Abfuhr.«
Ein Arbeiter (parteilos) von der Bohrerei des Framo-Werkes Hainichen, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Wir dürfen unser Besitztum in Schlesien nicht im Stich lassen. Unsere Aufgabe muss es sein, dafür zu kämpfen, dass wir wieder in die Heimat kommen.«
Ein Arbeiter (SED) aus Werbig, [Bezirk] Frankfurt/Oder: »Ich habe kein Interesse am Soldatenspiel, und darauf läuft ja die Bildung von Kampfgruppen hinaus.8 Ich bin deshalb 1945 in die Partei eingetreten, weil sie keinen Krieg wollten.«
Ein Brigadier vom VEB Soda-Werk Buchenau, [Bezirk] Erfurt: »Ich gehe sowieso nicht wieder zum Komis, den Iwan habe ich kennengelernt, für ihn fasse ich keine Knarre an, lieber lasse ich mich erschießen.«
Ein Arbeiter vom VEB Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt: »Wenn wir am 17.6.[1953] fertig gewesen wären im Organisieren, so hätten wir in Chemnitz sämtliche Betriebe auf die Straße geführt.«
Zu Ehren des IV. Parteitages der SED9 werden von einem Teil der Arbeiter Kollektiv- und Einzelverpflichtungen übernommen. Ein Teil erwartet vom Parteitag Vorschläge zur Verbesserung des wirtschaftlichen Lebens und hofft auf eine Preissenkung sowie die Abschaffung der Lebensmittelkarten.
Von der Betriebsparteiorganisation des Kunstseidenwerkes Premnitz, [Bezirk] Potsdam, wurde ein Aufruf erlassen, zu Ehren des IV. Parteitages in der Zeit vom 15. bis 21.3.1954 eine Hochleistungswoche durchzuführen. Der größte Teil der Belegschaftsmitglieder hat über diesen Aufruf lebhaft und begeistert diskutiert und diesem zugestimmt. Die Belegschaftsmitglieder des Blattfilmbetriebes von Agfa Wolfen, [Bezirk] Halle, verpflichteten sich, zu Ehren des IV. Parteitages sonntags eine Sonderschicht zu fahren.
Produktionsschwierigkeiten wurden aus einzelnen Betrieben bekannt. Die Ursachen sind Materialmangel, Kohlenmangel und finanzielle Schwierigkeiten. Diese Störungen wirken sich zum Teil auf den Verdienst der Arbeiter aus und beeinflussen ihre Stimmung negativ.
Materialmangel besteht im VEB Lactacida Döbeln,10 [Bezirk] Leipzig, wodurch in einigen Tagen die Produktion stillgelegt werden muss, wenn keine Änderung eintritt. Weiterhin fehlt es an Material im VEB Kinderwagenfabrik Zeitz, [Bezirk] Halle, die nur noch drei Tage produzieren kann.
Des Weiteren fehlt es noch an Material im VEB Drahtziehwerk Wurzen,11 [Bezirk] Leipzig, und in den VEB der Zigarettenindustrie des Bezirkes Dresden. Im VEB Sägewerk Wittenburg, [Bezirk] Schwerin, fehlen Bandsägeblätter. Die Kollegen befürchten, deshalb ihre Arbeit zu verlieren.
Kohlenmangel besteht im Stahlwerk Hennigsdorf, [Bezirk] Potsdam, im VEB Strickgarnspinnerei Amerika, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, im VEB Brauerei und Mälzerei Pritzwalk, [Bezirk] Potsdam, und im VEB Grenzquell-Brauerei in Wernesgrün.
Finanzielle Schwierigkeiten bestehen im VEB Blema Aue, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, da für das 1. Quartal 1954 keine Aufträge vorlagen, musste mit Aufträgen für das 2. bzw. 3. Quartal begonnen werden. Der DIA weigert sich, jetzt dafür Zahlungen zu leisten.
Unzufrieden wegen Nichtauszahlung der 4. Quartalsprämie sind die Steiger vom Thomas-Müntzer-Schacht Halle.12
Produktionsstörung: Am 10.3.1954 brach auf der Sohle 2 des Schachtes 3 im Wismut-Objekt 96 Freital,13 [Bezirk] Dresden, Wasser ein. Nach zwei Stunden stand die gesamte Sohle unter Wasser. Förderausfall beträgt voraussichtlich 24 Stunden. Ursachen sind noch unbekannt.
Erkrankungen: Im VEB Fimag Finsterwalde,14 [Bezirk] Cottbus, erkrankte in der Zeit vom 9.3. zum 10.3.1954 ein Teil der Belegschaft. Sie leiden unter Brech- und Darmdurchfällen. Von der 1. Schicht erkrankten 245 Kollegen. Die Ursache ist vermutlich minderwertiges Fleisch, welches im Werksessen verarbeitet wurde. Untersuchungen werden zzt. noch geführt.15
Handel und Versorgung
Im Kreis Hagenow, [Bezirk] Schwerin, lagern 30 t und im Schlachthof Schwerin 20 t Schmalz, was keinen Absatz findet. Da eine entsprechende Lagerung bei wärmerer Temperatur nicht möglich ist, besteht die Gefahr des Verderbens.
Aus den Bezirken Halle, Frankfurt/Oder, Rostock, Gera, Cottbus wird über teilweise mangelhafte Warenstreuung, besonders in ländlichen Kreisen, berichtet. Es fehlt besonders an Industriewaren, Textilien, Frischfisch, Fischkonserven, Stärkeerzeugnissen usw. Darüber wird von der Bevölkerung Unzufriedenheit geäußert. Stark gefragt ist Bohnenkaffee in den Bezirken Cottbus, Karl-Marx-Stadt und Gera. Hausfrauen äußern: »Wenn zur Konfirmation kein Bohnenkaffee da ist, ist etwas los.«
Landwirtschaft
Über politische Probleme wird unter der Landbevölkerung nur vereinzelt diskutiert. Der größte Teil der Stimmen zur Wehrgesetzdebatte ist positiv und richtet sich gegen die Einführung eines Wehrgesetzes. Diese Stimmen kommen von fortschrittlichen Angehörigen der MTS und von werktätigen Einzelbauern.
Negative Stimmen sind nur ganz vereinzelt bekannt geworden. Ein parteiloser Traktorist von der MTS Baruth, [Bezirk] Potsdam: »Bei uns in der DDR wurde die KVP gebildet, obwohl niemals mehr ein Arbeiterkind Waffen in die Hand nehmen sollte. Ich stelle mir oft die Frage, warum so viel über Westdeutschland diskutiert wird, denn dort macht man doch auch nichts anders als bei uns.«
Ein Neubauer aus Alt Guthendorf, [Bezirk] Rostock: »Wenn wir aufrüsten, dann muss der Westen auch rüsten, denn die drüben denken ja ebenfalls, dass wir sie überfallen wollen.«
Ein werktätiger Einzelbauer aus Glienick, [Bezirk] Potsdam: »Ich werde niemals mehr Soldat werden, denn ich weiß was das bedeutet.«
Über wirtschaftliche Probleme wird am meisten diskutiert. Dabei bilden die Frühjahrsbestellung und die damit auftretenden Mängel den Hauptgesprächsstoff.
Im Bezirk Cottbus fehlen insgesamt ca. 2 700 t Saatkartoffeln.
Im BHG-Bereich Zöschen, [Bezirk] Halle, können die meisten Bauern den Anbauplan für Kartoffeln nicht erfüllen, da sie für Saatkartoffeln von der BHG Rücklieferungen bringen müssen.
Im Kreis Jena, [Bezirk] Gera, fehlen Saatkartoffeln, da durch schlechte Einmietung teilweise bis zu 50 Prozent erfroren sind.
In einer Bauernversammlung der Gemeinde Löweritz,16 [Bezirk] Halle, kritisierten die werktätigen Bauern die Arbeitsweise der deutschen Saatgutgenossenschaft Bitterfeld, da sie das Saatgut an Luzernen nicht an werktätige Bauern, sondern an Großbauern ausgegeben hat.
Dem Bezirk Cottbus wurden 72 Waggon Kainit-Dünger gestrichen, ohne dass eine Erhöhung in anderen Arten erfolgte, wodurch sich ein Düngermangel ergibt.
Ein großer Teil der werktätigen Einzelbauern im Kreis Sondershausen, [Bezirk] Erfurt, klagt über ungenügende Düngemittelzuteilung.
Zur Bildung einer Kampfgruppe auf dem VEG Wöten, [Kreis] Parchim, [Bezirk] Schwerin, nahmen die Genossen Landarbeiter eine ablehnende Haltung ein. Von 30 Genossen erklärte sich nur einer bereit, in der Kampfgruppe mitzuarbeiten.
Auf der MTS Jävenitz, [Bezirk] Magdeburg, hetzte in einer FDJ-Versammlung (20 Anwesende) ein Jugendlicher gegen die Oder-Neiße-Grenze. Dabei erhielt er von den anwesenden Jugendlichen reichen Beifall.
Über die Wühltätigkeit der Großbauern wird bekannt, dass in den Kreisen Zschopau und Freiberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, in stärkerem Maße Großbauern Versammlungen für ihre Hetze ausnützen. So wurde bei einer Bauerntagung des Kreises Zschopau, wo der IV. Deutsche Bauerntag in Görlitz17 ausgewertet werden sollte, von einer Großbäuerin aus Großolbersdorf in der Diskussion gefordert: »Futter brauchen wir für unsere Wirtschaften, alles andere ist nicht wichtig.« Sie fand starken Anklang.
In der Gemeinde Falkenberg, [Kreis] Freiberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, hetzte ein Großbauer (CDU) in einer Bauernversammlung gegen die Regierung und führte aus, dass er aufgrund seiner schlechten wirtschaftlichen Lage gezwungen sei, die DDR zu verlassen.
Ein Großbauer aus Rohrberg, [Bezirk] Magdeburg, leiht an Kleinbauern Geräte gegen Arbeitsleistung aus und versucht damit, sie für sich zu gewinnen.
Die Schweinepest hat sich in den Kreisen Artern und Quedlinburg, [Bezirk] Halle, weiterverbreitet.
Die Hühnerpest ist bei mehreren Bauern der Kreise Gera, Schleiz und Saalfeld, [Bezirk] Gera, ausgebrochen.
Stimmung der übrigen Bevölkerung
Über politische Tagesfragen wird gering diskutiert. Im Mittelpunkt der Diskussionen stehen persönliche Belange. Die wenigen bekannt gewordenen Stimmen über die Wehrdebatte sind überwiegend positiv. Einige nehmen einen pazifistischen Standpunkt ein, indem sie äußern, nie wieder ein Gewehr in die Hand zu nehmen. Eine Hausfrau aus Frankfurt/Oder: »Es ist eine Schande, dass in Westdeutschland junge Menschen zu einem schmutzigen Krieg in eine Söldneruniform gepresst werden sollen.«18
Ein Angestellter aus Wolgast, [Bezirk] Rostock: »Jetzt haben sie drüben diesen verdammten Mist eingeführt und jetzt wird es auch bei uns losgehen, aber ohne uns.«
Im Kreis Parchim, [Bezirk] Schwerin, klagen Maler über zu wenig Material. Vor allem fehlt es an Kalk und Lackfarben.
Negative und feindliche Stimmen sind nur ganz vereinzelt bekannt. Ein Buchhalter (aus der SED ausgeschlossen) aus Frankenberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt: »Auch in Genf wird es zu keiner Einigung kommen.19 Die Russen können ruhig die Chinesen hinzuziehen. An der Geschlossenheit der Westmächte wird auch diese Konferenz zerschellen.«20
Im Bezirk Magdeburg bezeichnen sich viele Neubürger nur als »Vertriebene« und geben die Hoffnung auf Rückkehr in ihre Heimat nicht auf.21 Ein Neubürger aus Hadmersleben, [Bezirk] Magdeburg: »Meine Heimat ist mit der Waffe zurückzuerobern, ich wäre als Erster dabei.«22
In den Bezirken Schwerin, Magdeburg und Leipzig wird eine verstärkte Beeinflussung der Bevölkerung durch die Kirche festgestellt. Das führt mitunter dazu, dass die Arbeit des DFD erschwert wird. In Dobitschen,23 [Kreis] Schmölln, [Bezirk] Leipzig, organisierte ein Pfarrer am Internationalen Frauentag eine Zusammenkunft von Männern, Frauen und Jugendlichen. Die Beteiligung war ziemlich stark. In der Gemeinde Baumgarten, [Kreis] Bützow, [Bezirk] Schwerin, gründete ein Pfarrer eine evangelische Frauengemeinschaft. Dadurch wird die Ortsgruppe des DFD zersplittert.
Im Kreis Jüterbog, [Bezirk] Potsdam, kursiert ein Gerücht, dass in Zukunft die Ausgabe der Lebensmittelkarten von der Höhe des Verdienstes abhängig gemacht wird.
In Gransee, [Bezirk] Potsdam, äußerten Schüler von drei Klassen der Zentralschule, dass sie nicht mehr über Gegenwartsprobleme diskutieren, da die Gefahr besteht, wenn sie ihre Meinung äußern, dass sie verhaftet werden. Das ist zurückzuführen auf Abhören des RIAS (Verhaftungswelle).
Organisierte Feindtätigkeit
Hetzschriften der NTS:24 Karl-Marx-Stadt (1 000), Frankfurt/Oder (500), Potsdam (größere Mengen), Neubrandenburg (47). Inhalt: Hetze gegen die SU, Aufforderung zum Desertieren.
Hetzschriften des Ostbüros der SPD:25 Frankfurt/Oder (850), Erfurt (37), Karl-Marx-Stadt (20). Inhalt: Hetze gegen die DDR und SED, »Sozialdemokrat«26 und Stimmzettel.27
Hetzschriften der KgU:28 Halle (54). Inhalt: Hetze gegen die DDR.
Die Flugblätter wurden meist durch Ballons eingeschleust und zum größten Teil durch Suchaktionen sichergestellt.
Gefälschte Vorladungen zum VPKA Neubrandenburg wurden einigen Personen durch die Post zugestellt.
In der ABUS-Schlosserei im VEB Audi Zwickau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, wurden folgende Hetzparolen mit Kopierstift in Blockschrift an die Wände geschmiert: »Arbeiter merkt Euch die Genossen, es ist fünf Minuten vor zwölf – 17. Juni zweiter Teil«.
Schädlingstätigkeit: Im VEB Süßwaren Dresden wurde in Schokoladenerzeugnissen Glas gefunden. In diesem Arbeitsvorgang sind bereits öfter Schrauben, Holzspäne, Menschenzähne usw. vorgefunden worden.
Versuchte Diversion: Am 8.3.1954 musste der Personenzug Strecke Weißenfels – Zeitz, zwischen dem Bahnhof Langendorf und Bahnhof Prittitz, [Bezirk] Gera,29 anhalten, da mehrere große Steine auf den Schienen lagen. Die Steine wurden vom Lokführer und Heizer weggeräumt.
Einschätzung der Situation
Die Lage hat sich gegenüber dem Vortage nicht wesentlich verändert.