Stimmung zur Auszeichnung von Aktivisten
27. Oktober 1956
Information Nr. 282/56 – Betrifft: Stimmung zur Auszeichnung von Aktivisten am 13. Oktober 1956
Die Auszeichnung der Aktivisten am 13.10.1956 hat unter den Beschäftigten aller Betriebszweige rege Diskussionen ausgelöst.1 Aus vorliegenden Materialien ist ersichtlich, dass in einem großen Teil verschiedenartigster Betriebe die Auszeichnung der Aktivisten Unzufriedenheit unter den Beschäftigten hervorrief. Nur in vereinzelten Fällen enthalten jedoch diese Diskussionen das Argument der Gleichmacherei. In der Mehrzahl wird vielmehr Unzufriedenheit über die Art und Weise der Aufstellung von Vorschlägen oder die Form der Auszeichnung zum Ausdruck gebracht.
1. Unzufriedenheit über die Art und Weise der Aufstellung von Vorschlägen
Die Unzufriedenheit zur Aufstellung von Vorschlägen wurde hervorgerufen besonders durch drei Erscheinungen in den Betrieben. Diese Erscheinungen sind:
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Vorschläge für die Auszeichnung als Aktivisten durch die Betriebsleitungen, ohne Absprache mit den BGL eingereicht,
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Änderungen eingebrachter Vorschläge von Gewerkschaftsgruppen durch die Betriebsleitung,
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Ablehnung eingebrachter Vorschläge mit der Begründung, keine gesellschaftliche Arbeit geleistet zu haben bzw. Auszeichnungen von Personen, deren gesellschaftliche Arbeit zwar gut, die fachliche Arbeit jedoch schlecht ist.
Im Einzelnen dazu folgende charakteristische Bespiele:
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Im VEB Pumpen- und Brunnenbau Nordhausen, [Bezirk] Erfurt, ist die Stimmung unter den Beschäftigten zzt. schlecht, da die Auszeichnungen der Aktivisten zum 13.10.1956 von der Werkleitung allein und ohne gemeinsamen Beschluss zwischen BGL und Werkleitung herbeigeführt wurden.
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Im VEB LEW Hennigsdorf wurden die Vorschläge zum 13.10.1956 von der Abteilung Arbeit und Werkleitung geändert. Jetzt besteht unter der Belegschaft die Meinung, die Gewerkschaft hätte nichts zu sagen und es erklären sich kaum Mitglieder des FDGB bereit, Funktionen für die bevorstehenden Wahlen anzunehmen.
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Im VEB »Heinrich Rau« Wildau, [Bezirk] Potsdam, wurden die Vorschläge in Versammlungen durchgesprochen. Durch die Zentrale Wettbewerbskommission wurden die Vorschläge einer Abteilung bis auf einen abgelehnt. Bei diesem Vorschlag handelt es sich um einen Gruppenleiter des FDGB. Die Auszeichnung wurde vorgenommen aufgrund seiner gewerkschaftlichen Arbeit, obwohl nach Meinung der Belegschaft die fachliche Arbeit nicht gut ist.
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In der Patentpapierfabrik Penig, [Kreis] Rochlitz, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, wurde ein Vorschlag zur Auszeichnung mit der Begründung abgelehnt, dass derjenige zu wenig gesellschaftliche Arbeit leiste.
Ähnliche Bespiele liegen aus allen Bezirken vor.
2. Unzufriedenheit über die Form der Auszeichnung
Vereinzelt führte auch die Form der Auszeichnung zu Unzufriedenheit unter den Beschäftigten. Besonders beanstandet wurden dabei solche Erscheinungen wie die Auszeichnung von der Beschäftigungsdauer im Betrieb abhängig zu machen oder Gutscheine über Lebensmittel auszugeben. Charakteristisch sind dazu folgende Beispiele: Im VEB Konservenfabrik Stendal, [Bezirk] Magdeburg, wurden Prämien für die Auszeichnungen am 13.10.1956 nur an Beschäftigte ausgegeben, die zehn Jahre im Betrieb tätig sind. Im Institut für Zeitgeschichte Berlin2 sind die Beschäftigten nicht damit einverstanden, dass die am 13.10.1956 ausgezeichneten Aktivisten einen Wertschein in Höhe von 15,00 DM erhielten, den sie bei der HO in Sachwerte einlösen konnten.