Westliche Rundfunk- und Presseberichte zur III. Parteikonferenz (1)
27. März 1956
Feindpropaganda zur III. Parteikonferenz [1. Bericht] [Information Nr. M70/56]
Während man sich in den ersten Tagen der III. Parteikonferenz1 darauf beschränkte, die Ausführungen Genossen Walter Ulbrichts2 und der Diskussionsredner stichwortartig wiederzugeben, beginnen jetzt die ersten Kommentare zur Beeinflussung der Bevölkerung. Der Umfang der Feindpropaganda ist gegenüber den Kommentaren zum XX. Parteitag3 noch verhältnismäßig gering. Zu den Ausführungen des Genossen Walter Ulbricht verbreitet man besonders das Argument, dass viel versprochen aber nichts gehalten werde.
Folgende Argumente aus Sendungen des RIAS vom 26.3.1956 sind beachtenswert:
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»Ulbricht und das Zentralkomitee haben die Opposition nicht rehabilitiert.«
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Nach der Darlegung von Forderungen der Plattform Zaisser – Herrnstadt4 heißt es: »Es ist sicher, dass eine SED, deren 1. Sekretär nicht Ulbricht, sondern Herrnstadt heißen würde, eine kommunistische Partei geblieben wäre.«
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»Es gab keine spontanen Wortmeldungen. Alle Diskussionsredner waren in der vorangegangenen geheimen Tagung des ZK bestimmt und ausgerichtet worden.«
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»Das unverrückbare große wirtschaftspolitische Ziel der SED ist die Verstaatlichung der gesamten Wirtschaft, das heißt also die völlige Vernichtung des Mittelstandes.«
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»Die Investitionen sollen auf mehr als das Doppelte vergrößert werden, der Verbrauch der Bevölkerung aber nur um 35 % steigen. Von der Leistung der Werktätigen soll der Investition mindestens dreimal so viel zugutekommen wie der Bevölkerung. Das nennt die SED Sozialismus, der jedem Werktätigen angeblich mehr von dem Ertrage seiner Arbeit zugutekommen lässt als ein freies Wirtschaftssystem.«