Vorfälle mit westlichen Militärmissionen
10. Februar 1961
Bericht Nr. 62/61 über die feindliche Tätigkeit der westlichen Militärverbindungsmissionen (MVM) im Gebiet der DDR
Dem MfS liegen eine Vielzahl Beweise vor, dass die westlichen MVM im Gebiet der DDR seit ihrer Existenz in großem Umfang zur Feindtätigkeit gegen die DDR, besonders zur Spionage aller Art, zur Schaffung und Aufrechterhaltung von Agentenverbindungen und zur Erkundung von Möglichkeiten subversiver Tätigkeit und anderer nachrichtendienstlicher und der Kriegsvorbereitung dienender Tätigkeit missbraucht werden. Dabei werden in unzähligen Fällen die verschiedensten Gesetze der DDR verletzt.1
Diese feindliche Tätigkeit, vor allem die Spionage auf militärischem Gebiet – dabei besonders die gegen Objekte und Übungen der sowjetischen Armee gerichtete Spionage –, hat sich in der letzten Zeit immer mehr verstärkt. Bei allen MVM wurden in der 2. Hälfte 1960 strukturelle, personelle und methodische Veränderungen vorgenommen, die hauptsächlich durch die Aufdeckung ihrer Spionagetätigkeit hervorgerufen worden sein dürften.
Zum Beispiel wurde bei der Amerikanischen MVM (zu der 14 Offiziere und 5 Mannschaftsdienstgrade gehören) Oberst McQuail von Oberst von Pawel, der früher als Militärattaché in Warschau tätig gewesen sein soll, abgelöst und Stellvertreter wurde Oberstleutnant Fitzgerald. Fitzgerald, der zusammen mit Cpt. Schneider vorher Mitarbeiter des amerikanischen Militärattachés in Moskau war, ist der Cousin des amerikanischen Präsidenten Kennedy.
In der Britischen MVM (17 Offiziere und 29 Mannschaftsdienstgrade) übernahm Brigadier Pearson die Leitung und zum Stellvertreter wurde Oberstleutnant Young ernannt.
In der Französischen MVM wurde der bisherige Leiter Oberst Chouffin durch Oberst Barré de Saint-Venant2 abgelöst. Die Französische MVM setzt sich aus insgesamt sieben Offizieren und 18 Mannschaftsdienstgraden zusammen.
Der Wechsel in der Leitung der Amerikanischen MVM wurde von Angehörigen der MVM so kommentiert, dass McQuail für diese Aufgabe zu lasch sei, sich politisch und diplomatisch nicht durchsetzen könne und dass es zzt. darauf ankäme, die »Fäuste« zu zeigen und zu bluffen.
Neben diesen personellen Veränderungen wurden auch eine Reihe technischer Veränderungen und Sicherungsmaßnahmen eingeleitet.
Die Amerikanische und Britische MVM haben unter anderem je eine stationäre Funkanlage mit Hochantennen in ihren Missionsgebäuden gebaut. Diese Anlagen sind streng abgesichert und für ihre Bedienung werden ständige Funker eingesetzt. Außerdem wurden gegenüber den Zivilangestellten weitere Sicherungsmaßnahmen und, zum Beispiel von der Französischen MVM, auch Maßnahmen zur Überprüfung ihrer Ehrlichkeit ergriffen.
In der Amerikanischen MVM wurde ein neues Lichtaggregat durch Spezialkräfte der militärischen Einheiten in Westberlin eingebaut.
Die Fahrzeuge aller MVM sind mit verschiedenen uns zum Teil noch unbekannten technischen Geräten ausgestattet, die offensichtlich für spionagetechnische Zwecke benutzt werden. So wurde z. B. beobachtet, wie in der Nähe von für Spionage interessanten Objekten mit diesen Geräten gearbeitet wurde. Außerdem sind alle Pkw der Amerikanischen MVM mit einem Autosuper [Autoradio] ausgerüstet und führen bei ihren Fahrten im Gebiet der DDR zusätzlich ein transportables, radioähnliches und mit einem Kopfhörer ausgerüstetes Gerät vom Typ: R-520/URR mit, über dessen Verwendungszweck ebenfalls noch nichts Näheres bekannt ist. Sämtliche technischen Geräte, sowohl in Missionsgebäuden als auch in den Fahrzeugen, werden ständig durch Auswechseln auf den neuesten Stand gehalten. Ferner sind in jedem Pkw ein Kompass und Anschlussvorrichtungen für die erwähnten technischen Geräte eingebaut. Die Bereifung ist schuss- und pannensicher. Durch Ausrüstung mit Reservetank können die Pkw 135 l Kraftstoff mitführen.
Außerdem haben alle MVM Fernsprechanschlüsse der Deutschen Post, die dazu benutzt werden, um bei ihren Spionagefahrten in der DDR von verschiedenen Orten aus chiffrierte Angaben an die Dienststelle in Potsdam durchzugeben oder neue Anweisungen einzuholen, während bei den Spionagefahrten der Amerikanischen MVM auch durch Funkgerät (»Zenith – transoceanic«) die Verbindung aufrecht erhalten wird.
Außer solchen Spionagehilfsmitteln wie Funkgeräten und Chiffre benutzen sie auch in starkem Maße Fotoapparate, Teleobjektive und umfangreiches Kartenmaterial mit Eintragungen über Spionageangaben. So wurden allein bei einer solchen Spionagefahrt der Britischen MVM am 21.6.1960 optische Geräte im Werte von 14 000 DM und 121 Spionagekarten durch das MfS sichergestellt, nachdem bereits vor einiger Zeit bei der Amerikanischen MVM über 100 solcher mit Spionageeintragungen versehene Karten beschlagnahmt wurden.
1. Zusammenarbeit der MVM mit Geheimdienststellen
In jeder MVM sind Nachrichtenoffiziere der Luft-, See- und Landstreitkräfte beschäftigt, die ihre Spionageaufträge in Form sogenannter Observationsaufträge von ihren vorgesetzten Dienststellen, den jeweiligen Heeresleitungen in Westberlin erhalten. Diese wiederum haben enge Verbindungen zu den Geheimdienstorganisationen ihrer Länder in Westdeutschland und Westberlin. Bezeichnend ist, dass vor allem bei der Britischen MVM in letzter Zeit ehemalige hauptamtliche Residenten des englischen Geheimdienstes als Militär- und Verbindungsoffiziere eingesetzt wurden, z. B. Major Gray alias Botz, Oberstleutnant Critschley,3 alias Strasser alias Bloom, Major Nunwick alias Dent. Die enge Zusammenarbeit mit den westlichen Geheimdienststellen geht auch aus den Tatsachen hervor, dass die MVM zum Teil Spionageberichte, die die Geheimdienststellen von ihren Spionen erhalten haben, überprüfen. So ist auch nachgewiesen, dass von den Geheimdienststellen Agenten solange mit der Erkundung und Anfertigung von Skizzen über militärische Objekte beauftragt werden, bis die MVM in der Lage ist, solche Objekte ständig und systematisch anzufahren und zu überwachen, wie es beispielsweise im Raum Markgrafpieske/Fürstenwalde der Fall war, wo sie – entsprechend dem Inhalt der erteilten Aufträge – Abschussbasen neuartiger Waffen vermuteten.
Andererseits wurden aber auch wiederholt Spione beauftragt, die von den MVM gesammelten Spionageinformationen nochmals zu überprüfen und zu vervollständigen. Zum Beispiel sagte ein verhafteter Agent des englischen Geheimdienstes aus, dass – entsprechend den Hinweisen und Erklärungen seiner Auftraggeber – seine Spionagemeldungen ständig durch die englische MVM an Ort und Stelle überprüft würden, dass Fotos, welche die MVM im Gebiet der DDR von Waffen und Objekten anfertigt, zur Schulung von Agenten benutzt werden. Als Anfang 1960 die MVM die Fahrten in das Gebiet der DDR vorübergehend unterbrachen, erklärte ein Mitarbeiter des englischen Geheimdienstes einem Agenten, dass er zusätzlich einige Überprüfungen durchführen müsste, weil die MVM zurzeit nicht rausfahren könnten.
Die enge Koordinierung zwischen den Geheimdiensten und den MVM geht auch aus der Übereinstimmung der Eintragungen sowohl auf sichergestellten Karten von Spionen als auch auf Karten der MVM hervor. Es handelt sich dabei vor allem um die Erkundung von Luftlande- und Absprungstellen, Unterschlupfen und Verstecken, TBK, Beobachtungspunkten, militärischen Objekten usw. Dabei waren auf den Karten der MVM geeignete Örtlichkeiten markiert, die aufgrund ihrer Lage nur sehr schwer zu entdecken sind und wo die MVM nur mit Sicherheit von dritten Personen davon Kenntnis erhalten haben können.
Die enge Verbindung zwischen MVM und Geheimdienststellen wird u. a. dadurch bewiesen, dass z. B. einem Agenten vom französischen Geheimdienst der Auftrag gegeben wurde, sich im Falle einer Gefährdung bei der Französischen MVM in Potsdam in Sicherheit zu bringen. Dazu wurde ihm genau beschrieben, wie er das Gelände der MVM betreten soll.
2. Spionage- und Aufklärungstätigkeit der MVM
Der eindeutige Beweis für die umfangreiche Spionage- und Aufklärungstätigkeit durch die MVM wird weiterhin auch durch die Aufklärung der in den insgesamt 273 sichergestellten topografischen Karten vorhandenen weit über 1 500 taktischen Zeichen erbracht. Die Mehrzahl dieser taktischen Zeichen kennzeichnen militärische Objekte der Sowjetarmee, der NVA und anderer militärischer Einheiten sowie militärisch-strategische, wichtige ökonomische Objekte und Objekte, die für subversive Aktionen ausgenutzt werden können.
a) auf militärischem Gebiet
Aus den sichergestellten und aufgeklärten Kartenmaterialien und anderen Ermittlungsergebnissen ist dabei ersichtlich, dass die MVM bei ihrer Spionagetätigkeit auf militärischem Gebiet besonderen Wert auf die Erkundung vermeintlicher Abschussbasen neuartiger Waffen, auf die Erkundung von Kasernen, Munitionsdepots und Treibstofflager, Übungsplätzen, Flugplätzen, Radarstationen, Funkanlagen usw. legen, besonders aber auf alle im Bau befindlichen Objekte der sowjetischen Armee, der NVA und anderer Sicherheitsorgane. Dazu gehören auch Feststellungen über den Zustand der Straßen, Autobahnen, Brücken (Größe und Tragfähigkeit), günstige Landungs- und Übersetzungsmöglichkeiten an der Ostsee und an Flüssen sowie Feststellungen über strategisch wichtige Knotenpunkte der Deutschen Reichsbahn usw.
Eintragungen auf amerikanischen Karten geben z. B. genau den Verlauf des im August 1959 durchgeführten großen Stabsmanövers der sowjetischen Freunde wieder und von Angehörigen der Amerikanischen MVM wurden Übersetzübungen der Sowjetarmee am Elbebogen bei Riesa mit Schmalfilmkamera beobachtet. Auf englischen Karten wurden sämtliche Straßen im Gebiet der DDR gekennzeichnet, die zu Truppenübungsplätzen der NVA und der Sowjetarmee führen bzw. bei Übungen benutzt werden. Außerdem waren Verstecke in der Nähe solcher Übungsplätze markiert, von denen bei Tag und Nacht Beobachtungen möglich sind.
Diese feindliche Tätigkeit der MVM wird in der Hauptsache während der zahlreichen Fahrten ins Gebiet der DDR durchgeführt. Die Zahl dieser Fahrten steigert sich dabei in letzter Zeit auf über das Doppelte im Vergleich zu vorher. Allein in den letzten beiden Wochen des Monats Januar 1961 erfolgten 173 derartige Fahrten in das Gebiet der DDR, wobei in noch stärkerem Maße als früher in Sperrgebiete vor allem der Sowjetarmee eingefahren wurde, besonders in solche Gebiete und zu solchen Zeiten, wo Manöver, Übungen, Verladungen u. a. militärische Handlungen stattfanden. So beobachteten die Angehörigen der Amerikanischen MVM Dunn und [Name 1] von getarnten Standpunkten aus Bombenabwurfübungen der sowjetischen Freunde auf dem Bombenzielwurfplatz im Kreis Torgau. Wiederholt wurde von Angehörigen der Amerikanischen und Britischen MVM eine Radarstation der sowjetischen Freunde bei Hesserode in unmittelbarer Nähe der Staatsgrenze West im Kreis Nordhausen angefahren und beobachtet. Diese Radarstation, die mit modernsten Geräten ausgerüstet sein soll, war auch in den Karten dieser MVM eingezeichnet. Bei Verladungen von sowjetischen Truppentransporten in Rathenow erscheinen ständig Angehörige der Britischen MVM.
Das örtliche Sperrgebiet bei Markgrafpieske/Fürstenwalde wird ständig von allen drei MVM, besonders aber von der Britischen MVM aufgesucht, weil sie dort eine Abschussbasis moderner Waffen vermuten. Solche und ähnliche Beispiele könnten noch in großer Zahl angeführt werden.
So wurden z. B. auf den topografischen Karten eine Reihe Erdbunker in verschiedenen Gebieten der DDR markiert, von denen eine Vielzahl in unmittelbarer Nähe von Einflugschneisen zu Flugplätzen der Sowjetarmee liegt, u. a. im Raum von Groß-Schönebeck/Bernau, Joachimsthal/Oranienburg und im Aue-Gelände Kreis Merseburg. Sämtliche Bunker, die mehreren Personen Platz bieten, sind sorgfältig getarnt und mit Rundhölzern und Grasnarben abgedeckt. In einem Falle wurde ein besonderer Einstiegschacht mit anschließendem vier Meter langem unterirdischem Gang zum eigentlichen Bunker angelegt.
Wenn auch nicht nachgewiesen werden kann, dass diese Bunker von Angehörigen der MVM angelegt wurden bzw. erhalten werden, lässt doch die ganze Markierung auf ihren Karten und ihre Lage in der Nähe wichtiger militärischer Objekte den Schluss zu, dass sie mit Sicherheit von ihnen bzw. von beauftragten dritten Personen erkundet wurden und für Beobachtungen ausgenutzt werden sollen.
Im Kreisgebiet Oranienburg wurde in unmittelbarer Nähe eines sowjetischen Flugplatzes in der Einflugschneise ein Zelt amerikanischen Fabrikats festgestellt. Dieses Zelt befand sich inmitten von Sumpfgelände auf einer Art Insel und war nur schwer zugänglich. Außerdem war es durch Buschwerk getarnt. Die Untersuchungen ergaben, dass das Zelt erst kurze Zeit vor der Entdeckung aufgestellt und dass es auch benutzt worden war.
b) auf ökonomischem Gebiet
Außer der ausgesprochenen militärischen- und militärisch-strategischen Aufklärung konzentrieren sie sich auf die Erkundung wichtiger wirtschaftlicher Objekte, wie z. B. Elektrizitäts-, Gas- und Wasserwerke, Post- und Kurierverbindungen der Regierungsstellen sowie des Nachrichtenwesens sämtlicher Regierungsstellen und Behörden der DDR (Telefon, Funk, Fernschreiber usw.), Talsperren, Betriebe, die Ausrüstungen für die NVA herstellen, Betriebe und Speicher, die für die Versorgung der Bevölkerung von großer Bedeutung sind, sowie Ausrüstungs- und Reparaturbetriebe der Deutschen Reichsbahn und viele andere wichtige Einrichtungen. Dabei wird besonderer Wert auf solche Objekte gelegt, die bei der Organisierung und Durchführung von Putschversuchen große Bedeutung z. B. für die Versorgung, für das Nachrichtenwesen, das Transport- und militärische Problem usw. haben. So wurden u. a. von der Amerikanischen MVM wichtige Objekte fast aller Industriezweige, Hochspannungsleitungen, Telefonüberlandleitungen, Umspannwerke, Funk- und Fernsehtürme, Verstärkerämter der Post, Funkämter der Post, Wassertürme und Behälter, Gasleitungen, Pumpstationen (aber auch Sonderobjekte des ZK und des FDGB und kirchlicher Einrichtungen, wie Stifte, Klöster, Heime) ausspioniert.
Im Transportwesen orientieren sie sich im wesentlichen auf Bahnhöfe (mit Truppenverladungen), Autobahnbrücken, Autobahnabfahrten, Straßenbrücken, Reichsbahnbrücken, Verkehrsknotenpunkte, Straßenabschnitte, Schleusen für Binnenschiffe, Fähren, Anlegepunkte für Westbinnenschiffer, Reichsbahnknotenpunkte.
Auf englischen Karten waren z. B. Unterführungen des Mittellandkanals im Raum Magdeburg gekennzeichnet, die von jeher als besondere Gefahrenpunkte gelten, weil eine Sprengung an diesen Stellen den Raum Magdeburg innerhalb kurzer Zeit überschwemmen würde. In diesem Falle waren Rohrmündungen erkundet, die sich als Versteck für Personen oder Material eignen.
In anderen Fällen waren das Hauptumschaltwerk für die gesamte Stromversorgung der Großbetriebe Leuna und Bitterfeld in Döllnitz/Saalkreis und der Haupttransformator in Groß-Korbetha/Merseburg, von dem die Karbidfabrik und andere Großbetriebe abhängig sind, erkundet und markiert. D. h. bei einer Zerstörung dieser Einrichtungen würden mit einem Schlage diese wichtigen Großbetriebe ausfallen.
c) für subversive Tätigkeit auszunutzende Objekte
Neben den detaillierten Objekten auf ökonomischem Gebiet und im Transportwesen wurden in zahlreichen Fällen auch andere Örtlichkeiten, Gebäude und Punkte erkundet, die besonders für subversive Aktionen und für eine Ausnutzung im Kriegsfalle geeignet sein könnten. So wurden z. B.:
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zahlreiche Stellen für Luftlande-, Absprung- oder Abwurfplätze erkundet, die alle den vom amerikanischen Geheimdienst festgelegten Bedingungen entsprachen,
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Orte mit starken kleinbürgerlichen oder anderen feindlich ausnutzbarem Einfluss ermittelt, (z. B. Konzentrationen der evangelischen und katholischen Kirche, der Jungen Gemeinde, ehem. Mitglieder der NSDAP, ausgeschlossener oder ausgetretener SED-Mitglieder, ehem. SPD-Mitglieder, der Republikfluchten, der Verbindungen zu westdeutschen Landsmannschaften, feindlicher Aktionen am 17.6.1953, antidemokratischer Tätigkeit und ähnliche Konzentrationen). Die Konzentration der MVM auf solche Orte zeigt die deutliche Absicht, eine Basis für konterrevolutionäre Aktionen zu finden.
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geeignete Stellen zur Anlegung von Toten Briefkästen4 und Verstecken gekennzeichnet. Ein TBK war an der bezeichneten Stelle bereits eingerichtet worden. Wie selbst Zivilangestellte in der Französischen MVM erklärten, sei es kein Geheimnis, dass die MVM-Angehörigen im Park von Sanssouci TBK angelegt hätten und wo sie sich auch, entgegen den Bestimmungen, laufend in Zivilkleidung aufhalten.
In vielen weiteren Fällen wurden Gebäude (wie einzeln stehende Häuser, Feldscheunen, Windmühlen, Feuerwachttürme, kleinere Ansiedlungen) und natürliche Gegebenheiten (wie Gruben, gedecktes Gelände, Beobachtungspunkte u. Ä.) markiert, die sämtlich im Falle der von den feindlichen Mächten geplanten konterrevolutionären und kriegerischen Aktionen als kampftaktische Punkte (z. B. für getarnte Stellungen, für Unterschlupf von Personen, für Waffen- und Munitionslager usw.) geeignet sind.
3. Herstellung von Kontakten zu Bürgern der DDR
Die Fahrten der MVM-Angehörigen in das Gebiet der DDR werden auch dazu benutzt, für eine feindliche Tätigkeit geeignet erscheinende Bürger der DDR aufzuklären, Verbindungen zu diesen herzustellen bzw. zu versuchen, überhaupt Kontakt mit Bürgern der DDR aufzunehmen, offensichtlich auch im Auftrage und mit entsprechenden Hinweisen der übergeordneten Stellen und der Geheimdienste.
Es handelt sich dabei fast ausschließlich um solche Personenkreise, bei denen aufgrund ihrer Vergangenheit, ihrer Tätigkeit in wichtigen Betrieben und Institutionen, ihrer derzeitigen politischen Haltung oder anderer »günstiger Bedingungen« die Möglichkeit einer Ausnutzung und Einbeziehung in die feindliche Tätigkeit seitens der MVM-Angehörigen angenommen wird.
Durch das MfS wurden und werden zahlreiche solcher Verbindungen zu ehemaligen NSDAP-Mitgliedern, kriminellen und moralisch verkommenen Personen, Angehörigen von Inhaftierten, Bürgern, die verwandtschaftliche oder sonstige Verbindungen nach Westberlin oder Westdeutschland haben, Angehörigen der Intelligenz, Geschäftsleuten u. a. festgestellt.
Entsprechend den Aufklärungsergebnissen ist offensichtlich ein weiterer Gesichtspunkt für die Auswahl von Personen zur Kontaktaufnahme die Lage von Häusern in einsamen Gegenden, wie z. B. Förstereien, Bauerngehöften u. Ä., wo aufgrund dieser Lage die Möglichkeit besteht, schwer zu entdeckende Schlupfwinkel und Übernachtungsmöglichkeiten für Personen, TBK und Verstecke für Agentenausrüstungen anzulegen oder schon vorhandene natürliche Gegebenheiten auszunutzen. Entsprechend den bisherigen Feststellungen konzentriert man sich auch stark auf solche Orte, die für eine Agentenschleusung in die benachbarten volksdemokratischen Staaten benutzt werden können. So wurden z. B. Geländeerkundungen in der Nähe eines nach der Grenze der DDR/Volkspolen führenden Kanals durchgeführt, geeignete Stellen markiert und Personen getestet, die dort in unmittelbarer Nähe ihren Wohnsitz haben. Außerdem wurde überprüft, welche evtl. Möglichkeiten einer Schleusung durch den auf dem Schiffswege erfolgenden Exportverkehr vorhanden sind. In vielen Fällen werden auch Personen ausgesucht, die aufgrund der Lage ihrer Wohnungen oder Häuser in der Nähe militärischer Objekte Beobachtungen in dieser Richtung durchführen können.
Nachdem Angehörige der Amerikanischen MVM mehrmals in der Nähe einer Panzerkaserne und eines Schießplatzes im Bezirk Schwerin – auf dem sowjetische Panzer modernster Bauart stationiert sind – beobachtet werden konnten, wurde z. B. ein Bürger eines nahe der Objekte liegenden Ortes vom amerikanischen Geheimdienst aus Westberlin angeschrieben und nach Westberlin bestellt.
Eine Überprüfung dieser von den MVM ausgesuchten Personen durch das MfS ergab, dass fast bei allen besonders günstige Möglichkeiten, Spionageinformationen zu beschaffen, rein objektiv gegeben waren.
Solche Personen werden bei den ausgedehnten Fahrten durch die DDR zum Teil direkt in ihren Wohnungen bzw. Geschäften aufgesucht oder oft erfolgen die Zusammenkünfte auch in Hotelrestaurants, Tanzgaststätten, Bars usw. bzw. werden diese Stellen besonders häufig zum Anknüpfen neuer Verbindungen benutzt. So versuchten u. a. Angehörige der Amerikanischen MVM in der Femina-Bar in Leipzig Verbindung mit der Bar-Dame anzuknüpfen und übergaben ihr in einem eingerollten 50,00-DM-Markschein [sic!] einen Zettel. In der gleichen Bar versuchten sie, mit einem Ingenieur vom Geodätischen Dienst Leipzig und mit einem Diplom-Ingenieur der Hochschule für Bauwesen Kontakt aufzunehmen. Ein ähnliches Verhalten von MVM-Angehörigen wurde z. B. im Hotel »Exelsior« in Dresden, im Hotel »Auf der Wartburg« in Eisenach u. a. festgestellt. Insgesamt ist bemerkenswert, dass – besonders von der Französischen MVM – Wert auf Kontakt zu Gaststättenbesitzern gelegt wird, die Fremdsprachen-Kenntnisse haben und deren Gaststätten in der Nähe militärischer Objekte liegen.
Weiter benutzen sie in starkem Maße fast alle größeren Veranstaltungen, wo viele Menschen zusammenkommen, um Kontakt herzustellen. Dies war z. B. bei der Leipziger Herbstmesse 1960, bei der Anwesenheit der polnischen Regierungsdelegation in Magdeburg, bei den Arbeiterfestspielen, während der Ostseewoche usw. der Fall.
Aus der Vielzahl der Beispiele von versuchter Kontaktaufnahme soll hier nur auf einige der typischsten noch verwiesen werden.
In fünf Fällen wurde vorwiegend von der amerikanischen MVM versucht, Kontakt zu Bürgern aus Bautzen/Dresden aufzunehmen. Dabei handelt es sich um zwei Frauen, die einen unmoralischen Lebenswandel führen und intime Beziehungen zu Angehörigen der NVA bzw. zu IS-Angehörigen unterhalten. Eine dritte Frau hat starke verwandtschaftliche Verbindungen nach Westdeutschland. Bei der vierten Person handelt es sich um die Mutter eines zu Zuchthaus verurteilten Agenten des amerikanischen Geheimdienstes und in einem weiteren Falle versuchten sie mit einem ehemaligen Angehörigen der DGP, der zzt. in Bautzen studiert und unmittelbar neben dem IS-Objekt wohnt, Kontakt aufzunehmen. (Bautzen wird von den MVM als Schwerpunkt betrachtet, weil sich dort neben dem IS-Objekt – ehemalige Angehörige der NATO-Armeen, denen in der DDR politisches Asyl gewährt wurde – auch eine Flugschule der NVA, eine Schule des MfS, Kasernen der DGP, ein Sprengstoffwerk, eine Munitionsfabrik und eine Strafvollzugsanstalt befinden und Bautzen außerdem Grenzkreis zur ČSSR ist.). Der Angehörige der Amerikanischen MVM Olsen führte in Bautzen mit einem IS-Angehörigen eine illegale Zusammenkunft durch, wobei der diesem zur Flucht riet und nähere Hinweise zur Bewerkstelligung der Flucht gab. Ebenfalls in Bautzen wurde ein Diakon der evangelischen Kirche von Angehörigen der Französischen MVM aufgesucht. Unmittelbar nach dem Gespräch, bei dem sich der Diakon Notizen machte, begab sich der Diakon erst zu einer Person, die bereits vom MfS bearbeitet wird, und anschließend zur Mutter eines wegen Spionage für den CIC zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilten Agenten.
Angehörige der Amerikanischen MVM versuchten in Eisenach, mit der Tochter des inhaftierten Agenten des amerikanischen Geheimdienstes, [Name 2], Verbindung aufzunehmen. Im Hotel »Chemnitzer Hof« in Karl-Marx-Stadt versuchten ebenfalls amerikanische MVM-Angehörige, Kontakt zum Pförtner des Hotels herzustellen und – nachdem sie versucht hatten ihn mit Zigaretten zu bestechen – von ihm Auskünfte über militärische Bauten in Karl-Marx-Stadt zu erhalten.
In mehreren Fällen werden Zusammenkünfte von Angehörigen der MVM mit Bürgern der DDR in Form regelrechter »Treffs« organisiert. So trafen sich z. B. Angehörige der Amerikanischen MVM auf einem Autobahn-Parkplatz südlich von Berlin an der Strecke nach Dresden mit den Insassen eines bereits wartenden Pkw. Der Inhaber des Pkw ist ehem. Großbauer und Faschist, 1953 wegen Terror zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Heute geht er keiner beruflichen Tätigkeit nach und ist ständig mit seinem Pkw unterwegs.
Ein weiterer Treff wurde durch Angehörige der Amerikanischen MVM mit zwei Personen in einem Waldgebiet bei Ribnitz/Damgarten Bezirk Rostock durchgeführt.
Angehörige der Britischen MVM trafen sich auf einer Fahrt im Gebiet der DDR auf der Straße Bernburg/Halle mit zwei bereits wartenden Personen und nahmen sie in das Fahrzeug auf.
Am 21.11.1960 stiegen drei Angehörige der Britischen MVM mit einer unbekannten männlichen Zivilperson im Hotel »Mecklenburger Hof« in Rostock ab und unterhielten sich dort längere Zeit mit dieser Person.
Im Kreis Wittstock wartete auf offener Landstraße ein Pkw aus der DDR fast zwei Stunden auf einen Wagen der USA-MVM. Nach Eintreffen des MVM-Fahrzeuges verließen beide die Straße und fuhren in einen Seitenweg.
4. Provokatorische Methoden und gesetzwidriges Verhalten von Angehörigen der MVM.
In Durchführung ihrer feindlichen Tätigkeit wenden die Angehörigen der MVM eine Reihe provokatorischer Methoden an. Dabei verstoßen sie laufend gegen die Gesetze der DDR und ignorieren die Sicherheitsorgane der DDR und ihre Anweisungen. Dadurch kommt es oft zu ernsten, von den MVM-Angehörigen hervorgerufenen Zwischenfällen.
a) provokatorisches Verhalten und Methoden der Täuschung und Tarnung
In dem Bestreben, ihre Tätigkeit unbeobachtet durchzuführen, wenden die MVM-Angehörigen eine Reihe von Täuschungs- und Tarnmanövern an. So legen sich Angehörige der MVM bei Ausfahrt aus dem Missionsgelände auf den Boden der Fahrzeuge und lassen sich zudecken, um eine Leerfahrt vorzutäuschen. Eine andere Form der Täuschung ist, dass Angehörige der USA-MVM mittels Boot das Missionsgelände verlassen und an einer anderen geeigneten Stelle dann in ein bereitstehendes Missionsfahrzeug zusteigen. Eine besonders von der USA-MVM benutzte Methode, sich der Beobachtung zu entziehen, ist das Fahren mit Militärkennzeichen auf der vorgeschriebenen Transitstrecke nach Westdeutschland über Marienborn. Von dort aus fahren sie dann mit dem Missionskennzeichen wieder in die DDR ein und treten erst dann ihre Spionagefahrten an.
Verschiedentlich werden die Erkundungsfahrten auch als Familienausflug getarnt. So unternahmen z. B. der Angehörige der amerikanischen MVM [Name 3] und seine Familie eine ausgedehnte Fahrt in den Bezirk Dresden, von dort in den Bezirk Karl-Marx-Stadt, wo sie übernachteten und weiter nach Thüringen, wo sie in Eisenach ebenfalls übernachteten. Alle Umstände weisen aber eindeutig darauf hin, dass es sich keinesfalls um eine »Familienfahrt« handelte.
Bei Beobachtungen oder Verfolgungen durch die Sicherheitsorgane versuchen sie, diese Fahrzeuge zu blockieren. Zum Beispiel fuhr ein Fahrzeug der Französischen MVM mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h in Potsdam durch die Geschwister-Scholl-Straße. Als ein Beobachtungsfahrzeug überholen wollte, um auf die Verkehrsübertretung aufmerksam zu machen, zog der Fahrer des französischen Wagens links an. Dabei kam das Beobachtungsfahrzeug ins Schleudern und prallte gegen einen Baum.
Oft wird durch Täuschen der Kontrollposten versucht, sich einer Kontrolle zu entziehen. Es wurde das Fahrzeug Nr. 64 der Britischen MVM mit verschmiertem Nummernschild (Major Nunwick) von einem Abschnittsbevollmächtigten der VP kontrolliert. Diesem zeigte Nunwick zwei verschiedene Ausweispapiere, aus denen die Zugehörigkeit zur Mission nicht hervorging und die eindeutig zum Zwecke der Täuschung angefertigt waren. Als der ABV wegen des Ausweises mit seiner vorgesetzten Dienststelle sprechen wollte, entfernte sich das Missionsfahrzeug und ließ diesen Ausweis zurück. (Weitere solcher gefälschten Ausweise konnten sichergestellt werden.)
Ebenfalls provokatorische Handlungen stellten die Versuche dar, Angehörige der Sicherheitsorgane der DDR zu fotografieren, sie zu beschimpfen und Tätlichkeiten gegen sie zu verüben. Z. B. versuchten Angehörige der Britischen MVM (unter ihnen ehem. Chef der Mission – Brigadegeneral Packard), als sie von den Sicherheitsorganen an der Einfahrt in ein Sperrgebiet gehindert wurden, die Mitarbeiter der Sicherheitsorgane zu fotografieren, beschimpften sie in beleidigender Weise und schlugen schließlich auf sie ein, sodass sie mit Gewalt zur Ruhe gebracht werden mussten.
Zu einer ernsthaften feindlichen Provokation kam es in Falkenrehde/Bezirk Potsdam, wo Angehörige der Amerikanischen MVM eine Fahne abrissen und entwendeten. Als daraufhin die Provokateure von VP-Angehörigen und VP-Helfern gestellt werden sollten, flüchteten sie trotz Warnschüssen mit großer Geschwindigkeit und ohne Fahrzeugbeleuchtung, wobei sie versuchten, die VP-Angehörigen zu überfahren.
Als gleichermaßen provokatorisch sind solche Handlungen zu sehen, wo ständig Gebäude der Partei und Sicherheitsorgane bzw. Privatwohnungen von Funktionären angefahren und dort Aufzeichnungen gemacht werden. Unter anderem wurde am […]5.8.1960 die Wohnung des VPKA-Leiters von Brandenburg zu diesem Zweck angefahren.
Am 5.9.1960 hatte Major Drake (USA-MVM) auf der Autobahn Halle–Leipzig einen Unfall mit einem Westberliner Pkw. Drake übergab dem Geschädigten seine Adresse und verhinderte eine polizeiliche Aufnahme des Unfalls.
Dieses gesamte Verhalten der Angehörigen der MVM ist vor allem auch unter dem Aspekt zu sehen, wie die meisten der angeführten Fälle eindeutig beweisen, in provokatorischer Weise ihr »Nichtanerkennen der DDR« zu dokumentieren.
Eine andere Form der provokatorischen Handlungen, die hauptsächlich auf die ideologische Beeinflussung der Bevölkerung gerichtet ist, ist das Verteilen von Westzigaretten und Süßigkeiten, um auf diese Weise Kontakt mit der Bevölkerung zu bekommen, die Sympathien auf sich zu ziehen und falsche Vorstellungen bei der Bevölkerung hervorzurufen. Als solche Formen der Provokation sind unter anderem folgende Beispiele zu werten: Im Kreisgebiet von Wittstock wurden von Angehörigen der Amerikanischen MVM Westzeitungen verbreitet.
In Herzberg warfen ebenfalls Angehörige der Amerikanischen MVM größere Mengen Westzigaretten auf die Straße und filmten mit einer Schmalfilmkamera, wie Jugendliche diese Zigaretten aufsammelten. Auf einem Lkw befindlichen VP-Angehörigen wurden Westzigaretten zugeworfen mit der Bemerkung: »Feiern sie den 1. Mai gut«.
Diese Art, zu Zivilpersonen hergestellter Kontakte, wird gleichzeitig zur Befragung ausgenutzt, z. B. welche militärischen Objekte und Manöver der Zivilbevölkerung bekannt sind, um welche Einheiten es sich handelt, wie stark sie sind und welche Waffen sie besitzen (wie es z. B. von amerikanischen MVM-Angehörigen in Schönbrunn Kreis Bautzen versucht wurde), was über die Einstellung der Bevölkerung der DDR bekannt sei, welche Versorgungsschwierigkeiten es gibt und ähnliche Fragen mehr. Wie weit die Auswirkungen solcher Kontakte zu Zivilpersonen gehen, zeigt sich in einer Äußerung eines Obstbauern aus Werder, der erklärte, dass er für seine geplante Republikflucht erforderlichenfalls mit der Unterstützung der »Engländer« rechnen könne.
In gleicher Weise ist das Verhalten eines Malermeisters aus Neufahrland einzuschätzen, der sich über Zivilangestellte an die Amerikanische MVM wandte, um mithilfe der MVM Geld nach Westberlin zu verbringen und sich dort ein Konto einrichten zu lassen.
Außer der Vielzahl solcher und ähnlicher Provokationen und Verstöße gegen die Gesetze der DDR verursachen die MVM durch ihre zahlreichen Geländefahrten fast ständig (wie bereits aus einem konkreten Beispiel hervorging) Feld- und Waldschäden. Es gibt Hinweise, dass sie solche Schäden in der Absicht hervorrufen, dadurch mit den geschädigten Bauern Verbindung zu bekommen. Zu diesem Zweck führen sie vorgedruckte Formulare über Schadensersatzleistungen bei sich, mittels derer sie einen offiziellen Kontakt zwischen DDR-Bürgern und der MVM bzw. anderen »zuständigen« Stellen in Westberlin herzustellen versuchen. (Auch derartige Formulare wurden z. B. bei Angehörigen der Britischen MVM beschlagnahmt).
b) Eindringen in Sperrgebiete
Weitere grobe Verstöße der Angehörigen der MVM bestehen in dem bereits angeführten Nichtbeachten der gekennzeichneten Sperrgebiete. Sie benutzen auf ihren Fahrten gesperrte Straßen, die an militärischen Objekten – besonders der Sowjetarmee –, an Rückkehrerlagern u. a. für sie interessanten Objekten vorbeiführen und dringen fast täglich auch direkt in die Sperrgebiete ein, ohne die Verbotsschilder und die Stoppzeichen der Regulierungsposten zu beachten.
In letzter Zeit fahren sie auch so lange um das Sperrgebiet herum, bis sie Wald- und Feldwege gefunden haben, die nicht durch Sperrschilder gekennzeichnet sind, aber ebenfalls ins Sperrgebiet führen.
Besonders sind sie bestrebt, ihre Fahrten nachts oder in den späten Nachmittags- und Abendstunden anzutreten, fahren bei Dunkelheit oft ohne jegliche Fahrzeugbeleuchtung, verschmieren und verhängen absichtlich die Fahrzeug- und MVM-Kennzeichen, damit sie unerkannt in Sperrgebiete eindringen können. So drangen erst am 20.1.1961 die beiden Missionsfahrzeuge der US-MVM BR 51 und 55 (Cpt. Dunn, Sold. [Name 4]) in ein ständiges Sperrgebiet bei Wittstock ein und verhängten dabei das Missionsschild mit Stoff und Papier.
Angehörige der Amerikanischen MVM erkundeten die Zufahrtsstraßen zu einem größeren Sperrgebiet, in dem Übungen der sowjetischen Armee stattfinden sollten. In der Nähe dieser Straße ließen sie ihre Fahrzeuge im Gelände versteckt stehen und begaben sich zu Fuß in unmittelbare Nähe der Zufahrtsstraße, wo sie sich tarnten und den Antransport zur Übung beobachteten. Während kurzer Unterbrechungen der Transporte begaben sie sich direkt auf die Straße, um verschiedene Spuren der beobachteten Fahrzeuge auszumessen.
Außerdem gehen die MVM immer mehr dazu über, nächtelang in der Nähe von Übungsplätzen und Objekten im Freien zu übernachten. Teilweise geschieht das auch in kalter Jahreszeit, wozu sie heizbare Schlafsäcke mit sich führen. So hielten sich Angehörige der Amerikanischen MVM drei Tage und Nächte versteckt in einem Waldgebiet in der Nähe eines Bombenabwurfplatzes und eines ZK-Objektes im Kreisgebiet Torgau auf. Sie tarnten ihre Fahrzeuge und Lagerstätte, letztere wurden mehrmals gewechselt, durch junge Bäume, die sie in großer Zahl schlugen. (Dieses Beispiel zeigt gleichzeitig, dass sie durch ihre Tarnstellungen und Tarnunterkünfte im Freien auch beträchtlichen Flurschaden verursachen und junge Aufforstungen zerstören.)
In dem ständigen Bestreben, jede Kontrolle – vor allem in der Nähe von Sperrgebieten – zu vermeiden, benutzen sie neuerdings nur selten Straßen, umfahren Städte und größere Ortschaften und bewegen sich vorwiegend auf Feld- und Waldwegen. Werden sie trotzdem von Kontrollen gestellt, versuchen sie in erster Linie zu flüchten, und in wiederholten Fällen ist es dabei vorgekommen, dass sie versuchten, die Kontrollposten umzufahren.
Z. B. fuhr am 25.3.1960 ein Fahrzeug der Amerikanischen MVM in das Sperrgebiet der NVA in Torgau ein. Als ein Oberfeldwebel das Fahrzeug stoppen wollte, versuchten sie ihn zu überfahren und der Oberfeldwebel konnte sich nur durch einen Sprung zur Seite in Sicherheit bringen.
Am 21.5.1960, als zwei Fahrzeuge der Britischen MVM in ein Sperrgebiet bei Wilhelmshorst/Bezirk Potsdam einzudringen versuchten, wurde der VP-Posten angefahren und am Oberschenkel verletzt.
Beispiele, wo bei der Einfahrt in Sperrgebiete den Aufforderungen der Regulierungsposten sowohl der sowjetischen Freunde als auch der NVA nicht Folge geleistet wurde, liegen noch in großer Anzahl und bis zur jüngsten Zeit vor. Z. B. am 31.1.1961 im Sperrgebiet im Kreis Brandenburg durch britische MVM-Angehörige.
Zum Teil kommen sie selbst bei der Abgabe von Warn- und gezielten Schüssen den Aufforderungen der Sicherheitsorgane nicht nach und flüchten. So setzten Angehörige der Französischen MVM ihre Flucht aus einem örtlichen Sperrgebiet bei Zehdenick/Bezirk Potsdam fort, obwohl ein französischer Offizier durch zwei Schüsse verletzt wurde und sich später in ein deutsches Krankenhaus begeben musste.
c) Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung.
Um ungestört ihre Erkundungsfahrten im Gebiet der DDR durchführen zu können, versuchen sie seit Jahren durch ständiges Fahren mit stark überhöhter Geschwindigkeit – teilweise bis zu 190 km/h – einer Beobachtung zu entgehen.
Auch durch Städte und Dörfer, auf Straßen, die einer Geschwindigkeitsbeschränkung unterliegen, auf Feld- und Waldwege fahren sie mit unzulässig hohen Geschwindigkeiten. Dadurch und durch die rücksichtslose Fahrweise wurden bereits eine Reihe Unfälle verursacht, Bürger der DDR verletzt und gefährdet.
So fuhr ein Pkw der USA-MVM bei Bornim/Potsdam auf einen Pkw »Wartburg« auf. Ebenfalls ein Pkw der USA-MVM fuhr in Lommatzsch/Meißen einen Moped-Fahrer um.
Der Pkw 59 der Britischen MVM verursachte in Weimar einen Verkehrsunfall mit einem Krad und wurde flüchtig und auch ein Pkw der Französischen MVM konnte nach einem Verkehrsunfall erst nach Fahndung gestellt werden.
In Werder wurde von einem Pkw der Französischen MVM eine Frau angefahren, die davon einen Unterschädelbruch erlitt und in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste.
Wegen Nichtbeachten der Vorfahrt verursachten Major Ambrose und Corp. [Name 5] der Britischen MVM einen Verkehrsunfall mit einem Lkw am 2.12.1960.
Am 9.12.1960 fuhren Major Nunwick, Cpt. Steward und Gefr. [Name 6] wegen zu hoher Geschwindigkeit zwischen Friesack und Segelitz/Kreis Nauen auf einen parkenden Pkw auf.
Am 4.10.1960 fuhren Angehörige der Französischen MVM im Gebiet von Magdeburg mit 130 km/h durch Ortschaften und gefährdeten durch rücksichtsloses Fahren andere Verkehrsteilnehmer.
Das sind nur einige der fast täglich verursachten Unfälle und Gefährdungen.
Typisch in diesem Zusammenhang sind die Äußerungen verschiedener Fahrer der MVM, die sich damit brüsten, auch nach Alkoholgenuss über 150 km/h zu fahren, was auch tatsächlich geschieht.
d) Verstöße gegen die Gesetze zum Schutz des innerdeutschen Zahlungsverkehrs und des innerdeutschen Handels.6
Weitere zahlreiche Vergehen gegen die Gesetze der DDR ergeben sich daraus, dass die Angehörigen der MVM im großen Umfang und weit über ihren persönlichen Bedarf hinaus Lebensmittel, Wertgegenstände (besonders optische Geräte und Meißner Porzellan) in der DDR ankaufen und zur persönlichen Bereicherung nach Westberlin verschieben.
Zum Beispiel lassen sich Angehörige der Französischen MVM von ihren Zivilangestellten ständig für große Summen von einzelnen Offizieren bis zu 2 000 DM monatlich meist besonders knappe Lebensmittel wie Rindfleisch, Filets usw. einkaufen, wodurch es bereits zu gegen die MVM gerichteten Protesten seitens der Bevölkerung kam, weil ihr diese notwendigen Lebensmittel damit entzogen wurden.
Ähnlich – wenn auch nicht in diesem krassen Ausmaß – wird von der Britischen MVM verfahren.
Noch bedeutend höher liegt der Ankauf optischer Geräte, Meißner Porzellan und ähnlichen Wertgegenständigen zur Spekulation und unter Ausnutzung des Schwindelkurses. Allein in Potsdam und Berlin wurden von nur einigen Angehörigen der drei MVM nachweisbar in den letzten Monaten für über 83 000 DM derartige Wertgegenstände eingekauft und verbracht.
Diese Zahlen sind jedoch nur relativ zu sehen, da ein großer Teil aller Wertgegenstände in der DDR gekauft wird, wo sie ständige Kunden in Antiquitätenhandlungen und Industrieläden sind. Dadurch liegen die Gesamtsumme und der damit hervorgerufene Schaden um ein Vielfaches höher.
So kaufen fast alle Angehörigen der MVM Meißner Porzellan im durchschnittlichen Werte von je mehreren tausend DM direkt ab Werk, das ständig von ihnen aufgesucht wird. Zum Teil werden solche Porzellanwaren vorbestellt und auch Aufträge zu ganz bestimmten Sonderanfertigungen an die Meißner Porzellanmanufaktur gegeben.
Durch das gesamte Verhalten und die feindliche und ungesetzliche Tätigkeit der MVM kommt es bei der Bevölkerung der DDR ständig zu missbilligenden Diskussionen, Protesten und teilweise auch zu tätlichen Angriffen bzw. Drohungen gegenüber Angehörigen der MVM.
Solche Proteste liegen aus allen Bevölkerungsschichten vor, wobei sie besonders das rücksichtslose Fahren und die dadurch hervorgerufenen Unglücksfälle, Beschädigungen und Gefährdungen, die Ankäufe von Lebensmitteln und die Flur- und Waldschäden verurteilen. So gingen z. B. LPG-Bauern aus Fahrland mit Heugabeln gegen Angehörige der USA-MVM vor, als diese ihr Ackerland befuhren.
Straßenarbeiter aus Potsdam drohten den MVM-Angehörigen, ihren Wagen umzustürzen, weil sie durch Nichtbeachtung der Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Straßenbaustelle das Leben der Straßenbauarbeiter gefährdeten.