Nichtbeachtung der Ausreisevorschriften durch Botschaft Kubas
7. April 1964
Einzelinformation Nr. 293/64 über Nichtbeachtung der Ausreisevorschriften seitens Angehöriger der kubanischen Botschaft in der DDR
Am 7.4.1964, gegen 10.50 Uhr, versuchte mit dem Fahrzeug der kubanischen Botschaft IU 02-86 ein kubanischer Bürger (Inhaber eines Dienstpasses) mit dem DDR-Bürger [Name, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1906 in Barcelona, wohnhaft Berlin-Pankow, [Straße, Nr.], als Fahrer über den KPP Friedrichstraße nach Westberlin auszureisen, obwohl [Name] keine gültigen Dokumente zur Ausreise nach Westberlin besaß. [Name] erklärte, dass für den kubanischen Bürger – der am 6.4.1964 aus Kuba kommend in die DDR einreiste – Reisegepäck vom Flughafen Tempelhof abgeholt werden soll. [Name] habe den kubanischen Bürger am 6.4.1964 auch bereits von Tempelhof abgeholt, ohne dass ihm beim Grenzübertritt am KPP Friedrichstraße Schwierigkeiten gemacht worden seien.
Wie die Überprüfung ergab, reiste zwar der kubanische Bürger am 6.4. ein, jedoch zusammen mit einem kubanischen Bürger und beide mit ordnungsgemäßen Pässen und entsprechenden Sichtvermerken. An [Name] dagegen war für den 6.4. keinerlei Genehmigung erteilt worden. Aufgrund dieser Lage wurde vom Leiter der Passkontrolle am KPP Friedrichstraße die Ausreise am 7.6.1964 nicht gestattet und [Name] fuhr mit dem kubanischen Bürger gegen 11.05 Uhr in die Hauptstadt der DDR zurück.
Gegen 12.10 Uhr des gleichen Tages erschien [Name] abermals mit dem kubanischen Bürger und einem weiteren kubanischen Bürger, der sich mit Klappkarte als bei uns akkreditierter Diplomat auswies zur Ausreise nach Westberlin. Sie baten den Leiter der Passkontrolle, die Ausreise des DDR-Bürgers zu gestatten. Sie wurden wieder darauf hingewiesen, dass ohne entsprechende Genehmigung die Ausreise nicht erlaubt werden darf. Ferner wurden sie gefragt, ob sie keinen Fahrer einsetzen könnten, der die entsprechende Genehmigung besitzt. Dies wurde von den kubanischen Bürgern zwar bejaht, aber dieser Fahrer sei nicht zu erreichen, weshalb sie nochmals um die Ausreise baten.
Daraufhin wurde vom Leiter der Passkontrolle versucht, bei seiner vorgesetzten Dienststelle diesen Fall telefonisch vorzutragen. Im Verlaufe dieser Bemühungen fuhr das Fahrzeug jedoch gegen 12.25 Uhr mit allen Insassen wieder in die Hauptstadt der DDR mit der Bemerkung zurück, der Leiter der Passkontrolle brauche sich nicht mehr bemühen. Dies würde ihnen zu lange dauern.
Am 7.4., gegen 14.25 Uhr, reisten mit diesem Fahrzeug dann drei kubanische Bürger (davon ein Fahrer) ordnungsgemäß nach Westberlin aus.
Zu diesem Vorkommnis ist noch zu bemerken: Es ist zwar verständlich, dass die Mitarbeiter der kubanischen Botschaft kurzfristig die Ausreise nach Westberlin erlangen und deshalb die Entscheidung der vorgesetzten Dienststelle des KPP nicht abwarten wollten. Für die Passkontrolle an den KPP gibt es jedoch Vorschriften, die von den Mitarbeitern der KPP nicht eigenmächtig aufgehoben werden können. Es wird deshalb gebeten, die kubanische Botschaft zu informieren, dass solche Entscheidungen am KPP nicht getroffen werden können. Gleichzeitig sollte ihr mitgeteilt werden, dass es angebracht ist, auch in solchen kurzfristig gewünschten Ausreisen vorher bei der Konsularabteilung des MfAA die notwendigen Dokumente zu beantragen. Falls eine Ausstellung der entsprechenden Dokumente in der kurzen Zeit nicht mehr erfolgen kann, besteht dann trotzdem die Möglichkeit, dass von der Konsularabteilung des MfAA entsprechende Hinweise an das MfS gegeben werden, die eine reibungslose Ausreise ermöglichen.