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Bekämpfung des Missbrauchs der Transitwege (1)

17. Oktober 1977
Information Nr. 647/77 über den Umfang und die bisherigen Ergebnisse der Durchsetzung der Maßnahmen zur Erhöhung der Wirksamkeit des Kampfes gegen den Missbrauch der Transitwege

In Durchsetzung der eingeleiteten Maßnahmen am 14.10.1977, um 0.00 Uhr, zur Erhöhung der Wirksamkeit des Kampfes gegen den verbrecherischen Missbrauch der Transitwege zwischen der BRD und Westberlin wurde – unter strenger Wahrung der Festlegungen in Artikel 16 des Transitabkommens1 – die Anzahl der Durchsuchungen (Verdachtskontrollen) von Transitreisenden, der von ihnen benutzten Transportmittel sowie ihres persönlichen Gepäcks erhöht.

Im Zeitraum vom 14.10.1977, 0.00 Uhr, bis 17.10.1977, 6.00 Uhr, sind im engen Zusammenwirken zwischen den Pass- und Zollkontrollorganen an den Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD und zu Westberlin insgesamt 57 Verdachtskontrollen gegenüber Transitreisenden durchgeführt worden. Ca. 75 % aller Verdachtskontrollen erfolgten zu Zeiten, die erfahrungsgemäß für verstärkte Aktivitäten krimineller Menschenhändlerbanden typisch sind. In allen Fällen wurde durch diese Verdachtskontrollen die abkommensgerechte und reibungslose Abfertigung und Abwicklung des Transitverkehrs zwischen der BRD und Westberlin nicht beeinträchtigt.

Die Durchführung der Verdachtskontrollen erfolgte

  • aufgrund des Vorliegens von Verdachtsgründen auf einen rechtswidrig und schuldhaft begangenen Transitmissbrauch im Zusammenhang mit der Aufnahme von Personen der DDR in Kfz (30 Verdachtskontrollen); Ausgangspunkt für die Durchführung der Verdachtskontrollen waren insbesondere

    • Feststellungen über die erhebliche Überschreitung der allgemein üblichen Fahrzeiten zwischen der Einreise- und Ausreisegrenzübergangsstelle,

    • Feststellungen des Umkehrens von Transitreisenden während der Transitreise und Wiederausreise über die Grenzübergangsstelle, über welche die Einreise zum Transitverkehr erfolgte,

    • Feststellungen zu Transportmitteln, durch deren äußere Beschau Merkmale erkannt wurden, wie sie erfahrungsgemäß für die verbrecherischen Machenschaften krimineller Menschenhändlerbanden typisch sind (z. B. geringer Zeitwert der Transportmittel, Hinweise auf erfolgte technische Veränderungen, auf die von den üblichen Normen abweichende Straßenlage der Transportmittel – insbesondere in solchen Fällen, wo der Transport größerer Lasten in Pkw unverkennbar war);

    • aufgrund des Vorliegens hinreichender Verdachtsgründe einer Missbrauchshandlung durch Feststellungen über

    • die Aufnahme bzw. Verbreitung von Materialien von Transitreisenden an DDR-Bürger bzw. umgekehrt (drei Verdachtskontrollen),

    • die Aufnahme von Personen in Transportmitteln von Transitreisenden (fünf Verdachtskontrollen),

    • das unberechtigte Verlassen der vorgeschriebenen Transitwege durch Transitreisende, ohne durch besondere Umstände – wie Unfall oder Krankheit – oder durch Erlaubnis der zuständigen Organe der DDR dazu veranlasst zu sein (zehn Verdachtskontrollen),

    • die Aufnahme von verdächtigen Kontakten durch Transitreisende mit DDR-Bürgern während der Benutzung der Transitwege (eine Verdachtskontrolle);

  • aufgrund von Feststellungen der Beeinträchtigung der Zollverschlusssicherheit bei gemäß Artikel 6 des Transitabkommens2 unter Zollverschluss abgefertigten Gütertransportmitteln (vier Verdachtskontrollen);

  • aufgrund der Begehung grober Ordnungswidrigkeiten durch Verstöße gegen die Straßenverkehrsvorschriften der DDR (eine Verdachtskontrolle)

sowie wegen des Vorliegens sonstiger Verdachtsmomente (drei Verdachtskontrollen), insbesondere aufgrund verdächtiger Verhaltensweisen von Transitreisenden.

Bei den bisher erfolgten 57 Verdachtskontrollen wurden Kontroll- und Überprüfungsmaßnahmen gegenüber 36 BRD-Bürgern, 34 ständigen Einwohnern von Westberlin und vier Bürgern anderer nichtsozialistischer Staaten (Türkei, Irak (2), Österreich) durchgeführt.

Im Ergebnis der bisher durchgeführten Verdachtskontrollen wurden zehn Missbrauchshandlungen gemäß Artikel 16 des Transitabkommens bestätigt.

Dabei handelte es sich um

  • vier Fälle des Abweichens von den vorgesehenen Transitwegen, (u. a. in zwei Fällen Verlassen der Transitstrecke Straße – über 50 km),

  • zwei Fälle der Aufnahme von Personen,

  • drei Fälle der Übergabe/Übernahme von Materialien, (u. a. ungesetzliche Einfuhr eines Kofferradios in die DDR, in dem 2 800 M versteckt waren (Übergabe an Bruder), Versuch der illegalen Einschleusung von 92 Zeitschriften),

  • einen Fall der Verletzung der Straßenverkehrsvorschriften der DDR.

In weiteren fünf Fällen der durchgeführten Verdachtskontrollen bestätigten sich Feststellungen des Verstoßes gegen weitere Bestimmungen des Transitabkommens, davon

  • vier Fälle der Verletzung der zollverschlusssicheren Herrichtung von Gütertransportmitteln, indem an den Ausreise-Grenzübergangsstellen das Fehlen jeweils Einzelner, an der Einreise-Grenzübergangsstelle noch vorhandener Zollverschlüsse (Plomben) festgestellt wurde,

  • einen Fall des Verstoßes gegen die veterinär-hygienischen Bestimmungen im Transitverkehr.

In der überwiegenden Mehrzahl aller anderen durchgeführten Verdachtskontrollen konnten im Ergebnis der durchgeführten Maßnahmen Hinweise über Kontakte, Verbindungen und Zusammenkünfte von Transitreisenden mit Bürgern der DDR sowie Zusammenhänge verdächtiger Handlungen und Verhaltensweisen von Transitreisenden erarbeitet werden.

Auch in den Fällen, wo bisher kein unmittelbarerer Beweis für den Missbrauch der Transitwege zwischen der BRD und Westberlin erbracht werden konnte, führten die durch die Kontroll- und Überprüfungsmaßnahmen gewonnenen Hinweise zu bedeutsamen Feststellungen, an deren weiteren Aufklärung intensiv gearbeitet wird. Das betrifft z. B. Feststellungen über

  • Aktivitäten eines vermutlichen Kuriers einer noch nicht näher bekannten kriminellen Menschenhändlerbande,

  • den Einsatz von ehemaligen DDR-Bürgern, die für die Einreise in die DDR und den Transit nach Drittstaaten gesperrt sind, als Fahrer von zollverschlusssicher eingerichteten Gütertransportmitteln.

In allen Fällen der bisher durchgeführten Verdachtskontrollen erwiesen sich die Kontroll- und Überprüfungsmaßnahmen als notwendig und zweckmäßig. Bisher gibt es keine Hinweise, dass die der Kontrolle und Überprüfung unterzogenen Transitreisenden die Durchführung der Maßnahmen verweigerten oder sich negativ äußerten.

Die im Ergebnis der durchgeführten Verdachtskontrollen erarbeiteten Hinweise führten in fast allen Fällen zur weiteren Verdichtung vorliegender Anhaltspunkte für einen Missbrauch der Transitwege. Diesbezüglich wurden Maßnahmen zur weiteren Aufklärung, Kontrolle und Überprüfung der betreffenden Personen eingeleitet.

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