Aktivitäten des ZDF-Korrespondenten Dietmar Barsig in Ostberlin
12. Februar 1988
Information Nr. 79/88 über das rechtswidrige Vorgehen des akkreditierten Korrespondenten des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) in der DDR, Barsig, Dietmar, im Zusammenhang mit der Organisierung und Publizierung der provokatorisch-demonstrativen Handlung einer Gruppe feindlich-negativer DDR-Bürger am 19. Januar 1988 in der Hauptstadt der DDR, Berlin
Eine Gruppe von vier feindlich-negativen DDR-Bürgern (Initiator [Name]) führte am 19. Januar 1988, gegen 22.00 Uhr in Abstimmung und im engen Zusammenwirken mit dem kurzzeitig in der DDR akkreditierten Korrespondenten des ZDF, Barsig, Dietmar (Urlaubsvertretung von Brüssau, Werner), eine provokatorisch-demonstrative Aktion durch, die von Kamerateams des ZDF und der ARD unter Regie von Barsig dokumentiert und am 20. Januar 1988 im Verlaufe verschiedener Sendungen des BRD-Fernsehens publiziert wurde. (Vgl. dazu auch Information des MfS Nr. 39/88 vom 22. Januar 1988, Seite 3) Die vier DDR-Bürger wurden inhaftiert; sie sind entsprechend ihrem Antrag aus der Staatsbürgerschaft der DDR entlassen worden und am 10. Februar 1988 in die BRD ausgereist.
Dem MfS vorliegende Untersuchungsergebnisse beweisen zweifelsfrei, dass Barsig unter Missbrauch der den akkreditierten Korrespondenten eingeräumten großzügigen Arbeitsmöglichkeiten maßgeblichen Einfluss auf die inhaltliche Vorbereitung und organisatorische Durchführung dieser von den Provokateuren zunächst allgemein als »Hungerstreik« geplanten Aktion ausübte.
Seine Vorgehensweise dabei belegt eindeutig die Zielstellung, die Provokation im Rahmen der zu diesem Zeitpunkt auf Hochtouren laufenden Verleumdungskampagne gegen die DDR möglichst massenwirksam und fernsehgerecht zu vermarkten, die zuständigen Organe der DDR über die von ihm zu verantwortenden Rechtsverletzungen jedoch hinwegzutäuschen.
Barsig bekundete sofort nach seiner Informierung über die beabsichtigte Provokation durch [Name] großes Interesse und sagte die Unterstützung des ZDF bezüglich einer öffentlichkeitswirksamen Publizierung zu. Er vereinbarte eine unmittelbare persönliche Zusammenkunft mit [Name], forderte und übernahm z. T. schriftliche Informationen zu den Personen und bisher von ihnen begangenen antisozialistischen Aktivitäten. Er sagte die Einbeziehung weiterer in der DDR akkreditierter Korrespondenten von BRD-Massenmedien zu. Darüber hinaus übergab er zur wechselseitigen Aufrechterhaltung des Kontaktes seine Visitenkarte, erläuterte Möglichkeiten für seine ständige Erreichbarkeit und forderte [Name] auf, ihn notfalls sofort zu informieren.
Nach vorliegenden eindeutigen Beweisen konzipierte und inspirierte Barsig persönlich gegenüber [Name] eine solche Vorgehensweise, die auf eine wesentliche Erhöhung der Wirksamkeit zur Diskriminierung der DDR und die eindeutige Einbeziehung der Provokation in die gegnerische Kampagne ausgerichtet war und insgesamt zur Begehung der Straftat beitrug.
So orientierte Barsig persönlich u. a. den [Name]
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auf die Anfertigung eines Transparentes oder Plakates und schlug ihm dazu vor, einen sogenannten Hungerstreik anzukündigen sowie mit den Initialen »UGAS« (Unabhängige Gruppe Allgemeine Solidarität) zu unterzeichnen. Offensichtlich sollte damit ein organisierter Widerstand in der DDR vorgetäuscht werden,
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demonstrativ mit diesem »Hungerstreik« die Freilassung der am 17. Januar 1988 inhaftierten Provokateure zu fordern sowie
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das öffentliche Anbringen des Plakates an der Haustür des Vorderhauses [Adresse] nach Eintreffen des ZDF zum vereinbarten Zeitpunkt vor Ort vorzunehmen als Voraussetzung für das Wirksamwerden des Aufnahmeteams.
Weitere im Widerspruch zur »Verordnung über die Tätigkeit von Publikationsorganen anderer Staaten und deren Korrespondenten in der DDR« vom 21. Februar 19731 und deren Durchführungsbestimmungen stehende Aktivitäten des Barsig im Zusammenhang mit dieser Provokation bestanden u. a. in der Zusage, die feindlich-negative Gruppierung am folgenden Tage, dem 20. Januar 1988, in der Wohnung des [Name] aufzusuchen, um sich von der weiteren Durchführung der Aktion zu überzeugen. Neben den wiederholten und Interviewcharakter tragenden Gesprächen mit [Name] führte Barsig bei der Realisierung der Fernsehaufnahmen am 19. Januar 1988, ab 21.50 Uhr vor dem Haus [Adresse] – durch ZDF und ARD – hinsichtlich Kameraeinsatz, Ausleuchtungstechnik sowie der fernsehgerechten Aufstellung und Manipulierung der Provokateure Regie.
Seitens des ZDF ist beabsichtigt, Mitte 1988 Antrag auf ständige Akkreditierung für Barsig/SPD in der DDR (Nachfolger für Funk) zu stellen.
Es wird vorgeschlagen zu prüfen, seitens des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, Abteilung Journalistische Beziehungen beim Intendanten des ZDF in geeigneter Form gegen diese Handlungen von Barsig zu protestieren und zu fordern, seitens des ZDF zu gewährleisten, dass die Mitarbeiter die journalistische Tätigkeit in Übereinstimmung mit der Rechtsordnung der DDR ausüben.