Grenzdurchbruch mit Lkw an der Glienicker Brücke
16. März 1988
Information Nr. 133/88 über einen gewaltsamen Grenzdurchbruch durch drei Bürger der DDR mit einem NKW, Typ W 50, am 10. März 1988 an der Grenzübergangsstelle Glienicker Brücke/Bezirk Potsdam
Am 10. März 1988, gegen 2 Uhr, durchbrachen die Bürger der DDR Puhlmann, Bernd (37), wohnhaft gewesen: [Adresse in Potsdam], Kraftfahrer, ohne Arbeitsrechtsverhältnis, geschieden, Ihden, Gotthard (37), wohnhaft gewesen: [Adresse in Potsdam], zuletzt tätig gewesen als Kellner/Koch in Gaststätte [Name des Lokals in Potsdam], verheiratet und Jäger, Werner (27), wohnhaft gewesen: [Adresse in Potsdam], Transportarbeiter, ohne Arbeitsrechtsverhältnis, ledig mit einem NKW, Typ W 50, gewaltsam die Grenzübergangsstelle Glienicker Brücke nach Berlin (West).1
Wie die geführten Untersuchungen ergaben, näherten sich die Täter mit dem NKW auf der Berliner Straße aus Richtung Potsdam kommend mit eingeschalteter gelber Rundumleuchte sowie linken Fahrtrichtungsanzeiger der Grenzübergangsstelle. Entgegen der angezeigten Fahrtrichtungsänderung bog das Fahrzeug nicht in die vor dem Territorium der Grenzübergangsstelle nach links abbiegende Schwanenallee, sondern fuhr mit zunehmender Geschwindigkeit (ca. 70 km/h) geradeaus in das Gelände der Grenzübergangsstelle Glienicker Brücke. Dabei zerstörte es die ordnungsgemäß geschlossenen Sperr- und Verkehrsleiteinrichtungen (das Passagetor der Abfertigungsspur für Militärfahrzeuge, zwei Sperrschlagbäume sowie das Ausfahrtstor nach Berlin-West). Am Wachgebäude der Kontrollposten der GSSD wurden ebenfalls Schäden verursacht.
Der NKW kam mit erheblichen Beschädigungen ca. 200 m auf dem Gebiet von Berlin (West) zum Stehen. Die Täter blieben – wie westlichen Medien zu entnehmen ist – unverletzt.
Wie die bisherigen Untersuchungen ergaben, war das Tatfahrzeug, das mit leeren stählernen Gasflaschen beladen war, durch Puhlmann vom Betriebsgelände seiner ehemaligen Arbeitsstelle, dem selbstständigen Fuhrunternehmen [Firmenname] in Potsdam-Babelsberg, entwendet worden.
Während des Vorkommnisses befanden sich im Kontrollterritorium der Grenzübergangsstelle keine Personen oder Fahrzeuge des grenzüberschreitenden Verkehrs.
Zum Zeitpunkt des gewaltsamen Grenzdurchbruchs war die Grenzübergangsstelle durch ein Postenpaar der Grenztruppen der DDR, den Diensthabenden Offizier der Grenztruppen, je einen Mitarbeiter der Passkontrolleinheit bzw. des Grenzzollamtes und eine Gruppe Angehöriger der GSSD – Stärke 1/4 – besetzt.
Aufgrund der territorialen Bedingungen sowie der möglichen Gefährdung von Personen, Objekten und Einrichtungen auf dem Gebiet von Berlin (West) war eine Anwendung der Schusswaffe durch die Kontroll- und Grenzsicherungskräfte der Grenztruppen der DDR und der GSSD zur Verhinderung des Grenzdurchbruchs nicht möglich.
Der gewaltsame Grenzdurchbruch wurde u. a. dadurch begünstigt, dass die vorhandenen Sperr- und Verkehrsleiteinrichtungen keine ausreichende Wirkung aufwiesen.
Da die Grenzübergangsstelle ausschließlich für die Ein- und Ausreise von Angehörigen und Gästen der Militärverbindungsmissionen der USA, Großbritanniens und Frankreichs bzw. von in der DDR akkreditierten Diplomaten zugelassen ist, wurden im Gegensatz zu den anderen Grenzübergangsstellen an der Staatsgrenze zu Berlin (West) keine Anlagen oder Verkehrsleiteinrichtungen errichtet, die das Befahren des Grenzübergangsstellen-Bereiches nur mit geringerer Geschwindigkeit zulassen. Das trifft auch für die Sperranlagen zu, die ebenfalls auf den speziellen Charakter dieser Grenzübergangsstelle ausgerichtet waren und deshalb nicht die erforderliche Wirksamkeit erreichten.
Durch die Grenztruppen der DDR wurden zur Gewährleistung der Sicherheit auf der Grenzübergangsstelle Sofortmaßnahmen (u. a. Errichtung von Betonsperrelementen im Einfahrtbereich der Grenzübergangsstelle) sowie im Zusammenwirken mit den territorialen Organen weiterführende erforderliche Maßnahmen zur Errichtung von Sperr- und Verkehrsleiteinrichtungen mit höherer Sperrwirkung veranlasst.
Die bisherigen Untersuchungen zum Persönlichkeitsbild der Täter haben ergeben:
[Interna aus der persönlichen und beruflichen Entwicklung der drei Flüchtlinge aufgrund § 32 StUG nicht ediert.]
Westliche Massenmedien berichteten in spektakulärer Art und Weise über das Vorkommnis.2