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Flugblattverbreitung im August (Zusammenfassung)

13. September 1956
Information Nr. 203/56 – Betrifft: Hetzschriftenverbreitung im August 1956

Im Monat August wurden insgesamt 110 604 Hetzschriften1 auf dem Postwege (davon gelangten 1 2972 in die Hände der Empfänger) und 1 334 123 Hetzschriften3 durch Ballon festgestellt. Außerdem wurden 974 Ballons gefunden bzw. gesichtet. Im Vergleich zum Vormonat mit 601 Ballons ist im Monat August ein Ansteigen zu verzeichnen.

Die Verbreitung in den einzelnen Bezirken ergibt folgendes Bild:

Bezirk

auf dem Postwege

durch Ballon u. a.

Berlin

10 079

62 339

Cottbus

4 442

6 172

Dresden

12 681

27 530

Erfurt

4 7744

83 623

Frankfurt

5 100

140 125

Gera

6 721

54 161

Halle

9 362

206 878

Karl-Marx-Stadt

7 8745

144 3816

Leipzig

7 288

18 645

Magdeburg

11 734

73 655

Neubrandenburg

3 644

29 761

Potsdam

6 816

281 130

Rostock

9 975

5 578

Schwerin

7 131

118 620

Suhl

1 754

78 134

»W«7

4 391

Die einzelnen Feindzentralen sind wie folgt an der Verbreitung der Hetzschriften beteiligt:

[Absender]

auf dem Postwege

durch Ballon u. a.

UfJ8

17 676

19 425

KgU9

14 227

172 091

NTS10/ZOPE11

1 949

363 66712

SPD13

4 948

407 071

CDU

40 62714

1 953

DGB

62

39 835

FDP

7

20 018

Colloquium15

7 582

Verschiedenes

22 229

238 557

Der Tag16

48 204

Tarantel17

6 567

Freies Europa18

16 745

Inhalt der Hetzschriften

Die im Berichtsmonat von den einzelnen Agentenzentralen verbreiteten Hetzschriften befassen sich weiterhin vorwiegend mit Problemen des XX. Parteitages der KPdSU.19 Dabei dienen besonders die Fragen des Personenkults zur Hetze gegen die Führung unserer Partei.

Außer den bereits bekannten und laufend verbreiteten Exemplaren brachte die KgU eine neue Hetzschrift in Broschürenform mit dem Text die »Geheimrede Chruschtschows« heraus.20 Der Anteil der Hetzschriftenverbreitung der KgU war im Vergleich zu den Vormonaten mit 172 000 Stück (durch Ballon) diesmal verhältnismäßig hoch. Es handelt sich dabei vorwiegend um die obengenannte Broschüre.

Die »Tunnel-GmbH«, bekannt durch die Herausgabe der Mitteilungen Leo Bauers,21 sowie das SPD-Ostbüro verbreiteten ebenfalls in Broschürenform die »Geheimrede Chruschtschows«.22 Außerdem beinhalteten die Hetzschriften des SPD-Ostbüros noch weitere Fragen des XX. Parteitages und der III. Parteikonferenz23 sowie eine Propagierung der behandelten Probleme des Münchener Parteitages der SPD.24

Auch in diesem Berichtsmonat stand bei der Hetzschriftenverbreitung durch Ballons das SPD-Ostbüro mit 470 000 Exemplaren an der Spitze. Die Zahl der Hetzschriften des DGB mit 39 000 (durch Ballon) ist im Vergleich zu den Vormonaten beachtlich gestiegen. Es handelt sich dabei vorwiegend um die Exemplare »Welt und Zeit«,25 in denen auch hauptsächlich gegen den XX. Parteitag der KPdSU sowie gegen unsere Partei gehetzt wird.

Das FDP-Ostbüro26 verbreitet weiterhin die Hetzschriften »Montagsecho«27 und »Familie Jedermann«.28 In beiden Ausgaben wird im Zusammenhang mit den Fragen des Personenkults gegen unsere Parteiführung gehetzt. Unbekannter Herkunft – vermutlich von der »SED-Opposition«29 – ist eine vierseitig beschriebene Hetzschrift ähnlichen Inhalts. Diese wurde in geringem Maße auf dem Postwege verbreitet. Auch wurde eine »Tarantel«-Sondernummer herausgebracht (ca. 6 000 Exemplare). Deren Inhalt bezog sich auf das Deutsche Turn- und Sportfest in Leipzig.30 Vorherrschende Tendenz: Der Sport in der DDR dient zur vormilitärischen Ausbildung.

Verbreitung von Hetzschriften durch Auslegen, Ankleben usw.

Im Monat August wurden 61 Fälle gemeldet (Vormonat 64 Fälle).

Die Fälle verteilen sich wie folgt auf die Bezirke:

  • Dresden: 16 Fälle,

  • Potsdam: 10 Fälle,

  • Gera: 9 Fälle,

  • »W«: 8 Fälle,

  • Suhl: 4 Fälle,

  • Schwerin: 3 Fälle,

  • Karl-Marx-Stadt: 3 Fälle,

  • Frankfurt/O.: 2 Fälle,

  • Halle: 2 Fälle,

  • Leipzig: 2 Fälle,

  • Erfurt: 1 Fall,

  • Berlin: 1 Fall.

Das Anbringen von Hetzlosungen, Hakenkreuzen u. Ä. im Monat August wurde bereits in den Berichten vom 21.8.1956 und 7.9.1956 angeführt.31

Selbstgefertigte Hetzschriften wurden in den Bezirken Dresden, Erfurt, Halle, Karl-Marx-Stadt und Potsdam festgestellt:

Dresden

  • 18.8.1956: ein selbstgefertigtes Hetzblatt im VEB Fortschrittwerk Singwitz, [Kreis] Bautzen, hinter einer Bekanntmachungstafel. Inhalt: Hetze gegen ČSR.

  • 22.8.1956: ein selbstgefertigtes Hetzblatt in Pirna vor einem Schaufenster. Inhalt: »Das musste früher kommen«. Dieses wurde nach einer Protestkundgebung gegen das Verbot der KPD gefunden.32

Erfurt

  • 28.8.1956: zwei selbstgefertigte Hetzschriften (mit Schreibmaschine geschrieben) in Erfurt in zwei verschiedenen Privatbriefkästen. Inhalt: Hetze gegen die DDR, es wird besonders die Flüchtlingsbewegung nach dem Westen herausgestellt.

Halle

  • 14.8.1956: zehn selbstgefertigte Hetzzettel in Bitterfeld am Strengbach und auf dem Stadion 10. Inhalt: »Es lebe der 17. Juni«.

Karl-Marx-Stadt

  • 18.8.1956: ein selbstgefertigter Hetzzettel im Treppenhaus des Hauses der Jugend in Crandorf, [Kreis] Schwarzenberg. Inhalt: »Wann endlich fällt Ulbricht«.

  • 22.8.1956: drei selbstgefertigte Hetzzettel in der Herrentoilette beim Rat des Kreises Schwarzenberg. Inhalt: »Wann endlich fällt Ulbricht«.

Potsdam

  • 13.8.1956: ein selbstgefertigter Hetzzettel in Zossen an der Tür eines Wohnhauses. (In diesem Haus wohnt ein Mitarbeiter des MfS und ein Mitglied der SED). Größe des Hetzzettels: 8,5 cm × 3,5 cm. Inhalt: »Kommunisten raus, dann haben wir Ruhe im Haus«.

  • 20.8.1956: fünf selbstgefertigte Hetzblätter in Luckenwalde in einem öffentlichen Briefkasten. Größe: DIN A5. Inhalt: »Nieder mit den Normen, wir fordern besseren Lebensstandard und höhere Löhne. Erfolgt das nicht, so gibt es einen zweiten 17. Juni.« »Wir fordern in Kürze einen Massenstreik in der DDR, rottet die VEB aus.« Unterschrift: »Gruß Heil Hitler.«

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