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Verlauf der 2. Besuchsperiode des Passierscheinabkommens (4)

31. Dezember 1964
4. Bericht Nr. 1160/64 über den Verlauf der 2. Besuchsperiode des Passierscheinabkommens

Der Besucherverkehr über die KPP an der Staatsgrenze in Berlin verlief in der Zeit vom 28.12. bis 30.12.1964 wie folgt:

[Besuchsverkehr]

28.12.

29.12.

30.12.

Aufgrund der ausgegebenen Passierscheine wurden erwartet

72 431

48 435

51 723

eingereist sind (Durchschnitt im 1. Besuchszeitraum 93,75 %)

49 288 (68,1 %)

32 594 (67,3 %)

33 470 (64,7 %)

mit Kfz

4 939

3 177

3 634

Davon reisten über die einzelnen KPP ein:

[Übergang]

28.12.

29.12.

30.12.

Bahnhof Friedrichstraße

26 429

17 256

17 234

Chausseestraße

4 864

3 807

3 823

Invalidenstraße

4 508

2 782

2 780

Oberbaumbrücke

5 468

3 609

3 704

Sonnenallee

8 019

5 140

5 929

Damit reisten in der Zeit vom 28.12. bis 30.12.1964 insgesamt 115 352 Westberliner Bürger mit Passierscheinen in die Hauptstadt der DDR.1 Seit Beginn der zweiten Besuchsperiode haben somit insgesamt 580 525 Westberliner Bürger mit Passierscheinen die Hauptstadt der DDR besucht.

Mit Passierscheinen für dringende Familienangelegenheiten reisten außerdem ein: 40 Personen am 28.12. 56 Personen am 29.12. und 102 Personen am 30.12.1964.

Außer diesen Westberliner Bürgern reisten am

  • 28.12.: 5 963 Personen,

  • 29.12.: 6 250 Personen,

  • 30.12.: 6 460 Personen

aus Westdeutschland und anderen nichtsozialistischen Ländern in die Hauptstadt der DDR ein.

Im angegebenen Zeitraum (28.–30.12.1964) wurden an den KPP in Berlin insgesamt 653 ausreisende und 19 957 einreisende DDR-Bürger im Rentenalter abgefertigt.2

Für die Einreise in den nächsten Tagen wurden Passierscheine für folgende Westberliner Bürger (zahlenmäßige Übersicht) ausgegeben:

  • 31.12.1964: 96 951,

  • 1.1.1965: 31 847,

  • 2.1.1965: 126 925,

  • 3.1.1965: 76 462.

Die Abfertigung des Besucherstroms verlief an den genannten drei Tagen reibungslos und ohne besondere Vorkommnisse. Es kam zu keinen Wartzeiten.3

Am 30.12. wurden aus dem Haus Zimmerstraße 19 (unmittelbar am KPP Friedrich/Zimmerstraße) 14 Ballons mit Hetzschriften aufgelassen. Die Westberliner Polizei und US-Besatzer griffen erst ein, nachdem sie vom Leiter des dortigen KPP dazu aufgefordert wurden. (Weitere Einzelheiten siehe Information Nr. 1157 vom 30.12.1964.)

Am 28.12. reiste der Westberliner Bausenator Schwedler4 in die Hauptstadt der DDR ein. Er führte fünf Bücher mit, deren Einfuhr verboten ist, und musste sie deshalb wieder mit zurücknehmen. Wie berichtet wird, trat Schwedler überheblich und unfreundlich auf. Senatspressechef Bahr5 reiste am 30.12. ein. Kontrolle und Geldumtausch wurden ohne Beanstandungen durchgeführt.

An den genannten drei Tagen erfolgten bei der Ein- und Ausreise insgesamt 29 Beschlagnahmungen. Von Westberliner Bürgern wurde u. a. versucht, ein Rundfunkgerät, einen Konverter und zwei Transistorgeräte in die Hauptstadt der DDR einzuführen. Außerdem wurden insgesamt 1 163 Zurückweisungen (u. a. Literatur, Textilien, Schallplatten und luftdicht verschlossene Behältnisse) und 2 307 formlose Einziehungen vorgenommen. Bei den formlos eingezogenen Materialien handelt es sich überwiegend um Zeitungen, Kalender und Schundliteratur. Ein Zollassistent hatte zwei Schuss MPi-Munition bei sich.

In der Zeit vom 28. bis 30.12.1964 wurden sieben Westberliner Bürger, die in die Bezirke Potsdam und Frankfurt/O. einzureisen versuchten, zurückgewiesen.

Wie schon an den Vortagen wurden wieder negative Diskussionen unter den im Grenzgebiet der Hauptstadt der DDR wohnenden Bürgern bekannt, ohne dass dabei wesentlich neue Gesichtspunkte festgestellt werden konnten. Nach wie vor ist festzustellen, dass insbesondere kirchliche Einrichtungen Räume für Zusammenkünfte der im Grenzgebiet wohnenden DDR-Bürger mit ihren Besuchern aus Westberlin zur Verfügung stellen. In Einzelfällen wurde von DDR-Bürgern gefordert, anlässlich der Jugendweihe6 Westberlinern die Einreise und damit die Teilnahme an der Jugendweihe zu ermöglichen. Außerdem wurde eine Reihe von Äußerungen bekannt, wonach DDR-Bürger ihre Unzufriedenheit darüber zum Ausdruck gebracht hätten, dass sie über die Möglichkeiten für die Mitgabe von Geschenken nicht ausreichend informiert worden seien.

Geldumtausch

Die Durchführung des obligatorischen Mindestumtausches7 zeigte in der Zeit vom 28. bis 30.12. folgende Ergebnisse

[Tag]

Anzahl der Umtauschenden

%-Anteil der Eingereisten

Umtauschsumme

28.12.

32 925

66,9

98 778 DM/West

29.12.

20 648

63,3

61 943 DM/West

30.12.

21 686

64,8

65 062 DM/West

Damit haben seit Beginn der zweiten Besuchsperiode insgesamt 403 046 Westberliner Bürger (69,1 % der eingereisten Personen) 1 209 290 DM/West im Mindestumtausch getauscht.

Die Summe der in diesem Zeitraum von Westberliner Besuchern zusätzlich getauschten Geldbeträge beläuft sich auf insgesamt 74 838 DM/West.

Die Abwicklung des Mindestumtausches ging auf allen KPP ohne besondere Vorkommisse vonstatten. Am Verhalten des überwiegenden Teils der Westberliner Bürger ist zu erkennen, dass der Mindestumtausch immer mehr zu einem normalen und selbstverständlichen Bestandteil der Einreiseformalitäten wird. Negative, gegen den Geldumtausch gerichtete Äußerungen und Diskussionen gab es nur in Einzelfällen. Sie beeinflussten in keiner Weise die reibungslose Abfertigung der Einreisenden an den KPP.

  1. Zum vorherigen Dokument Flugblattabwurf am KPP Friedrich-/Zimmerstraße

    31. Dezember 1964
    Einzelinformation Nr. 1157/64 über Flugblatt-Provokation am KPP Friedrich-/Zimmerstraße