Selbstmord des Stellv. Kommandeurs, Grenzregiment 11
7. Februar 1968
Einzelinformation Nr. 135/68 über den Selbstmord des Stellvertreters Rückwärtige Dienste/Grenzausbildungsregiment 11, 11. Grenzbrigade, am 31. Januar 1968
Am 31.1.1968, gegen 15.00 Uhr, beging der Major [Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1928, wohnhaft Eisenach, [Straße, Nr.], Stellv. RD/GAR 11, 11. Grenzbrigade, in seinem Dienstzimmer Selbstmord durch Kopfschuss. Der Tod wurde um 15.08 Uhr durch den Regimentsarzt festgestellt.
Major [Name 1] litt seit längerer Zeit an einem Leberleiden und befand sich deswegen wiederholt zur Kur. Trotz dieser Krankheit führte er ein ausschweifendes Leben und genoss übermäßig Alkohol.
Am Abend des 30.1.1968 feierte Major [Name 1] mit zwei sowjetischen Offizieren in seiner Wohnung, wobei in großen Mengen Alkohol genossen wurde. Gegen 20.30 Uhr traf die [Vorname Name 2] (Tochter des Kommandeurs der GAR 11), die mitfeiern sollte, in der Wohnung der Familie [Name 1] ein. Da sich [Name 1] der [Name 2] in der Folgezeit aufdringlich näherte, wurde sie gegen 22.30 Uhr durch die Ehefrau des [Name 1] nach Hause gefahren.
Zu diesem Zeitpunkt verließ auch Major [Name 1] in Uniform und in volltrunkenem Zustand allein seine Wohnung. Er lief längere Zeit durch verschiedene Straßen der Stadt, wobei er aufgrund seiner Volltrunkenheit mehrmals hinfiel und von einer VP-Streife auf seinen Wunsch hin zum Bahnhof Eisenach begleitet wurde. Dort begab er sich gegen 1.00 Uhr in die Mitropa-Gaststätte. In der Gaststätte trank er den anwesenden Gästen die Getränke aus, wobei er wiederholt hinfiel. Durch die Gäste kam es dadurch zu Beschimpfungen des [Name 1], die er aber aufgrund seiner Volltrunkenheit nicht wahrnahm. Gegen 1.10 Uhr verständigte die Serviererin die Angehörigen der Bahnhofswache der Trapo, die in längeren Gesprächen erreichten, dass [Name 1] die Mitropa-Gaststätte verließ. Gegen 2.45 Uhr kehrte [Name 1] mit den zwei sowjetischen Offizieren, die sich nicht mit in der Mitropa-Gaststätte befanden, aber in der Zwischenzeit ebenfalls die Wohnung verlassen hatten, in die Wohnung zurück. Gegen 7.30 Uhr verließen alle gemeinsam die Wohnung.
In einer kurzen Dienstbesprechung am Morgen des 31.1.1968 wurde Major [Name 1] durch den amtierenden Stabschef des GAR getadelt und darauf hingewiesen, dass er sich wegen seines unmoralischen Lebenswandels und der Vorkommnisse in der vergangenen Nacht noch zu verantworten habe.
Gegen 10.30 Uhr betrat die bis 15.12.1967 im Objekt tätig gewesene Friseuse [Vorname Name 3] das Objekt des GAR 11. Beim Passieren der Wache wurde sie durch den Wachhabenden befehlsgemäß an Major [Name 1] verwiesen, da sie am 15.12.1967 wegen Nichtbeachtung von Befehlen des Objektes verwiesen worden war. [Name 1] empfing die [Name 3], schloss hinter ihr die Tür ab und fragte sie, ob sie wieder im Objekt arbeiten möchte. Nach Angaben der [Name 3] versuchte [Name 1], sich ihr aufdringlich zu nähern. Unter einem Vorwand gelang es ihr jedoch, sich dem [Name 1] zu entziehen und das Zimmer zu verlassen. Im Friseurraum erzählte sie den Anwesenden über das Verhalten [Name 1]. Im Verlaufe des Vormittags versuchte [Name 1] mehrmals die [Name 3] auf sein Zimmer zu holen, was ihm aber nicht gelang. Gegen 12.00 Uhr kontrollierte der Regiments-Kommandeur den Friseurraum. Dabei bemerkte er die [Name 3] und forderte sie auf, das Objekt ab 2.2.1968 nicht mehr zu betreten. Im weiteren Gespräch berichtete die [Name 2] dem Regimentskommandeur über ihr Zusammentreffen mit [Name 1] und dessen Verhalten ihr gegenüber. Gegen 12.45 Uhr versuchte [Name 1] erneut die [Name 3] in sein Zimmer zu locken. Bei diesem Gespräch äußerte sie gegenüber [Name 1], dass sie bereits mit dem Kommandeur gesprochen hätte.
Gegen 14.50 Uhr suchte der Stabschef den [Name 1] in seinem Dienstzimmer auf. Nach der Erörterung dienstlicher Fragen forderte der Stabschef den [Name 1] auf, mit zur Parteileitung zu kommen, deren Sitzung um 15.00 Uhr beginnen sollte. [Name 1] bat den Stabschef, schon vorauszugehen, da er noch seine Unterlagen wegschließen wollte. Als gegen 15.05 Uhr Unterleutnant [Name 4] in dienstlicher Angelegenheit das Zimmer des [Name 1] betrat, stellte er den Selbstmord Major [Name 1] fest.
Die Ursachen und Motive des Selbstmordes liegen nach den bisherigen Untersuchungen im unmoralischen Lebenswandel des [Name 1] und in der Angst vor einer Bestrafung wegen seines die NVA schädigenden Verhaltens in der Öffentlichkeit.