Vorgänge in den Kirchen und Religionsgemeinschaften der DDR
15. Juli 1981
Hinweise zu politisch bedeutsamen Entwicklungen und Vorgängen in den Kirchen und Religionsgemeinschaften der DDR [Bericht K 3/51]
Obwohl offiziell eine organisatorische und juristische Trennung zwischen den evangelischen Kirchen der DDR und denen der BRD durch die Gründung eines Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR erfolgte,1 sind besonders von der »Evangelischen Kirche Deutschlands«2 in der BRD ausgehende Aktivitäten erkennbar, vor allem unter Missbrauch der Möglichkeiten des Reiseverkehrs diese Abgrenzung zu unterlaufen und Versuche zu unternehmen, die Bonner Fiktion von der Kirche als »gesamtdeutsche Klammer« neu zu beleben.
Andererseits sind auch die evangelischen Kirchen in der DDR noch nicht durchgängig bereit, ihre Beziehungen zur »Evangelischen Kirche in Deutschland« in die allgemeine Ökumene einzugliedern. Das ergibt sich auch insbesondere aus der ständigen finanziellen Abhängigkeit von den Kirchen der BRD (Letzteres ist auch auf die katholische Kirche zutreffend).
Die katholische Kirche in der DDR hat die juristische Trennung von der BRD-Kirche noch nicht vollzogen.3
Sichtbarer Ausdruck der auf das Unterlaufen des Abgrenzungsprozesses abzielenden Aktivitäten sind u. a.:
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regelmäßig offizielle und als Privatbesuche abgedeckte Einreisen kirchenleitender Personen aus der BRD zu Kirchengremien und kirchenleitenden Personen in der DDR sowie deren Teilnahme an Sitzungen, Konferenzen, Synoden, Kirchentagungen;
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Ausweitung der Reisetätigkeit kirchenleitender Personen aus der DDR in die BRD und andere nichtsozialistische Staaten im Zusammenhang mit der Organisierung gemeinsamer Tagungen und Beratungen sowohl auf kirchenleitender als auch auf unterer Ebene, verschiedentlich verbunden mit der Abfassung gemeinsamer Erklärungen zu gesellschaftspolitischen Ereignissen (z. B. 40. Jahrestage der Kristallnacht und des Beginns des 2. Weltkrieges);4
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Schaffung bestimmter Konsultationsorgane (u. a. »Ost-West-Kommission« beim Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR und der »Evangelischen Kirchen Deutschlands« in der BRD);
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Versuche der Isolierung politisch progressiver kirchlicher Personen in der DDR durch Verleumdung, Entstellung politisch positiver Äußerungen, innerkirchliche, disziplinarische Maßnahmen usw.;
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innerkirchliche Auseinandersetzungen mit dem Ziel der Neu- bzw. Umbesetzung leitender Kirchenpositionen durch Personen mit prowestlichen und antisozialistischen Haltungen.
Deutlicher Ausdruck der Demonstration »gesamtdeutschen Handelns« war beispielsweise auch der Versuch politisch-klerikaler Kreise der BRD und der DDR, in beiden deutschen Staaten gleichzeitig »Bußgottesdienste für den Frieden« mit einer »Gedenkminute« durchzuführen.5 Diese Aktion erhielt durch die Entwicklung der Situation in der VR Polen und die dortigen Streikaktionen besondere politische Relevanz.
Parallel zur spektakulären Aufwertung innerkirchlicher Auseinandersetzungen der DDR zu gesellschaftlichen Problemen (z. B. im Rahmen von Synoden, Kirchentagungen, kirchlichen Konferenzen u. a.) und der Rolle der Kirchen in der DDR generell wird in den westlichen Massenmedien die Politik der SED und der Regierung der DDR in Kirchenfragen zunehmend diffamiert. Von negativen kirchlichen Kräften werden diese Diffamierungen zunehmend aufgegriffen und in politisch-negative Aktivitäten umzusetzen versucht. Außerdem werden Falschmeldungen, die Informationen über eine angebliche Behinderung des religiösen Lebens in der DDR zum Inhalt haben, veröffentlicht. Sie werden ergänzt durch Meldungen, die Entstellungen innerkirchlicher Vorgänge und Verlautbarungen zum Inhalt haben, die Kirche sei in der DDR die einzige legale Opposition.
Mitarbeiter diplomatischer Vertretungen und akkreditierte Korrespondenten nichtsozialistischer Staaten in der DDR, insbesondere aus der BRD und den USA, bemühen sich verstärkt um Kontakte und Verbindungen zu kirchlichen Amtsträgern und Theologen aus der DDR. Diesen Kontaktbestrebungen liegen neben einem zunehmenden Interesse an der Erlangung von Informationen zu innerkirchlichen Problemen im Zusammenhang mit gesellschaftspolitischen Prozessen in der DDR offensichtlich auch Absichten zugrunde, vorgenannten Personenkreis im westlichen Sinne verstärkt zu beeinflussen.
Als eine weitere Form der Versuche des Unterlaufens des Abgrenzungsprozesses und der Inspirierung/Organisierung feindlich-negativer Aktivitäten gegen die DDR ist die als Bestandteil der gegnerischen Kontaktpolitik/Kontakttätigkeit in den letzten Jahren erheblich forcierte und ausgebaute sogenannte Partnerschaftsarbeit anzusehen.
Seitens der Kirchen der BRD sind organisierte Verbindungen zu den Kirchen der DDR auf allen Ebenen geschaffen worden, die im Interesse der Weiterführung und Abdeckung privatisiert wurden, so u. a. zwischen den Landeskirchen, Kirchenkreisen und Kirchengemeinden, den Evangelischen und Katholischen Studentengemeinden sowie den Jungen Gemeinden, aber auch zwischen den kirchlichen Ausbildungsstätten, Krankenhäusern und Pflegeheimen.
Unter Ausnutzung des Reise- und Touristenverkehrs finden auf dem Territorium der DDR regelmäßig Begegnungen und Treffen in kircheneigenen Räumen, in Touristenzentren und während der Leipziger Messen statt. (Diese Treffen werden zum Teil vom Ministerium für »Innerdeutsche Beziehungen« der BRD subventioniert.)
Schwerpunkte bilden dabei Kontaktaktivitäten der Evangelischen und Katholischen Studentengemeinden.
Darüber hinaus werden in Drittländern, besonders in der VR Polen, in der ČSSR, in der VR Bulgarien und in der VR Ungarn, gemeinsame Treffen und Ferienaufenthalte organisiert.
In die auf allen Ebenen organisierte Kontakttätigkeit ordnen sich gleichfalls die Aktivitäten einer Reihe feindlich-negativer bzw. klerikaler Organisationen nichtsozialistischer Staaten ein, die im Sinne des Unterlaufens des Abgrenzungsprozesses versuchen, Druck auf die Kirchenleitungen der DDR auszuüben, klerikale Kräfte in der DDR zu subversiven Aktivitäten zu inspirieren bzw. personelle Stützpunkte in der DDR zu schaffen. Bisher traten u. a. derart in Erscheinung:
»Paneuropäisches Studienwerk e.V.«, Bad Oeynhausen (Brüsewitz-Zentrum);6
Missionsbund »Licht im Osten«, Korntal/BRD;7
»Christliche Ostmission«, Schwalheim/BRD;8
»Osteuropa-Mission«, Westberlin;9
»Missionswerk Evangelica«, Amberg/BRD;10
»Slawische Ostmission«, Stockholm/Schweden;11
»Open door«, Appeldorn/Niederlande;12
»Verein Glaube in der 2. Welt«, Schweiz/BRD.13
Nachgewiesen wurde, dass die genannten klerikalen Organisationen ihre subversiven Aktivitäten gegen die sozialistischen Staaten koordinieren und insbesondere unter Anwendung konspirativer Mittel und Methoden versuchen, nichtlizenzierte Druckerzeugnisse religiösen und antikommunistischen Inhalts, Tonträger, Vervielfältigungsgeräte und Fototechnik unter Umgehung der zollrechtlichen Bestimmungen der DDR in die DDR bzw. durch die DDR in andere sozialistische Länder einzuführen.
Versuche klerikaler Kräfte der DDR zur Erweiterung ihres Einflusses und damit im Zusammenhang stehende Aktivitäten des Missbrauchs kirchlicher Tätigkeit
In zunehmendem Maße und mit erheblicher Intensität versuchen politisch negative Kräfte in den Kirchen der DDR, die Ergebnisse der sich in den letzten Jahren vollzogenen positiven Entwicklung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirchen in der DDR rückgängig zu machen. Ihre Absichten sind darauf gerichtet, die Kirchen insgesamt auf einen Konfrontationskurs zu drängen, sich in innere staatliche Angelegenheiten einzumischen und negative bzw. ungefestigte und schwankende kirchlich gebundene Personen zu antisozialistischen Haltungen und Handlungen zu initiieren. Unter Anknüpfung an kleinbürgerliche Denk- und Verhaltensweisen, Traditionspflege usw. versuchen sie gleichfalls Einfluss auf politisch loyale Personen in leitenden kirchlichen Gremien zu gewinnen.
Der Einfluss der genannten politisch negativen Kräfte führt u. a. auch dazu, dass im Zusammenhang mit der Durchsetzung staatlicher Maßnahmen im Rahmen grundsätzlicher gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse immer wieder die Kirchen ihr sogenanntes Wächteramt unterstreichen, Positionen der »kritischen Distanz« gegenüber Staat und Gesellschaft zum Ausdruck bringen und mittels Stellungnahmen, Briefen, Gesprächen u. a. ihre gegensätzlichen Ansichten offen vertreten.
Das trifft insbesondere zu auf Probleme der sozialistischen Erziehungs- und Bildungspolitik,14 der Friedens- und Verteidigungspolitik, besonders im Zusammenhang mit der Einführung des Wehrunterrichts an den POS,15 der Kulturpolitik usw. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass insbesondere von den Kirchenleitungen der Landeskirche Sachsen (Dresden) und der Kirchenprovinz Sachsen (Magdeburg) in letzter Zeit vorgespannte Kräfte unterstützt wurden.
Eine Vielzahl Aktivitäten fast aller Kirchenleitungen richtete sich gegen den Wehrunterricht in den POS.
Aus dem Bereich der katholischen Kirche wurden in unmittelbar zurückliegender Zeit keine offenen Angriffe gegen die sozialistischen Verhältnisse in der DDR bekannt.
(Mit dem zur Bußzeit 1981 verlesenen Hirtenbrief – Angriffe gegen die kommunistische Erziehung der Jugend sowie gegen die Jugendweihe – sollte offensichtlich demonstriert werden, dass sich an der praktizierten Grundhaltung der katholischen Kirche in der DDR nichts ändert.)16
Zu einigen Problemen kirchlicher Jugendarbeit
Seit Jahren orientieren die Kirchen in ihrer Gesamtheit auf eine Ausweitung und Qualifizierung kirchlicher Jugendarbeit. Dazu wurden entsprechende Konzeptionen erarbeitet und neue Ausbildungsmöglichkeiten für qualifizierte Kader geschaffen (z. B. Ausbildungsstätte für Gemeindepädagogen in Potsdam-Hermannswerder).17
Bekannt gewordene Aktivitäten insbesondere feindlich-negativer kirchlicher Kräfte zielen dabei auf eine Mobilisierung jugendlicher Personen gegen die gesellschaftliche Entwicklung in der DDR ab, wobei eine Vielzahl kirchlicher Mitarbeiter versucht, zu diesem Zweck sogenannte moderne, jugendgemäße Formen des kirchlichen Lebens zu entwickeln. Ein großer Teil dieser Personen ist relativ jung und wurde in innerkirchlichen Ausbildungsstätten ausgebildet. Ihre Aktivitäten richten sich auf die Gewinnung von Jugendlichen und Jungerwachsenen aller gesellschaftlichen Bereiche, wobei sie geschickt an die z. T. ungefestigte Persönlichkeit Jugendlicher, ihre fehlende Lebenserfahrung und Oppositionshaltung anknüpfen und ihre Arbeit so interessant und »jugendgemäß« wie möglich gestalten.
Dazu gehören die Bildung und Aktivierung spezieller Arbeitskreise, das überörtliche Zusammenwirken, die »beratende« Unterstützung negativer Auffassungen und Handlungen Jugendlicher, die umfangreiche Propagierung und Ausweitung der sogenannten »Offenen Jugendarbeit«18 und vieles andere mehr. Vorrangig wird die Arbeit in den »Jungen Gemeinden«19 dafür genutzt.
Unter der Bezeichnung von Jugendevangelisationswochen, Werkstattwochen oder -tagen, Jazz-Blues-Messen20 und Rock-Meditations-Gottesdiensten werden Jugendgroßveranstaltungen mit hohen Teilnehmerzahlen (zum größten Teil nicht religiös gebundene, häufig asoziale bzw. kriminell gefährdete Jugendliche und Jungerwachsene) durchgeführt. Dabei wird die Tendenz sichtbar, dass die Verantwortlichen für innerkirchliche Jugendarbeit ihre Kompetenzen weit überschreiten und Arbeits- und Organisationsformen einer kirchlichen Jugendorganisation praktizieren.
Insbesondere in letzter Zeit wurden bei einer wachsenden Zahl von kirchlichen Massenveranstaltungen mit Jugendlichen Erscheinungen von verdeckter Hetze, Verleumdung und Diffamierung der DDR festgestellt. Wenn auch die Organisatoren solcher Aktivitäten bewusst versuchen, sich unterhalb der Schwelle strafrechtlicher Relevanz zu bewegen und den staatlichen Organen keinen offiziellen Anlass zum Einschreiten zu geben, gab es in jüngster Vergangenheit immer häufiger auch Aussagen, die Straftatbestandsmerkmale tangieren bzw. erfüllen.
Solche Veranstaltungen sind z. B. die Bluesmessen von Pfarrer Eppelmann,21 Berlin, die »June«-Veranstaltungen22 von Pfarrer Schilling23 in Friedrichsroda, die Evangelisationsveranstaltungen von Pfarrer Lehmann24 in Dresden (bekannt in den 70er-Jahren durch »Gottesdienst einmal anders«), die »Evangelische Jugendwoche« im März 1981 in Halle, die Jugendveranstaltung »Anstiftung zum Frieden«25 in Jüterbog u. a. m., wobei durch die Einflechtung von Gebeten, Fürbitten u. a. versucht wird, den Schein einer religiösen Veranstaltung zu wahren.
Die Organisatoren haben dazu besonders aktive Jugendliche einbezogen, arbeiten mit solchen »Kerngruppen« oder »Vorbereitungsgruppen« konzeptionell und wirken häufig überörtlich zusammen.
Bei Aussprachen von Vertretern des Staatsapparates mit leitenden kirchlichen Amtsträgern über die verschiedensten Erscheinungen des Missbrauchs kirchlicher Jugendarbeit gegen die DDR werden solche Aktivitäten weitgehend zu bagatellisieren versucht.
Zu einigen Problemen der sogenannten kirchlichen Friedensarbeit
In zunehmendem Maße wird die kirchliche Friedensarbeit von negativ-feindlichen Kräften genutzt, um die Kirche auf einen Konfrontationskurs gegen den Staat zu drängen, öffentlichkeitswirksame Aktionen zu starten und die Friedens- und Verteidigungspolitik der DDR zu diffamieren.
Vorrangig befassen sich das Evangelische Jungmännerwerk der DDR,26 bei dem eine spezielle Arbeitsgruppe »Friedensdienst« besteht, und die bei einigen Evangelischen Studentengemeinden existierenden »Arbeitskreise Frieden« mit dieser Problematik. Hier zeigt sich deutlich die Unterwanderung kirchlich legitimer Arbeitsformen.
Die Palette der dabei angewandten Formen und Methoden zur Beeinflussung junger Menschen ist sehr vielfältig und reicht von der »Betreuung« christlicher Jugendlicher im Zusammenhang mit der Ableistung des Wehrdienstes bis zum Umtausch von »Kriegsspielzeug« in »Friedensspielzeug«.
Typisch für das Vorgehen solcher Kräfte war die Vorbereitung eines »Offenen Briefes« zur kirchlichen Friedenserziehung durch Seminaristen des Katechetischen Oberseminars Naumburg.27 Dieser sollte innerhalb der evangelischen und der katholischen Kirche verbreitet werden. In diesem Brief wurde u. a. der Willen der Seminaristen des Katechetischen Oberseminars Naumburg bekundet, »nicht mehr durch die Vernichtungsmaschinerie des Schreckengleichgewichtes geschützt zu werden«, sich »nicht mehr direkt oder indirekt an der Aufrechterhaltung bzw. ideologischen Sanktionierung dieses Sicherheitsrisikos zu beteiligen« und »den Friedensdienst ohne Waffe als das deutlichere Zeugnis des gegenwärtigen Friedensangebotes unseres Herrn zu betrachten«.
Bedeutsam sind auch weitere Aktivitäten evangelischer kirchlicher Kreise zur Einrichtung eines »Sozialen Friedensdienstes« als »Alternative« zum Wehr- und Wehrersatzdienst.28
Insbesondere in den letzten Wochen wurden dazu von negativen Kräften der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen Aktivitäten bekannt, die darauf abzielen, eine bestimmte Massenwirksamkeit zu erreichen. Eine textliche Fassung des sogenannten Alternativvorschlages wurde in kirchlichen Gremien fast aller Bezirke der DDR zur Diskussion gestellt (siehe auch entsprechende Parteiinformation29 Nr. 346/81 vom 7.7.1981).
Seit einiger Zeit spielen Versuche kirchlicher Gremien und Personen, sich für ökologische Probleme zu interessieren und zu engagieren, eine zunehmende Rolle. Dabei werden Diskussionen und Tendenzen, die in der BRD eine Rolle spielen (z. B. im Zusammenhang mit allen Problemen der Kernenergie, der Umweltverschmutzung) aufgegriffen und relativ kritiklos auf die Verhältnisse in der DDR anzuwenden versucht.
Z. B. wurde von verschiedenen kirchlichen Institutionen und Gruppen die Behandlung ökologischer Probleme in ihre Arbeitspläne aufgenommen. 1978 wurde ein kirchliches Forschungsheim der Kirchenprovinz Sachsen in Wittenberg gegründet,30 das sich mit Bildungs- und Forschungsarbeiten zum Problembereich »Christlicher Glaube und Naturwissenschaft« befasst, dazu Material erarbeitet und bereitstellt und mit Institutionen ähnlicher Zielstellung in der BRD kooperiert.
Mit diesen Aktivitäten soll kirchlicherseits offensichtlich eine Eigenkonzeption zu Fragen des Umweltschutzes realisiert werden, die z. T. mit Angriffen auf die Umweltschutzpolitik der DDR verbunden ist.
Hinweise zu weiteren bedeutsamen feindlich-negativen Aktivitäten kirchlicher Kreise
Seit mehreren Jahren versuchen Personen, die rechtswidrig eine Übersiedlung in die BRD/WB anstreben, u. a. durch eine teilweise weit unter ihrem Ausbildungsniveau liegende Tätigkeit im kirchlichen Bereich, die Chancen für die Realisierung ihres Vorhabens zu erhöhen.
Feindlich negative kirchliche Kräfte, die ihre diesbezüglichen Aktivitäten u. a. mit »humanitärer Verpflichtung« begründen, bieten solchen Personen Arbeitsmöglichkeiten an und unterstützen sie anderweitig durch solche Aktivitäten wie
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Zusammenführung in speziellen Gruppen,
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Beratung bei der Abfassung von Übersiedlungsersuchen,
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Vermittlung von Kontakten zu Feindorganisationen wie »Hilferufe von drüben«31 u. a.,
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Geldtransfer,
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Verwendung für inhaftierte Personen bei staatlichen Organen.
(Ein besonders krasses Beispiel des Missbrauchs kirchlicher Tätigkeit ist das Vorhaben des Weißenfelser Pfarrers [Name 1], der Vorbereitungen traf, gemeinsam mit anderen religiös gebundenen Personen, die als rechtswidrige Antragsteller auf Übersiedlung bekannt sind, die Ständige Vertretung der BRD in der Hauptstadt der DDR zu besetzen, um die Übersiedlungsabsichten öffentlichkeitswirksam durchzusetzen.)
Obwohl von kirchenleitender Seite beider Konfessionen derartige Aktivitäten in der Regel nicht unterstützt werden und auch aus der Vergangenheit entsprechende Verlautbarungen mehrerer Kirchenleitungen bekannt sind, ist eine weitere Zunahme dieser Bestrebungen zu verzeichnen.
Durch die Wirkung ständiger, von der BRD ausgehender ideologischer Einflüsse, durch die von den Kirchen selbst vertretenen und verbreiteten Ideologien und dadurch, dass negative Personen in den Kirchen eine bestimmte Möglichkeit sehen »Opposition zu praktizieren«, wird immer wieder die Grenze der strafrechtlichen Relevanz überschritten und werden Religion und Kirche von einzelnen Personen für ihre feindliche Tätigkeit gegen die DDR missbraucht.
(Z. B. Gruppierung um den Diakon für Jugendarbeit im Bezirk Halle, Rochau,32 die auf der Basis einer politischen Plattform staatsfeindliche Aktivitäten gegen die DDR durchführte; Kleben von Hetzplakaten im Zusammenhang mit den konterrevolutionären Ereignissen in Polen durch vier Mitarbeiter der kirchlichen Samariteranstalten in Fürstenwalde, Frankfurt/O.).
In mehreren Strafverfahren wurde herausgearbeitet, dass kirchliche Amtsträger Kenntnis von durchgeführten oder geplanten Gesetzesverletzungen hatten und unter dem Deckmantel ihrer Schweigepflicht staatliche Organe darüber nicht informierten bzw. sogar andere Personen beeinflussten, ihrer Anzeigepflicht nicht nachzukommen. (Z. B. war den Pfarrern [Name 2] und [Name 3], Karl-Marx-Stadt, der Täter bekannt, der das Verbrechen gegen den Traditionspanzer in Karl-Marx-Stadt beging, darüber hinaus beeinflussten sie andere Mitglieder der »Jungen Gemeinde«, ebenfalls keine Anzeige zu erstatten.)33
In den verschiedenen kirchlichen Kreisen, auch unter Laien, Jugendlichen, Wehrdienstverweigerern, Bausoldaten, übersiedlungswilligen Personen, Haus- und Akademikerkreisen, wurden Rechtsbelehrungen durchgeführt oder bei Bedarf juristische Beratungen vermittelt, z. T. mit der erklärten Zielstellung, dass diese Personen bei feindlichen Aktivitäten strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden können.
Bei eindeutigen Rechtsverletzungen im Rahmen kirchlicher Tätigkeit nehmen die Kirchenleitungen eine zwiespältige Haltung ein. Einerseits distanzieren sie sich zwar von den Straftaten, erklären jedoch andererseits, dass die Handlungen nicht Bestandteil kirchlicher Arbeit seien.
Zu einigen Aktivitäten kirchlicher Kreise im Zusammenhang mit der Entwicklung in der VR Polen
Trotz Zurückhaltung in der Öffentlichkeit beschäftigen sich leitende Gremien und Personen der evangelischen Kirchen in der DDR intensiv mit der Entwicklung in der VR Polen. Vom Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR wurden Bischof Wollstadt,34 Görlitz, und Oberkonsistorialrat, Stolpe,35 Berlin, beauftragt, zur Aktivierung der Kontinuität der bisherigen Verbindungen zwischen den evangelischen Kirchen beider Staaten im Rahmen einer kurzfristigen Besuchsreise Sondierungsgespräche in Warschau zu führen.36 In deren Ergebnis wurde eine mündliche Übereinkunft getroffen, die Kontakte auf »Leiterebene« fortzuführen und zu intensivieren. Darüber hinaus wurden inzwischen Maßnahmen zur materiellen Unterstützung evangelischer kirchlicher Kreise in der VR Polen mit Lebensmitteln eingeleitet.
Im Zusammenhang mit dem Besuch einer Delegation des Bundes der Evangelischen Kirchen der DDR in der VR Polen Mitte Juni 1981 ist beachtenswert, dass mit dem Polnischen Ökumenischen Rat vereinbart wurde, die Kontakte weiter zu vertiefen und zu intensivieren. Zu diesem Zweck ist vorgesehen, im Herbst 1981 eine gemeinsame Arbeitsgruppe zu bilden, die darüber hinaus die inhaltlichen Aspekte der kirchlichen Tätigkeit festlegen soll.
Ersten internen Hinweisen zufolge beabsichtige die Leitung der evangelischen Kirchen in der DDR, bei einer eventuellen »Intervention sozialistischer Länder gegen die VR Polen mit Erklärungen« an die Öffentlichkeit zu treten.
Es ist zu verzeichnen, dass durch die Lage in der VR Polen offensichtlich auch die bekannten Internationalisierungsbestrebungen feindlich-negativer Kräfte unter dem Deckmantel kirchlicher Arbeit neu belebt wurden. (Z. B. Versuche der Organisierung oppositioneller Bewegungen in der DDR und deren Zusammenschluss mit gleichartigen Personenkreisen und -gruppierungen vorrangig in der ČSSR und der VR Polen wie »Charta 77«37, »KOR«38 u. a.)
Spezielle Aktivitäten entwickelt die »Aktion Sühnezeichen« in der DDR (Fachverband des Diakonischen Werkes/Innere Mission und Hilfswerk), die umfangreiche Verbindungen in die VR Polen unterhält.39 Im Januar 1981 fasste die »Aktion Sühnezeichen« den Beschluss, eine »Aktionsgruppe Polen« zu bilden, deren Aufgabe die Erarbeitung von Texten- und Dokumentationen zur Vorbereitung kirchlicher Veranstaltungen zum Thema Polen sein soll. Das Mitglied des Leitungskreises, Pfarrer [Name 4], ist beauftragt, diese Aktionsgruppe zu leiten.
Weiter sollen sogenannte Informationsabende über die VR Polen organisiert werden, bei denen vorwiegend kirchliche Jugendliche und Studenten »im kleinen Kreis über die Situation informiert« werden. Dabei gibt es Versuche, auch polnische Bürger einzubeziehen. Außerdem hat die Leitung der »Aktion Sühnezeichen« in Abstimmung mit politisch negativen Personen aus der VR Polen polnische Bürger für eine Teilnahme an ihren sogenannten Aufbaulagern in der DDR eingeladen.
Vorschläge zur konsequenten Durchsetzung der Politik von Partei und Regierung in Kirchenfragen
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Den Versuchen internationaler kirchlicher Leitungsgremien, gemeinsam gegen Maßnahmen und Beschlüsse der Regierungen sozialistischer Länder vorzugehen, sollte durch abgestimmtes Handeln, besonders der Staatsämter für Kirchenfragen und der Ministerien für Auswärtige Angelegenheiten auf außenpolitischem Gebiet stärker entgegengewirkt werden.
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Vorliegenden Hinweisen zufolge erscheint es erforderlich, in allen staatlichen Einrichtungen und Institutionen immer wieder ideologische Klarheit darüber zu schaffen, dass Entscheidungen über und zu kirchlichen Personen, Veranstaltungen, Konferenzen, Reisegenehmigungen u. a. (ungerechtfertigte Behinderung kirchlicher Handlungen und kirchlicher Reisetätigkeit, Ablehnung von Studienbewerbungen kirchlich gebundener Personen) letztlich staatspolitische Entscheidungen sind und sektiererische Handlungen sowie die Missachtung verfassungsgemäß fixierter Rechte und Pflichten der Kirchen und Religionsgemeinschaften geeignet sind, das Verhältnis Kirche – Staat zu belasten.
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Kirchliche Amtsträger in der DDR sollten entsprechend ihrer politischen Haltung zur DDR, ihres Engagements im Friedenskampf, ihrer Einflussmöglichkeiten in den entsprechenden Gremien oder ihrer bisherigen ablehnenden oder antisozialistischen Stellung differenzierter behandelt werden. Das sollte sich z. B. beziehen auf
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Reisegenehmigungen in das kapitalistische Ausland und in die VR Polen,
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die Erteilung von Genehmigungen für den Bau kirchlicher Objekte sowie zur Einfuhr von Fertigteilwohnhäusern aus nichtsozialistischen Staaten,
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die Erteilung von Druckgenehmigungen für Presseerzeugnisse,
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die Erteilung zur Genehmigung für die Durchführung von Veranstaltungen in kircheneigenen Räumlichkeiten (differenzierte Anwendung der Veranstaltungsverordnung).40
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Zur Unterstützung der abgestimmten Außenpolitik der sozialistischen Länder – insbesondere im Zusammenhang mit dem Kampf um Frieden und Abrüstung – sollten solche kirchlichen Gremien wie die »Christliche Friedenskonferenz«41 und die »Berliner Konferenz Europäischer Katholiken«42 mehr als bisher für sozialistische Friedensinitiativen gewonnen werden.
(Z. B. durch materielle und finanzielle Unterstützungen sowie Orientierung auf progressive Personen und Personenkreise.)
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Das Ministerium für Gesundheitswesen sollte bei der vertraglich geregelten Einbeziehung der Diakonischen Einrichtungen der Kirchen in die gesundheitliche Betreuung der Bevölkerung der DDR noch stärkeren politischen Einfluss geltend machen.
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Vom Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten ausgehend sollte in Durchsetzung entsprechender Festlegungen darauf hingewirkt werden, dass sich im Ausland auf Dienstreise befindliche kirchliche Amtsträger bzw. Vertreter religiöser Gemeinschaften bei der jeweiligen diplomatischen Vertretung der DDR anmelden. Andererseits sollten die diplomatischen Vertretungen der DDR ebenfalls Aktivitäten entwickeln, um mit den kirchlichen Personen, die sich im Ausland aufhalten, Kontakte zu unterhalten.
In enger Zusammenarbeit mit dem MfAA sollte eine differenziertere Genehmigung der Einreisen auch akkreditierter Journalisten zu Berichterstattungen, Interviews, Tagungsteilnahmen und anderen journalistischen Unternehmungen im kirchlichen Bereich in der DDR durchgesetzt werden.
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Die Ministerien für Volksbildung und Hoch- und Fachschulwesen sowie der Zentralrat der FDJ sollten abgestimmt dahingehend zusammenwirken, Lehrkräfte und Studenten der Theologischen Sektionen besonders in die sozialistische Friedensarbeit, in Bestrebungen zur Gewinnung progressiver Kräfte in den kirchlichen Gremien sowie in den bestehenden kirchlichen Ausbildungsstätten einzubeziehen und gleichzeitig für die Zurückdrängung negativer Kräfte zu nutzen.
Von diesen Kräften ausgehend, sollten über progressive Personen und Personengruppen die Einflussbereiche der Studentenpfarrer an den Universitäten der DDR (die z. B. eine aktive Partnerschaft mit der BRD betreiben) zurückgedrängt werden. Damit zu verbinden wäre eine entschiedenere Einschränkung der Aktivitäten der ESG/KSG-Arbeit als vorbeugende Verhinderung der negativen Beeinflussung des kirchlich gebundenen wissenschaftlichen Nachwuchses der DDR.
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Der Zentralrat der FDJ sollte im Zusammenwirken mit der GST, dem Kulturbund, der Urania u. a. an den Konzentrationspunkten der Jugend (Schulen, Universitäten, Wohngebiete, Großbetriebe) stärker auf die Gestaltung einer solchen Jugendarbeit Einfluss nehmen, die die Jugend negativen kirchlichen Einflüssen entzieht und geeignet ist, religiös gebundene Jugendliche für eine gesellschaftliche Mitarbeit zu gewinnen.
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Das Ministerium für Kultur sollte stärker als bisher die Möglichkeit der Einbeziehung kirchlicher Personen bzw. Institutionen in allgemeine kulturhistorische und kulturelle Vorhaben prüfen (z. B. Lutherjubiläum). Gleichzeitig sollte größerer Einfluss auf die Zulassung bzw. Lizenzierung kirchlich ausgerichteter Musikgruppen bzw. Schriften ausgeübt werden.
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Das Ministerium des Innern sollte verstärkt auf die einheitliche, staatspolitischen Erfordernissen entsprechende Anwendung der Veranstaltungsverordnung den Kirchen und Religionsgemeinschaften gegenüber Einfluss nehmen.
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Durch das staatliche Archivwesen in der DDR sollten konkrete Vereinbarungen mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften getroffen werden, um Kenntnis über kirchliche Archivmaterialien zu erhalten und bessere Möglichkeiten für deren systematische Nutzung durch Staatsarchive zu schaffen.
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Das Ministerium für Nationale Verteidigung sollte in Abstimmung mit dem Staatssekretär für Kirchenfragen bei der Einhaltung der Wehrpflicht kirchenpolitische Gesichtspunkte stärker beachten (z. B. keine Einberufung von Pfarrern).
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Durch die Justizorgane der DDR und das MdI sollten Überlegungen angestellt werden, in welcher Form bestimmte Probleme exakten gesetzlichen Regelungen zugeführt werden können.
(Z. B. rechtliche Grundlagen für das Bestehen kirchlicher Ausbildungsstätten, Fragen, die mit der Nutzung bzw. Verpachtung kirchlichen Eigentums zusammenhängen, zweckentfremdete Nutzung diakonischer Werke, Wirken kirchlicher Jugendvereinigungen an staatlichen Einrichtungen.)