3. Bericht über die 2. Periode des Passierscheinabkommens
18. März 1965
3. Bericht Nr. 237/65 über die 2. Periode der Beantragung und Ausgabe von Passierscheinen des laufenden Passierscheinabkommens
Im Zeitraum vom 15.3. bis 17.3.1965 wurden in den Passierscheinstellen in Westberlin insgesamt 80 469 Passierscheinanträge gestellt, davon am
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15.3.: 27 923,
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16.3.: 26 585,
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17.3.: 25 961.
Mit diesen Anträgen ersuchen für die 1. Besuchsperiode – Ostern 1965 – 115 761 Personen mit 10 262 Kfz und für die 2. Besuchsperiode – Pfingsten 1965 – 115 947 Personen mit 10 400 Kfz um Genehmigung zum Besuch der Hauptstadt der DDR.1
Damit erhöht sich die Anzahl der Anträge seit Eröffnung der Passierscheinstellen in Westberlin auf 392 669, auf denen insgesamt 1 188 809 Personen mit 110 637 Kfz erfasst sind, davon in der 1. Besuchsperiode 603 003 Personen mit 56 530 Kfz und in der 2. Besuchsperiode 585 806 Personen mit 54 107 Kfz.
Die bereits in den vorhergehenden Berichten genannten Schwerpunkttage der Einreise in beiden Besuchszeiträumen bleiben nach den bisher vorliegenden Anträgen bestehen, lediglich die Anzahl der einreisenden Personen erhöhte sich wesentlich.
In der 1. Besuchsperiode – Ostern 1965 – sind es folgende Tage:
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16.4.: 96 898 Personen mit 9 198 Kfz,
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18.4.: 96 552 Personen mit 7 460 Kfz,
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24.4.: 85 874 Personen mit 9 951 Kfz,
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17.4.: 80 814 Personen mit 7 460 Kfz,
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19.4.: 62 801 Personen mit 5 313 Kfz,
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25.4.: 60 870 Personen mit 7 208 Kfz
und in der 2. Besuchsperiode – Pfingsten 1965 – folgende Tage:
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6.6.: 117 194 Personen mit 8 892 Kfz,
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12.6.: 96 575 Personen mit 10 446 Kfz,
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5.6.: 89 453 Personen mit 8 263 Kfz,
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7.6.: 85 766 Personen mit 7 255 Kfz,
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13.6.: 67 444 Personen mit 7 746 Kfz.
In der Berichtsperiode waren im Transport sowie bei den Kurierfahrten nach und von den Passierscheinstellen in Westberlin keine besonderen Vorkommnisse zu verzeichnen. Aufgrund des geringen Besucherverkehrs in den letzten Tagen konnte bereits kurze Zeit nach der Eröffnung in den meisten Passierscheinstellen eine Reihe Schalter wieder geschlossen werden. Obwohl nur die Hälfte der DDR-Postangestellten zum Einsatz kam, konnten alle Antragsteller abgefertigt werden.
Wie im letzten Berichtszeitraum gab es wiederum eine Reihe Antragsteller, die darauf bestanden, für bereits überlastete Besuchstage noch Anträge abzugeben. Sie wurden in allen Fällen darauf hingewiesen, dass – bis auf die vereinbarten Sonderfälle – keine Garantie für die Besuchsgenehmigung für den gewünschten Tag übernommen werden kann. Ein großer Teil der Antragsteller änderte aufgrund der mit ihnen geführten Aussprachen die ursprünglich gewählten Besuchstage. Bis auf einige wenige Ausnahmen, wo in bewusst provokatorischer Absicht diese Anträge gestellt wurden, gab es bei den Antragstellern, die auf den bereits überlasteten Besuchstagen beharrten, keine Zurückweisungen. Ihre Anträge wurden von den DDR-Angestellten entgegengenommen. Auch bei den Anträgen zum Besuch von Cousin und Cousine (bei inzwischen 16 Jahre alt gewordenen Antragstellern, wo aufgrund der selbstständigen Antragstellung ein anderes Verwandtschaftsverhältnis angegeben werden musste) wurde großzügig verfahren und die Anträge wurden angenommen.2
In fast allen Passierscheinstellen gab es wieder eine größere Anzahl von Antragstellern, die Anträge mit den Serienbuchstaben von anderen Passierscheinstellen vorlegten. Diese Anträge wurden vernichtet, und die Antragsteller konnten neue Anträge mit der entsprechenden Seriennummer ausfüllen. Der Arbeitsablauf wurde durch die zusätzliche Annahme der neugestellten Anträge nicht behindert.
In der Zusammenarbeit mit den West-Angestellten ging es zunächst vor allem um die einheitliche Orientierung der Antragsteller, keine Anträge für die bereits überlasteten Besuchstage zu stellen. In den meisten Passierscheinstellen gab es diesbezüglich ein gutes Zusammenwirken mit den Westkräften. Lediglich in den Passierscheinstellen Reinickendorf und Steglitz überließen die Westberliner Postangestellten die Auseinandersetzungen mit den Antragstellern überwiegend unseren Einsatzkräften. Am 16.3.1965 nachmittags ließen die Westkräfte in fast allen Passierscheinstellen in der Unterstützung der Lenkungsmaßnahmen nach. Offensichtlich spielte dabei eine Weisung des Senats, großzügiger zu verfahren, eine Rolle.
In mehreren Passierscheinstellen teilten die Leiter der Westberliner Kräfte unseren Gruppenleitern offen mit, dass sie eine neue Orientierung vom Senat erhalten hätten. Verschiedentlich wurde die Erwartung ausgesprochen, dass auch die DDR-Gruppenleiter die Westberliner Postangestellten über die »großzügigere Handhabung« informieren sollten. Am 17.3.1965 war wieder in allen Passierscheinstellen eine bessere Zusammenarbeit in dieser Hinsicht festzustellen.
Protokollverletzungen durch die Westkräfte gab es in der Form, dass Antragsteller in der Vorkontrolle nicht richtig über die Bestimmungen hinsichtlich der Verwandtschaftsverhältnisse informiert wurden. Teilweise wurde ihnen nahegelegt, falsche Verwandtschaftsgrade anzugeben. (Passierscheinstellen Reinickendorf, Charlottenburg, Kreuzberg, Tempelhof, Steglitz und Zehlendorf)
In Einzelfällen wurden die Angaben über das Verwandtschaftsverhältnis von den Westberliner Einsatzkräften auf den Anträgen selbst verändert (z. B. Cousine in Tante).
Am 16.3.1965 wurden im Auftrage des Senats, Abteilung Sicherheit und Ordnung, durch die Westkräfte statistische Erhebungen über angebliche Zurückweisungen von Antragstellern (bereits überlastete Besuchstage bzw. Angaben von nicht dem Protokoll entsprechenden Verwandtschaftsverhältnissen) angestellt. Diese Aktion wurde jedoch in den Nachmittagsstunden abgebrochen.
In mehreren Passierscheinstellen erschienen Antragsteller, die auf ihren bereits vor Tagen abgegebenen Anträgen das Besuchsdatum verändert haben wollten. Sie beriefen sich dabei auf den »Telegraf« und die »Morgenpost« vom 17.3.1965, die in dieser Richtung informiert hatten.3
Mit dem weiteren Rückgang des Besucherandrangs und den damit verbundenen größeren Pausen ist unter dem Westberliner Einsatzkräften ein weiteres Absinken der Disziplin und Arbeitsmoral festzustellen.
In der Passierscheinstelle Schöneberg verbrachten die Westberliner Einsatzkräfte am 16.3.1965 die Zeit größtenteils mit Skatspielen im Aufenthaltsraum, wobei sie dann im Abfertigungsraum bei ihrem Kollegen das Geld für verlorene Skatspiele kassierten. Aufgrund der allgemeinen Lustlosigkeit unter den Westkräften stieg in dieser Passierscheinstelle die Fehlerquote an. Aus anderen Passierscheinstellen gibt es ebenfalls Anzeichen einer zunehmenden oberflächlichen und interessenlosen Arbeit der West-Angestellten. In der Passierscheinstelle Kreuzberg/Lobeckstraße tranken die Senatskräfte am 17.3.1965 in den Nachmittagsstunden in ihrem Aufenthaltsraum Alkohol. Gegen 17.30 Uhr kam eine Senats-Ordnerin in den Abfertigungsraum und fing an zu singen. Sie wurde jedoch sofort vom Senats-Verantwortlichen aus dem Raum verwiesen.
Aufgrund der vorbildlichen Disziplin unserer Angestellten sind die verantwortlichen Leiter der Westkräfte im Allgemeinen bemüht, die Disziplin und Arbeitsmoral unter ihren Kräften zu verbessern. In diesem Zusammenhang äußere sich auch der Leiter der West-Postangestellten in der Passierscheinstelle Wedding sehr besorgt über die Nichtauslastung seiner Kräfte.
Wie an den Vortagen wurden unseren Angestellten von Antragstellern als Zeichen der Anerkennung für eine schnelle Abfertigung vorwiegend Genussmittel angeboten, die korrekt zurückgewiesen wurden. In Einzelfällen wurden auch Geldbeträge (DBB) angeboten. In der Passierscheinstelle Spandau versuchte eine Antragstellerin einen unserer Angestellten zu überreden, einen Antrag ihres Onkels anzunehmen, wofür sie ihm 50,00 Westmark anbot.
Westliche Rundfunk- und Pressereporter traten lediglich in den Passierscheinstellen Charlottenburg und Steglitz auf. Störungen des Arbeitsablaufes traten dadurch nicht ein.
In der Passierscheinstelle Wedding erschien am 17.3.1965 Bezirksbürgermeister Mattis4 mit einer Gruppe von ca. 20 Jugendlichen aus Westdeutschland. Sie hielten sich ca. 20 Minuten in der Passierscheinstelle auf, wobei Mattis sie über den technischen Ablauf der Antragstellung informierte.